Von den befragten Israelis sagten 64 Prozent, sie würden von Dienstag- bis Mittwochabend fasten. 32 Prozent wollen sich hingegen nicht an dieser jüdischen Tradition beteiligen, und 4 Prozent hatten sich zum Zeitpunkt der Umfrage des „Panels Research Institute“ noch nicht entschieden.
Wie die Tageszeitung „Times of Israel“ unter Berufung auf das Meinungsforschungsinstitut meldet, verzichten 100 Prozent der Religiösen und 86 Prozent der Traditionellen am Jom Kippur auf Nahrung. Bei den Juden, die sich selbst als weltlich ansehen, liegt der Anteil bei 59 Prozent. Eine Synagoge wollen hingegen nur 46 Prozent der jüdischen Israelis anlässlich des Versöhnungstages aufsuchen. An der Umfrage, deren Ergebnisse am Montag veröffentlicht wurden, hatten sich 500 erwachsene Juden beteiligt.
Hintergrund
Neun Tage nach dem Neujahrsfest Rosch HaSchana, am 10. Tischri, feiern Juden den Jom Kippur. In diesem Jahr beginnt er am Abend des 25. September. Der Versöhnungstag gilt als der Schabbat schlechthin und schließt die zehn Bußtage am Anfang des Jahres ab. Nach jüdischer Auffassung muss jede Generation ihre Beziehung zu Gott neu finden. Dies geschieht vor allem am Versöhnungstag.
Der Gottesdienst in der Synagoge beginnt mit dem Gebet „Kol Nidre“ (Alle Gelübde). Spanische Juden hatten es im 15. Jahrhundert nach ihrer Zwangstaufe formuliert, um am Jom Kippur Gott um Verzeihung für ihren Religionswechsel zu bitten. Den ganzen Tag wird gefastet und gebetet. Im Mittelpunkt stehen die „Slichot“ – Gebete, in denen man Gott für alle möglichen Sünden um Vergebung bittet.
Am Jom Kippur lesen Juden die biblische Geschichte vom Propheten Jona, der der assyrischen Stadt Ninive ihren Untergang ankündigen sollte. Er widersetzte sich jedoch Gottes Auftrag und entfloh seiner Bestimmung. Schließlich bereute er seinen Irrweg, kehrte um und fand Gnade vor Gott. Juden, die am Jom Kippur zu Gott beten, haben die Hoffnung, dass es ihnen nach ihrer Buße ebenso ergehen wird.
Viermal wirft sich ein Jude an diesem Tag zu Boden, sonst wird immer im Stehen gebetet. Das traditionelle Widderhorn, der Schofar, verkündet das Ende des Feiertags. Gott besiegelt in diesem Augenblick sein Urteil über das weitere Leben der Betenden. Wie auch am Schabbat kennzeichnet das Havdala-Gebet, das zwischen Heiligem und Weltlichem trennt, den Beginn des Alltags. Nun wird wieder gegessen und getrunken, und manche fangen schon an, die Laubhütte für das bevorstehende Sukkot-Fest zu bauen.
Bis zur Zerstörung des Zweiten Tempels im Jahr 70 nach der Zeitrechnung betrat der Hohepriester am Jom Kippur das Allerheiligste. Er opferte einen Ziegenbock und schickte einen zweiten in die Wüste, nachdem er ihn symbolisch mit den Sünden des Volkes Israel beladen hatte. Nach dem Verlust des Heiligtums in Jerusalem ersetzten jüdische Gelehrte das Opfer durch Gebete.
Am Jom Kippur ruht alles öffentliche und private Leben in Israel. Es gibt weder Radio- noch Fernsehsendungen. Der Verkehr im gesamten Land liegt still. Nur Krankenwagen für Notfälle und Sicherheitskräfte werden auf den Straßen geduldet. Alle anderen Kraftfahrzeuge laufen Gefahr, mit Steinen beworfen zu werden. Der verkehrsfreie Tag wird allerdings von den Kindern im ganzen Land genutzt. Sie bevölkern die Straßen mit Fahrrädern, Rollschuhen und Skateboards.
Vor 39 Jahren, am 6. Oktober 1973, griffen arabische Truppen während des Feiertages Israel an. Diese militärische Auseinandersetzung ging als Jom-Kippur-Krieg in die Geschichte ein.