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Maas hält Entscheidung des Strafgerichtshofes für falsch

Bereits im März äußerte sich Deutschland kritisch zu einer Einmischung des Internationalen Strafgerichtshofs in den israelisch-palästinensischen Konflikt. Nun bekräftigt Außenminister Maas diesen Standpunkt. Andere Länder sehen das ähnlich.
Außenminister Maas findet nicht, dass der Strafgerichtshof über angebliche Verbrechen Israels in den Palästinensergebieten befinden kann (Archivbild)

BERLIN (inn) – Hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) theoretisch die Möglichkeit, Israelis wegen angeblicher Kriegsverbrechen in den palästinensischen Autonomiegebieten zu belangen? Ja, meint mehrheitlich eine mit drei Richtern besetzte Vorverfahrenskammer, die seit einigen Monaten über die Frage beraten und am Freitag eine entsprechende Stellungnahme veröffentlicht hat. Dem widerspricht nun Bundesaußenminister Heiko Maas. Aus deutscher Sicht sei die Auffassung des Gerichts juristisch falsch, schrieb der SPD-Politiker am Dienstag beim Kurznachrichtendienst Twitter.

Damit bekräftigt Deutschland eine Stellungnahme, die es bereits im März 2020 beim Strafgericht eingereicht hatte. Darin bringt die Bundesregierung insbesondere zum Ausdruck, dass aus völkerrechtlicher Sicht erhebliche Zweifel an der Staatlichkeit der Autonomiebehörde bestünden, und verweist auf die drei klassischen Kriterien: Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt. Die Eigenschaft als Staat sei nach Artikel 12 des Römischen Statuts Voraussetzung für die Ausübung der Gerichtsbarkeit. Der IStGH argumentiert hingegen, Staat im Sinne des Artikels sei jeder Unterzeichner des Römischen Statuts und damit auch die Autonomiebehörde, die dem Strafgerichtshof 2015 beigetreten ist.

Palästinenser kritisieren deutsche Reaktion

Neben Deutschland sehen auch einige weitere Staaten das anders. Eine eigens eingerichtete Webseite der israelischen Regierung, die sich ausschließlich mit dem Strafgerichtshof beschäftigt, verweist in diesem Zusammenhang auf Australien, Brasilien, Ungarn, Tschechien, Österreich und Uganda, die alle ebenfalls Stellungnahmen beim IStGH eingereicht hatten. Einige dieser Länder bekräftigten ihre Kritik nach der jetzigen Entscheidung noch einmal. Ungarns Außenminister Peter Szijjártó sagte, sein Land habe „Israels Recht auf Selbstverteidigung immer unterstützt“. Die USA hatten sich bereits in der vergangenen Woche entsprechend geäußert. Medienberichten zufolge hofft Israel, dass auch andere Länder ihre ablehnende Haltung gegenüber der Strafgerichtsentscheidung nochmals unterstreichen.

Bei den Palästinensern lösten die kritischen Worte unterdessen Unmut aus. Es sei „erschreckend“, dass einige Vertragsstaaten eine Haltung einnähmen, „die ihren Verpflichtungen nach dem Römischen Statut widersprechen“, hieß es am Mittwoch in einer Stellungnahme des palästinensischen Außenministeriums. Das Ministerium verweist unter anderem explizit auf Deutschland. „Wenn palästinensischen Opfern das Recht verweigert wird, nach Frieden zu streben, ist das ein unentschuldbarer Akt der Grausamkeit.“

Vorwurf: Kriegsverbrechen

Wann und ob es überhaupt zu einem Verfahren gegen israelische Offiziere oder Politiker kommt, ist noch offen. Israels Staatspräsident Reuven Rivlin wandte sich am Dienstag an die Armee und forderte die Soldaten auf, sich „ihre Entschlossenheit nicht nehmen“ zu lassen. Der jüdische Staat befürchtet, dass Offiziere und Politiker durch den Strafgerichtshof verurteilt werden könnten. Es wäre theoretisch denkbar, dass ihnen im Ausland schon während möglicher Ermittlungen eine Festnahme droht, denn die mehr als 120 Unterzeichner des Römischen Statuts – darunter auch Deutschland – sind zur Kooperation mit dem Gerichtshof verpflichtet. Ob dies auch im konkreten Fall zulässig wäre, ist allerdings mit der jetzigen Entscheidung rechtlich noch nicht geklärt.

Chefanklägerin Fatou Bensouda, die die Angelegenheit vorangetrieben hat, aber im Juni aus ihrem Amt ausscheidet, sieht ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass Israel während des Gaza-Krieges 2014, im Westjordanland sowie während der teils gewaltsamen palästinensischen Protestaktionen am Gaza-Grenzzaun seit 2018 Kriegsverbrechen begangen hat. Gleichzeitig hat sie auch palästinensische Terrorgruppen wie die Hamas im Visier, denen sie Angriffe auf Zivilisten vorhält.

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat im Jahr 2002 seine Arbeit aufgenommen. Er soll gemäß Artikel 5 des Römischen Statuts, das Israel, aber auch die USA und dutzende andere Staaten nie unterzeichnet haben, Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen sowie Verbrechen der Aggression verfolgen. Anders als der Internationale Gerichtshof (IGH) – eine UN-Institution – verfolgt der IStGH einzelne Menschen, keine Staaten. Das Gericht hat eine subsidiäre Zuständigkeit, darf also nur aktiv werden, wenn ein Staat „nicht willens oder nicht in der Lage“ ist, die Strafverfolgung durchzuführen. Israel verweist deshalb darauf, dass es ein Rechtsstaat ist, in dem Soldaten bei einem Fehlverhalten durch israelische Gerichte verurteilt würden.

Von: ser

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