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Liebesgrüße aus Riad

Viele konkrete Ergebnisse lassen sich von der ersten Nahostreise von US-Präsident Trump nicht vermelden. Doch die bloße Aussicht auf regionale Zusammenarbeit zwischen Israelis und Arabern nährt Hoffnungen. Eine Analyse von Daniel Frick
US-Präsident Trump (l.) sieht die Möglichkeit regionaler Zusammenarbeit – Israels Premier Netanjahu hofft darauf

Wer die Bedeutung des US-Präsidenten Donald Trump für Israel fassen will, musste am Dienstag nur in das Gesicht von Regierungschef Benjamin Netanjahu schauen. Sichtlich bewegt trat dieser auf das Podium im Jerusalemer Israelmuseum, als Trump mit seiner Rede und damit auch mit seiner Nahostreise zum Ende gekommen war, umarmte ihn herzlich, verbarg seine Rührung mehr schlecht als recht, und geleitete ihn hinunter.

Natürlich hatte Trump ihm durch seinen Besuch viel Anlass für diese Herzlichkeit gegeben: Er sprach von der „ewigen und alten Verbindung des jüdischen Volkes zum Heiligen Land“, lobte den Staat Israel als „Zeichen des unerschütterlichen Geistes des jüdischen Volkes“ und als „erstaunliches Land“, und pries Jerusalem als Inspiration für das Zusammenleben unterschiedlicher Gläubiger.

Gemeinsame Feinde

Das alles hören die Israelis jedoch oft, gerade von amerikanischer Seite. Was Netanjahu wirklich interessierte – und den Staat Israel existenziell angeht –, war etwas anderes: Die Möglichkeit, mit arabischen Ländern eine Koalition gegen Terrorismus zu bilden – ob er nun vom Iran ausgeht oder vom „Islamischen Staat“. Und Netanjahu weiß in Trump einen Förderer und Vermittler bei dieser Angelegenheit.

Gegenüber dem israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin hatte sich Trump in dieser Rolle am offensten gezeigt. In der arabischen Welt gebe es ein „wirklich sehr gutes Gefühl“ bezüglich Israel. Trump hatte im Vorfeld vor 55 Politikern auf dem „historischen Gipfel“, wie er es nannte, zum Kampf gegen Extremismus aufgerufen. Und in Israel beschwor Trump diesen einen Gedanken: Angesichts der Bedrohung durch Iran und „Islamischer Staat“ rückt die Region nun zusammen.

Völlig neu ist der Gedanke freilich nicht. Beobachter sehen schon seit Jahren die Möglichkeit, dass sich Israelis und Araber angesichts der gemeinsamen Bedrohungslage zusammentun. Dass diese Zusammenarbeit unter der Hand schon läuft, ist ein offenes Geheimnis – und eines mit historischer Dimension. Tatsächlich gab es Militärkooperationen etwa bereits 1962 – damals half Israel Saudi-Arabien im Kampf gegen ägyptische Truppen im Jemen mit einer Luftbrücke. Diese Hilfe wurde allerdings geheimgehalten.

Trump sieht nun die Zeit reif für eine neue Zusammenarbeit, und zwar im Licht der Öffentlichkeit. Als Faktoren nennt er das Atomabkommen mit dem Iran – dieses habe die Islamische Republik erstarken lassen –, aber auch den Verdruss der Bevölkerung angesichts der Gewalt und der Gräuel in der Region. „Wir müssen die Lage nun nutzen. Viele Dinge können heute passieren, die zuvor nicht möglich gewesen wären“, sagte Trump bei Netanjahu.

Realistischer Ansatz

Auffällig sind dabei die behutsamen Worte, die Trump wählte. Es sei die Entscheidung der arabischen Länder, ob sie genug von dem Blutvergießen in der Region haben. „Der Wandel muss von innen heraus kommen. Er kann nur von innen heraus kommen.“ Eine Bedingung nannte er freilich: „Eine hoffnungsvolle Zukunft für die Kinder im Nahen Osten setzt voraus, dass die Welt die entscheidende Rolle anerkennt, die Israel dabei spielt.“

Netanjahu pflichtete dem nur allzu gerne bei: „Arabische Führer könnten dabei helfen, die Atmosphäre zu verändern, und sie könnten dabei helfen, Bedingungen für einen realistischen Frieden herzustellen.“ Das entscheidende Wort ist hier „realistisch“ – das bedeutet nichts anderes als eine Spitze gegen Trumps Amtsvorgänger Barack Obama und dessen Außenminister John Kerry. Dessen diplomatische Bemühungen um den Iran mit dem Ergebnis des Atomabkommens, um Frieden zu stiften, hat Netanjahu für deutlich unrealistisch, und darüber hinaus für gefährlich gehalten.

Unrealistisch waren aus seiner Sicht auch die Verhandlungsbemühungen mit den Palästinensern, für die sich vor allem Kerry einsetzte. Unrealistisch deshalb, weil mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kein Verhandlungspartner mit der nötigen Autorität zur Verfügung steht. Was aus Sicht Netanjahus realistisch ist, erklärte dieser im Beisein von Trump: Erst kommt die Versöhnung mit der arabischen Welt, dann mit den Palästinensern.

Unrealistisch war für Netanjahu auch Obamas grundsätzlicher Ansatz für die Region. Obama hatte auf amerikanische Zurückhaltung gesetzt. Die Meinung Netanjahus teilt übrigens auch Staatspräsident Rivlin. Auch er stichelte gegen Obama, als er gegenüber Trump sagte: „Herr Präsident, wir sind froh zu sehen, dass Amerika zurück in der Region ist – Amerika ist wieder da.“

Konzentration auf Drängendes

Wie bedeutsam allein die Aussicht auf militärische Kooperation ist, ist auch daran zu sehen, was bei diesem Besuch nicht angesprochen wurde. Kein Wort etwa von Siedlungen, von einem Palästinenserstaat oder von der angedachten Verlegung der amerikanischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem. Zwischenzeitlich ging sogar das Gerücht um, Netanjahu selbst drücke hier auf die Bremse. Der Auslandskorrespondent des amerikanischen Nachrichtensenders „Fox News“ Conor Powell hatte das am 15. Mai auf Twitter geschrieben. Das Büro Netanjahus dementierte zwar umgehend; gut möglich aber, dass Netanjahu niemanden verprellen will. Immerhin hatte auch Lieberman erklärt, der Botschaftsumzug habe keine Priorität. „Das ist zwar sehr wichtig, aber es gibt auch andere Dinge“, sagte er Anfang Dezember.

Sicherlich – völlig ungetrübt ist das Verhältnis zwischen den USA und Israel nicht. Da sind zum einen die Berichte, dass Trump gegenüber den Russen israelische Geheimdienstinformationen ausgeplaudert hat. Das führte zu Unmut bei israelischen Geheimdienstvertretern; der israelische Verteidigungsminister Avigdor Lieberman teilte mit, man habe in Reaktion darauf „einige kleine Veränderungen“ bei der Geheimdienstarbeit vorgenommen, die Zusammenarbeit in diesem Bereich bleibe weiterhin stark.

Hinzu kommt das vereinbarte Waffengeschäft zwischen den Vereinigten Staaten und den Saudis, das Trump während seines Besuches abschloss. Lieberman befürchtet ein Wettrüsten in der Region. Bei aller Aussicht auf Zusammenarbeit, Saudi-Arabien ist offiziell immer noch Feindesland, und der militärische Vorsprung Israels müsse gesichert bleiben. Darauf haben verschiedene Politiker in Israel hingewiesen, wie etwa der israelische Energieminister Juval Steinitz. Nach Einschätzung der „Times of Israel“ fiel die Kritik jedoch „zahnlos“ aus – immerhin haben sich die USA gesetzlich verpflichtet, diesen militärischen Vorsprung zu sichern.

Trumps Nahostreise hat sicherlich wenig konkrete Ergebnisse hervorgebracht, gerade was Israel angeht. Das darf man kritisieren. Dabei ist aber nicht zu vergessen, dass Trump, wenn aus seiner Sicht alles gut geht, am Anfang seiner Präsidentschaft steht und gerade seine erste Auslandsreise hinter sich hat – für deren Handhabung er übrigens auch zuhause Lob erntete, etwa vom erfahrenen Senator John McCain. Immerhin gelang es Trump, mit einem Direktflug von Riad nach Tel Aviv zu gelangen, um seine Hoffnungsbotschaft aus der arabischen Welt zu übermitteln. Netanjahu ließ sich angesichts dieser Entwicklung zu einem Kommentar hinreißen: „Ich hoffe, dass eines Tages ein israelischer Premierminister von Tel Aviv nach Riad fliegen kann.“

Von: Daniel Frick

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