Suche
Close this search box.

Lob und Tadel für Netanjahus Rede

JERUSALEM / WASHINGTON / TEHERAN (inn) – Mit dem letzten Wort der Kongressrede Benjamin Netanjahus war der Kampf um die Deutungshoheit eröffnet. „Nichts Neues“ habe der israelische Premier gesagt, meinten seine Kritiker. Von einer „kraftvollen Rede“ sprachen seine Unterstützer.
Netanjahu warnte im US-Kongress vor dem iranischen Atomprogamm.
Der israelische Oppositionsführer Jitzhak Herzog kritisierte, die Rede, werde nichts bezüglich des Atomprogramms bewirken. „Die schmerzliche Wahrheit ist: Nach dem Applaus war Netanjahu allein. Israel war isoliert. Und die Verhandlungen mit dem Iran werden ohne israelische Beteiligung fortgeführt.“ Die Onlinezeitung „Times of Israel“ sieht die Rede hingegen positiv. Netanjahu habe die richtigen Dinge angesprochen, insbesondere mit seiner Kritik eines möglichen Abkommens, das zeitlich beschränkt sei. Andere Zeitungen sehen in Netanjahus Rede keinen großen Wurf. Einen Wendepunkt im Atomstreit stelle er nicht dar, sagt die „Jerusalem Post“. Die linksliberale Tageszeitung „Ha’aretz“ meint, Netanjahu habe gar nicht das eigentliche Problem für Israel angesprochen: Die Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen, denen Israel angeblich Bürgerrechte verwehrt. „Das ist die Gefahr, die die Zukunft bedroht.“ Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani verspottete Netanjahus Ansprache. „Die Rede von Netanjahu war lächerlich. Genauso die Warnungen, besonders da sie von jemandem kommen, dessen Land selbst Atomwaffen besitzt“, sagte er am Mittwoch. „Das erinnert einen an die Anekdote, wo eine Hure neu in die Stadt kommt und, um sich fromm zu zeigen, ihren Rock über den Kopf zieht, damit die Haare vor fremden Männern verborgen werden.“

Pelosi: Beleidigung für Amerika

In Amerika wurde die Rede überwiegend skeptisch aufgenommen. Die demokratische Minderheitenführerin im Kongress, Nancy Pelosi, sieht darin eine „Beleidigung der Intelligenz der Vereinigten Staaten“. Die sichtlich aufgebrachte Politikerin erklärte vor Kameras, auch die USA wüssten, wie gefährlich eine iranische Atombombe sei. US-Präsident Barack Obama werde diese verhindern. „Wir brauchen keine Vorlesungen des israelischen Premierministers.“ Jeb Bush, der Bruder des früheren Präsidenten George W. Bush und möglicher Kandidat für die US-Präsidentschaft, sprach hingegen von einer „kraftvollen Rede“. Auf seiner Facebook-Seite bekräftigte er Netanjahus Forderung, das Atomprogramm des Iran müsse gestoppt werden. Die Präsidentschaft Barack Obamas läuft in weniger als zwei Jahren aus. Führende amerikanische Blätter bewerten die Rede skeptisch. Die „New York Times“ sprach von einem „politischen Theater“. Netanjahu habe „nichts wesentlich Neues“ verkündet. Ähnlich äußerte sich auch die „Washington Post“, forderte aber Obama zu einer Antwort auf. Dabei solle er „ernsthaft“ auf die Bedenken Netanjahus eingehen. Auch deutsche Medien nahmen die Rede überwiegend negativ wahr. Die „Süddeutsche Zeitung“ meint, Netanjahus „Verbortheit“ verprelle Israel die USA als Schutzmacht. „Zeit Online“ nennt die Rede „zerstörerisch“. Netanjahus Einwände seien zum Teil zwar berechtigt, doch mit seinem Auftritt habe er diplomatisches Geschirr „auf brutale Weise“ zerschlagen.

Obama: Ergebnis abwarten

US-Präsident Barack Obama führte während der Rede eine Video-Konferenz mit europäischen Politikern zum Ukraine-Konflikt. So erfuhr alle Welt, dass er die Rede nicht einmal im Fernsehen verfolgt. Anhand der schriftlichen Fassung habe er jedoch erkennen können, dass Netanjahu nichts Neues gesagt habe. Zudem habe er keine Alternativen zu einem Abkommen vorgeschlagen. Obama empfahl, das Ergebnis der Verhandlungen abzuwarten und sicherte zu, dass er seine Unterschrift nur unter ein Abkommen setzen würde, das eine Atombombe ausschließt.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen