Leopoldina-Präsidentin gegen Ausschluss israelischer Wissenschaftler

Vor 60 Jahren nahmen die Bundesrepublik Deutschland und Israel diplomatische Beziehungen auf. Wissenschaftler galten als Vorreiter der Aussöhnung. Daher wurde das Jubiläum in der Wissenschaftsakademie Leopoldina gefeiert – auch mit kritischen Tönen.
Von epd

HALLE/SAALE (epd) – Unter dem Motto „Brückenbauer Wissenschaft und Kultur“ haben Vertreter Deutschlands und Israels am Montag in der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle/Saale an 60 Jahre Beziehungen zwischen den beiden Ländern erinnert. Der israelische Botschafter in Berlin, Ron Prosor, kritisierte dabei den wachsenden Antisemitismus in Deutschland. Gefährlich sei auch Antisemitismus von links, den es vor allem an den Universitäten und im Kulturbereich gebe.

„Wir haben in Israel einen tödlichen Preis bezahlt, weil wir diese Ideologie verharmlost haben“, warnte Prosor. In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg habe sich Deutschland mit seiner Vergangenheit auf allen Gebieten auseinandergesetzt. Deshalb seien die Beziehungen der beiden Länder so stark.

Die Präsidentin der Leopoldina, Bettina Rockenbach, erinnerte daran, dass Begegnungen zwischen Sportlern, Wissenschaftlern und Kulturschaffenden seit den 1950er-Jahren den Weg für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen geebnet hätten. Sie wandte sich entschieden gegen Versuche, israelische Wissenschaftler wegen des Gazakrieges zu diskreditieren. Derartige Versuche, etwa die seit 1996 bestehende Assoziierung Israels mit dem Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union auf Eis zu legen, nannte sie „absurd“.

Kritik am Gazakrieg kam hingegen vom Präsidenten der Israelischen Akademie der Wissenschaften in Jerusalem, David Harel. Seit Kriegsbeginn gebe es keine vernünftigen und erreichbaren Ziele sowie keine Pläne für einen Rückzug Israels und für die Rückkehr der israelischen Geiseln, die sich weiterhin in den Händen der Terror-Organisation Hamas befänden. Durch die Kriegsführung der israelischen Regierung sei die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Ländern gefährdet. „Der Krieg in Gaza muss sofort beendet werden“, forderte Harel.

Haseloff: Geschichte als Mahnung und Auftrag

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erinnerte daran, dass Geschichte nicht verjährt. „Was geschehen ist, ist geschehen“, sagte der Regierungschef. Die Deutschen müssten mit ihrer Vergangenheit sehr verantwortungsvoll umgehen. „Unsere Geschichte muss uns Mahnung und Auftrag zugleich sein“, betonte Haseloff. Israels Sicherheit und seine Existenz seien unverrückbar.

Am 12. Mai 1965 hatten der damalige deutsche Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU, 1897–1977) und Israels Ministerpräsident Levi Eschkol (Avoda, 1895–1969) die Aufnahme diplomatischer Beziehungen vereinbart. Nach dem millionenfachen Judenmord durch Nazi-Deutschland galt der Schritt als außergewöhnlich.

Bereits am 14. März 1960 waren Bundeskanzler Konrad Adenauer (1876–1967) sowie Israels Staatsgründer und erster Regierungschef David Ben-Gurion (1886–1973) in New York zusammengetroffen. Im Luxemburger Abkommen vom September 1952 hatte sich die Bundesrepublik zu Entschädigungsleistungen an jüdische Opfer des Nazi-Regimes in Milliardenhöhe verpflichtet.

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina wurde 1652 gegründet und zählt zu den renommiertesten Gelehrtengesellschaften in Deutschland. Sie hat rund 1.700 Mitglieder aus dem In- und Ausland, die verschiedenste Forschungsbereiche repräsentieren.

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7 Antworten

  1. Der Ausschluss von israelischen Wissenschaftlern ist für niemanden hilfreich und bremst nur die wissenschaftliche Entwicklung. Denn gute wissenschaftliche Ergebnisse können nur durch Zusammenarbeit und nicht im Alleingang erzielt werden.

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  2. Na ja das letzte Mal als Deutschland jüdische Wissenschaftler mit Arbeitsverbot belegt hat (und im günstigsten Fall zur Emigration bewegt hat) war der Untergang Deutschlands bzw. Europas die Folge??? Israel wird auch von Israelis kritisiert, ich habe aber noch nie einen Juden getroffen, der nicht im Sinne des Zionismus erleichtert über den Staat Irael ist. *SHALOM
    Psalm 113
    5-6 Einzigartig ist der HERR, unser Gott! Niemand im Himmel und auf der Erde ist ihm gleich. Sein Thron steht hoch über allen Thronen und doch sieht er hinab auf das, was in der Tiefe vor sich geht. 7 Dem Verachteten hilft er aus seiner Not. Er zieht den Armen aus dem Schmutz

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  3. Leopoldina-Präsidentin setzt Zeichen, und Halle/Saale bringt Hoffnung in unser Land.
    Es gibt jedoch leider viele Kräfte, die gegen Israel arbeiten, und das muss gekontert werden.
    Lang lebe die Deutsch-Israelische Zusammenarbeit !

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  4. Gazakrieg beenden – Nur wenn der ganze Gazastreifen wieder in der Hand Israels ist und die Hamas völlig entmachtet ist.

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  5. Der Ausschluss der israelischen Wissenschaftler ist keine gute Idee, weil so wichtiges Wissen verlorengeht. Die Wissenschaft lebt von Zusammenarbeit und nicht von Einzelarbeit.

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