Wie ist die Israel-Berichterstattung deutscher Medien zu bewerten? Geht es nach dem Chefredakteur der „Jüdischen Allgemeinen“, Philipp Peyman Engel, und dem deutsch-israelischen Autor Ahmad Mansour, fällt das Fazit negativ aus.
Ursache ist aus ihrer Sicht unter anderem die Zusammensetzung vieler Redaktionen. So arbeiteten kaum jüdische Journalisten in den Redaktionen der etablierten Medien, bemängelt Peyman Engel. Journalisten, die sich für ein faires Bild Israels in der Berichterstattung aussprechen, träfen in vielen Redaktionen auf Widerstand und rechneten mit Nachteilen für ihre Karriere. Auch deswegen mache er ein „Leitungsversagen“ in den Chefetagen deutscher Medienhäuser aus.
Peyman Engel sprach am Montag gemeinsam mit Mansour, der FDP-Politikerin und Aktivistin Karoline Preisler und der Studentin Alexandra Krioukov auf einem Podium zum Thema „Jüdisches Leben in Deutschland“. Veranstalter war die Organisation „Christen an der Seite Israels“.
Auf seine eigenen Erfahrungen in Talkshows angesprochen erklärte der Journalist, dass er dort meist der „einzige Depp“ sei, der einen fairen Blick auf Israel habe und sich gegen mehrere andere Stimmen behaupten müsse. Mansour berichtete von ähnlichen Erfahrungen. Er selbst gehe nicht mit der Einstellung in Talkshows, diese gewinnen zu wollen. Vielmehr versuche er, Botschaften zu vermitteln. Er habe den Glauben, dass Menschen, die diese Formate schauen, sensibel seien und einen anderen Blick als viele Journalisten auf Israel hätten.
Für die Zukunft des Journalismus zeichnete Mansour ein dunkles Bild. Aus seiner Sicht würden die sozialen Medien ihnen immer mehr den Rang ablaufen. Dieser Trend würde zu einer polarisierten Gesellschaft führen. Zudem beobachte er, dass auch viele etablierte Medien immer einseitiger berichten.
Deswegen warb Mansour für neue alternative Medien, die allerdings nichts mit den selbsternannten alternativen Medien aus beispielsweise rechtsradikalen Kreisen oder von einzelnen YouTubern zu tun hätten, betonte Mansour. Von diesen neuen alternativen Medien erhoffe er sich weniger Einseitigkeit bei Themen wie Israel, Islamismus oder Migration.
„Kein Pressesprecher der Armee“
Zudem kritisierte Mansour die Algorithmen sozialer Netzwerke. Diese belohnten populistische und hasserfüllte Inhalte mit Reichweite. Die Folgen seien bereits heute spürbar. So zeige sich bei jungen Menschen ein Mangel an Empathie und ein Anstieg der Ambiguitätsintoleranz. Seit dem Terrormassaker der Hamas vom 7. Oktober sei dies besonders beim Thema Israel zu beobachten. Doch auch andere Debatten könnten so in eine Schieflage kommen.
Peyman Engel warnte davor, dass diese digitale Welt in das reale Leben schwappt. Was das bedeutet, berichtete die jüdische Studentin Alexandra Krioukov. Wegen des Hasses und der Gefahr vor Übergriffen seien Universitäten kein schöner Ort für Juden, sagte sie. Sie selbst habe nach dem 7. Oktober ihre Davidsternkette abgelegt. Mittlerweile trage sie die Kette aber wieder, denn es habe sich falsch angefühlt.
Häufig würden jüdische Studenten gezwungen, sich zu äußern. Entweder, weil sie direkt gefragt würden oder weil falsche Behauptungen nicht einfach so stehen gelassen werden könnten. Dabei seien jüdische Studenten keine Pressesprecher für die israelische Armee oder die Regierung. Sie wünsche sich, dass diese Rollen getrennt würden.
Freiwillig in Diskussionen stürzt sich die Aktivistin Karoline Preisler, die auf unzähligen israelfeindlichen Demonstrationen in Berlin auf das Schicksal der israelischen Geiseln aufmerksam macht. Sie fühle sich unwohl bei dem Gedanken, diese Demos einfach laufen zu lassen und nicht ihre Stimme zu erheben, erklärte sie. Zudem kritisierte sie die Haltung der alten Bundesregierung. Viele der noch verbliebenen Geiseln seien deutsche Staatsbürger. Dennoch habe die Regierung geschwiegen.
3 Antworten
Ich denke, wir werden noch sehr viele Medienalternativen nötig haben.
Eins zu eins übertragbar auf die französische Medienlandschaft, obwohl es hierzulande mehr jüdische Journalisten gibt. Allerdings sind auch manche jüdische Journalisten voll auf „Israel-Kritik“-Kurs, vielleicht aus Sorge um die Karriere. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass offenes Bekenntnis zu Israel kein Karriere-Booster ist. Übrigens meine Bewunderung für Karoline Preisler. Sich der brüllenden Meute der Pro-Pal-Demonstranten ruhig und gelassen entgegenzustellen, dazu gehört Mut. Bravo.
Betrifft Israel: ARD der schlimmste Sender von allen.