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Nach Botschafter-Boykott: Schweizer Lehrer protestieren

JERUSALEM/BERN (inn) – Eine Gruppe von etwa 20 Lehrern aus der Schweiz hat an der Namensgebung für eine Straße im Ostjerusalemer Stadtteil Pisgat Se´ev teilgenommen – sie wurde nach einem Schweizer benannt, der in der Nazizeit Juden gerettet hatte. Zuvor hatte der Botschafter der Schweiz in Israel, Ernst Iten, seine Teilnahme an der Zeremonie abgesagt, weil sich die Straße nicht auf dem international anerkannten Staatsgebiet von Israel befinde.

„Ich habe am Morgen die ‚Jerusalem Post‘ gelesen, und dort stand, die Schweizer Regierung habe kein Interesse daran, dass der Botschafter an der Zeremonie teilnimmt“, sagte ein Lehrer aus Luzern am Dienstag dem aktuellen Dienst der Tageszeitung „Jediot Aharonot“. „Als Reaktion haben wir beschlossen, zur Zeremonie zu gehen, weil wir nicht mit der Entscheidung der Schweizer Regierung einverstanden sind. Wir haben gerade ein zwölftägiges Seminar in Jad Vaschem und lernen hier etwas über Antisemitismus und die Schoah.“

Er fügte hinzu: „Wir sehen in unserer Teilnahme einen humanen Schritt der Solidarität mit dem jüdischen Volk. Ich kenne die Äußerungen des Botschafters, aber aus unserer Sicht ist dies keine politische Frage. Wir als Schweizer Bürger sind – im Gegensatz zum Botschafter – nicht der Nahostpolitik in Bern verpflichtet, wir sind sehr zufrieden mit dem, was wir getan haben. Das war eine richtige Entscheidung.“

Am Montagabend wurde die Straße in Pisgat Se´ev anlässlich des jüdischen Holocaust-Gedenktages nach Paul Grüninger aus St. Gallen benannt. Der Schweizer hatte seine Position als Polizeichef genutzt, um schätzungsweise mehr als 3.000 Juden zu helfen, in die Schweiz zu gelangen. Als Folge wurde er entlassen und bekam weder eine Pension noch eine finanzielle Entschädigung. Bis zu seinem Tod im Jahr 1972 lebte er in Armut. Grüninger wurde 1996 posthum von der Schweiz rehabilitiert. Ein Jahr vor seinem Tod hatte ihn die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem zum „Gerechten unter den Völkern“ erklärt – dieser Titel wird Nichtjuden verliehen, die verfolgte Juden gerettet haben.

Auf seine Einladung zu der Zeremonie durch Jerusalems Bürgermeister Uri Lupoliansky hatte Botschafter Iten mit einem Brief reagiert: „Mit Ihrem Akt wollen Sie eine Schweizer Persönlichkeit ehren, die bewusst persönliche Opfer auf sich genommen hat, um zu helfen, viele verfolgte Juden unter dem Naziregime in Deutschland zu retten“, schrieb er. „Leider kann die Botschaft nicht an einer Zeremonie für eine Straße teilnehmen, die sich nicht innerhalb des international anerkannten israelischen Staatsgebiets befindet.“

Lupoliansky würdigte die Lehrer als „echte Botschafter der wahren und humanen Schweiz. Wie der Gerechte unter den Völkern Grüninger, der es verstand, die Menschlichkeit dem trockenen Gesetz vorzuziehen, sind sie in einem mutigen Schritt und gegen den Standpunkt ihrer Regierung zur Zeremonie des Holocaust-Gedenktages gekommen – mit dem Ziel, Grüninger, das schweizerische und das jüdische Volk zu ehren.“

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