Möglicherweise ältestes Grab der Welt gefunden

Israelische Archäologen entdecken in einer Höhle in Zentralisrael offenbar eine der ältesten Grabstätten der Welt. Die 100.000 Jahre alten Funde deuten auf ein Aufeinandertreffen von Neandertalern und Homo sapiens hin.
Von Jörn Schumacher

SCHOHAM (inn) – In der Tinschemet-Höhle haben Forscher der Hebräischen Universität Jerusalem gut erhaltene menschliche Überreste gefunden, die etwa 100.000 Jahre alt sind, sorgfältig in Gruben angeordnet. Die Höhle, deren Name auf Deutsch „Schleiereulenhöhle“ bedeutet, ist eine archäologische Fundstätte bei Schoham im Zentrum von Israel. Die rund 12 Meter lange Höhle liegt etwa 100 Meter über dem Meeresspiegel. Hier bargen Wissenschaftler bisher vor allem Steinwerkzeuge aus der Steinzeit.

Bereits zwischen 2017 und 2019 fanden Forscher auch die Knochen von mindestens fünf Menschen aus dem mittleren Mittelpaläolithikum. Zwei davon lagen in natürlicher Anordnung – ein Erwachsener und ein Kind. Eines der Skelette wurde in seitlich linker Lage und in embryonaler Haltung aufgefunden, was als eine absichtsvolle Bestattung dieser Person interpretiert wird. Das Alter – zwischen 100.000 und 120.000 Jahren – deutet auf den ältesten Beleg für eine Bestattung hin.

Die Forscher beschrieben ihre Funde im März in der Fachzeitschrift „Nature Human Behavior“. Sie fanden demnach auch Objekte, die möglicherweise bei Zeremonien zur Ehrung der Toten verwendet wurden und Aufschluss darüber geben könnten, wie unsere Vorfahren über Spiritualität und das Leben nach dem Tod dachten. Sie stammten teilweise aus einigen Hundert Kilometer Entfernung und zeigten keinen unmittelbaren praktischen Nutzen. Daher vermuten die Experten, dass sie nur dem Ritual und der Ehrung der Toten dienten.

Der moderne Mensch (Homo sapiens) entstand nach gängiger wissenschaftlicher Meinung vor 300.000 bis 200.000 Jahren auf dem afrikanischen Kontinent. Zur gleichen Zeit tauchten in Europa die Neandertaler auf. Beide Gruppen trafen sich zum ersten Mal im Mittelpaläolithikum in der Levante. Die Funde in der Tinschemet-Höhle können den Forschern zufolge Hinweise auf dieses Zusammentreffen bieten.

Absichtliche menschliche Bestattung

Die Wissenschaftler heben in ihrer Studie die gefundene Steintechnologie hervor, ebenso wie die vermehrte Großwildjagd und eine Reihe sozial ausgereifter Verhaltensweisen, darunter die absichtliche menschliche Bestattung und die Verwendung von Ocker in Bestattungskontexten. „Wir vermuten, dass die Entwicklung dieser Verhaltenseinheitlichkeit auf verstärkte Interaktionen zwischen Populationen und die Vermischung zwischen Homo-Gruppen vor etwa 130.000 bis 80.000 Jahren zurückzuführen ist“, schreiben die Forscher rund um den Grabungsleiter Jossi Saidner, Professor für Archäologie an der Hebräischen Universität in Jerusalem.

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Die Ausgrabungen in der Tinschemet-Höhle förderten mehr als 7.500 Ocker-Fragmente unterschiedlicher Größe und Farbe zutage. Rot- bis Orangetöne dominieren eindeutig, gefolgt von Braun-, Gelb- und Violetttönen. Einige der ausgegrabenen Stücke weisen eine Kombination aus helleren und dunkleren Rottönen auf, die auf Erhitzung schließen lassen. Ockerfragmente würden oft in der Nähe der Bestattungen gefunden.

Israel bildete eine Brücke zwischen den Neandertalern aus Europa und dem Homo sapiens aus Afrika. Die Levante sei von drei Homininengruppen bewohnt worden, schreiben die Forscher: dem archaischen, neandertalähnlichen Homo, den Neandertalern und dem Homo sapiens. „Die Belege deuten darauf hin, dass einige dieser Homininen koexistierten.“

Klima konservierte Knochen

Die Tinschemet-Höhle sei für Archäologen außerordentlich wichtig, weil das lokale Klima die Knochen und Werkzeuge in gutem Zustand konserviert habe. Dies sei anders als in vielen anderen Teilen der Welt, wo diese Gegenstände im Laufe der Zeit verloren gingen, sagte Christian Tryon, Professor an der „University of Connecticut“ und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Programm zu menschlichen Ursprüngen der „Smithsonian Institution“, der nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber der „Times of Israel“.

Die Skelette und Objekte blieben dank der Asche häufiger Brände, die vermutlich im Rahmen ritueller Zeremonien entstanden, so gut erhalten. Ein Skelett war in so gutem Zustand, dass Archäologen erkennen konnten, wie die Finger ineinander verschränkt und die Hände unter dem Kopf gefaltet waren.

Israel Herschkovitz, Anthropologe an der Universität Tel Aviv und Co-Leiter der Tinschemet-Ausgrabungsstätte, sagte gegenüber der „Times of Israel“, das Konzept von Friedhöfen im prähistorischen Leben sei wichtig gewesen, weil es „eine Art Territorium“ symbolisiere. Noch heute bestünden in der Region ähnliche Ansprüche auf Land, auf dem Vorfahren begraben sind. „Es ist eine Art Anspruch, den man gegenüber den Nachbarn erhebt und sagt: ‚Das ist mein Territorium, dieser Teil des Landes gehört meinem Vater und meinen Vorfahren‘ und so weiter.“

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2 Antworten

  1. Von Paarungen zwischen Neandertalern und Homo sapiens habe ich schon öfters gehört bzw. über diese gelesen. Es ist schön, dass so eine alte Grabstätte in Israel entdeckt worden ist.

    9
  2. 1.Mose 1,1.2 + 27.28
    1 Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.
    2 Die Erde aber war wüst und leer, und es lag Finsternis auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.

     Und Gott sprach: Lasst uns Menschen[1] machen nach unserem Bild, uns ähnlich; die sollen herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde, auch über alles Gewürm, das auf der Erde kriecht!

    27 Und Gott schuf den Menschen in seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie.

    28 Und Gott segnete sie; und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan; und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel des Himmels und über alles Lebendige, das sich regt auf der Erde!

    In der Bibel steht nichts von Neandertalern und Homo sapiens, in der Bibel steht auch nicht dass die Erde 100 000 Jahre alt sei – in einem anderen Artikel ist etwas über Knochenfunde vor 150 000 Jahren zu lesen.

    Ich kann nicht glauben, dass Juden in Darwin und dessen Theorie die Entstehung von Mensch und Tier sehen!

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