Kritik an geplanter „humanitärer Stadt“

Politiker im In- und Ausland äußern Kritik am Plan von Verteidigungsminister Katz für eine „humanitäre Stadt“ im Gazastreifen. Indes will die Armee die Verteilung von Lebensmitteln rationalisieren.
Von Israelnetz

JERUSALEM / GAZA (inn) – Ein Plan von Verteidigungsminister Israel Katz (Likud) zu einer „humanitären Stadt“ im Gazastreifen stößt in Israel und im Ausland auf Kritik. Er hatte Anfang der vergangenen Woche angeregt, auf den Ruinen von Rafah an der ägyptischen Grenze alle Zivilisten der Küstenenklave unterzubringen.

Gemäß dem Plan sollen zunächst 600.000 Palästinenser aus der aktuellen humanitären Zone Masawi in die „humanitäre Stadt“ übersiedeln. Dann würden die restlichen Zivilisten im Gazastreifen folgen, sodass etwa zwei Millionen Menschen dort lebten. Vor dem Einzug sollen sie genau kontrolliert werden – und danach das Gebiet außer für eine Auslandsreise nicht mehr verlassen dürfen. Internationale Organisationen sollen sich um humanitäre Hilfe kümmern, die israelische Armee die Stätte aus der Ferne absichern.

Lapid: Geld sinnvoller nutzen

Oppositionsführer Jair Lapid (Jesch Tikva) bezeichnete die Pläne als „teure Phantasie“ der extrem rechten Partner von Premier Benjamin Netanjahu (Likud), Finanzminister Bezalel Smotritsch (Religiöser Zionismus) und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir (Jüdische Stärke). Er verwies auf eine Schlagzeile, derzufolge das Projekt umgerechnet rund 3,8 Milliarden Euro kosten würde. Das Geld könne für Bildung oder eine Senkung der Lebenskosten sinnvoller verwendet werden, merkte er an.

In einem Interview sprach Lapid von einer „schlechten Idee aus jeder möglichen Perspektive“. Er fügte an: „Ich mag es wirklich nicht, wenn Leute von ‚Konzentrationslager‘ sprechen – es gibt Vergleiche, die nicht gezogen werden dürfen –, aber wenn die Leute nicht hinausgehen können, ist es ein Auffanglager. Und wenn die Leute gehen können, ist es keine humanitäre Stadt.“

Der frühere israelische Regierungschef Ehud Olmert zog indes den von Lapid abgelehnten Vergleich. Er sagte der britischen Zeitung „Guardian“: „Es ist ein Konzentrationslager. Tut mir leid.“ Und weiter: „Wenn sie in die neue ‚humanitäre Stadt‘ deportiert werden, dann kann man sagen, dass dies Teil einer ethnischen Säuberung ist.“ Das sei die unausweichliche Deutung eines solchen Planes.

Dabei betonte Olmert, dass die aktuelle Evakuierung von Zivilisten zu deren Schutz im Vergleich dazu legal sei. Palästinenser seien in Gebiete zurückgekehrt, wo militärische Operationen beendet seien. Olmert war von 2006 bis 2009 Premierminister, er führte die vom ehemaligen Likud-Chef Ariel Scharon gegründete Kadima-Partei an.

Plan könnte Verhandlungen in Katar gefährden

Kritik kam auch aus der Armee. Einem Bericht des israelischen Senders „Kanal 12“ zufolge warnten namentlich nicht genannte Militärvertreter vor einer Sitzung des Sicherheitskabinetts am Sonntagabend, die Umsetzung des Projektes könne mehrere Monate dauern. Es gefährde zudem die Verhandlungen über eine Feuerpause und eine Freilassung von Geiseln, die seit einigen Tagen wieder in Katar geführt werden. Dabei stellt sich nämlich auch die Frage, ob die Kampfhandlungen nach einer angestrebten 60-tägigen Feuerpause wieder aufgenommen werden.

Die USA sprechen sich für ein Ende des Gazakrieges aus. Netanjahu hat öffentlich angekündigt, Israel könne seine Angriffe wieder aufnehmen, wenn die Kriegsziele nicht durch Diplomatie erreicht würden.

Das Außenministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) in Ramallah erklärte laut der Onlinezeitung „Times of Israel“: „Die humanitäre Stadt hat nichts mit Humanität zu tun.“

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) äußerte sich im ARD-Sommerinterview, das am Sonntag ausgestrahlt wurde, allgemein zu Israels Vorgehen im Gaza: „Mir gefällt das, was die israelische Regierung im Gazastreifen tut, schon seit vielen Wochen nicht mehr.“ Er hoffe, dass die Europäer mit den Amerikanern eine Lösung herbeiführen können, die am Ende in eine „Zwei-Staaten-Lösung“ übergehe. Die Palästinenser hätten den Anspruch auf einen Platz, wo sie leben könnten. Der Frage, was er von dem aktuellen Plan halte, wich er aus.

Armee: Lebensmittelverteilung besser organisieren

Unterdessen bemüht sich die israelische Armee nach eigenen Angaben, die Lebensmittelverteilung in den Zentren der Humanitären Gaza-Stiftung (GHF) zu verbessern. Dies solle Schäden für Gaza-Bewohner verringern.

So soll das westliche Verteilzentrum im südlichen Gazastreifen in zwei Ausgabestellen geteilt werden, um einen besseren Zugang zu ermöglichen. Das Militär erwägt auch eine Hightech-Verteilstation mit Rundläuferanlagen. Diese würde die Wartezeit reduzieren.

Laut Aussage von Sicherheitsbeamten haben Palästinenser mehr Mehlrationen gefordert. Ferner seien sie unzufrieden mit Konserven wie gekochten Bohnen. Deshalb hätten die Israelis in den vergangenen Tagen alternative Lebensmittel geliefert. Auch der Wunsch nach Schokolade und Keksen werde erfüllt.

Ein großes Problem bleibt: Israel kann Palästinenser, die Lebensmittel erhalten, nicht überprüfen. „Hamas-Terroristen können israelische Soldaten in Chan Junis angreifen, ihre Waffen verstecken und Stunden später kostenloses israelisches Essen abholen“, schreibt die Zeitung „Yediot Aharonot“. (eh)

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14 Antworten

  1. Ein sehr unausgereifter Plan, der dazu einlädt, weniger schöne Vergleiche zu ziehen
    Probleme ohne Lösung tun sich auf!
    Lieber Gruß Martin

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  2. Juden wissen, was ein Konzentrationslager ist. Nie wieder, gilt in diesem Fall m.E. auch für das palästinensische Volk. Es muss irgendwann Frieden und Leben für alle geben. Man kann Menschen nicht einfach wegsperren, da geb ich Lapid Recht.
    Zu Hightech-Verteilstationen braucht es ein funktionierendes Strom-und Energiesystem und oder Benzinmotoren? Wäre ein Versuch wert, wenn dabei weniger Menschen sterben. Aber ich denke, Hamas würde das auch irgendwie vernichten. Es bleibt zunächst alles unbefriedigend. 🙏🎗🇮🇱

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  3. Warum kümmern sich nicht Staaten wie Jordanien und Ägypten um ihre best Buddies. Haha. Die wollen am besten auch nichts mit den Palästinensern zu tun haben. Frage mich überhaupt wie ein Flüchtlingsstatus vererbbar ist. Gibt es sonst nirgens auf der Welt. Der Vergleich zu einem Konzentrationslage hinkt schon sehr. Würde gern mal eine europäische Lösung hören. Keiner will die Palästinenser haben also musst du was im Gazastreifen auf die Beine stellen. Erstmal musst du die Böcke von den Schafen trennen sinnbildlich. Du kannst immer Vergleiche ziehen die ein Geschmäckle haben. Eins ist mal sicher die IDF machen den Gazastreifen platt anders bekommst du da keine Ruhe rein. Und außerdem haben sie ja auch noch die Spinner von Hisbolla und den Mullahs an der Backe. Der erhobene Zeigefinger der EU der UNO und anderen, brauchen die Israelis gerade überhaupt nicht. Alle tun so als wüssten sie genau was Israel gerade tun und lassen sollte. Und den bullshit der Zweistaatenlösung können sie stecken lassen funktioniert eh nicht. Allein Gott weiss was zu tun ist er schreibt die Geschichte.

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  4. Friedrich Merz: „Mir gefällt das, was die israelische Regierung im Gazastreifen tut nicht .“ Den Hamas-Terroristen gefällt das, was die israelische Regierung im Gazastreifen tut, auch nicht.

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  5. Soso, die armen, hungernden palästinensischen Zivilisten weisen bestimmte Lebensmittel zurück und fordern Kekse und Schockolade. Interessant. Was Minister Katz und seinen Vorschlag angeht : si tacuisses, philosophus mansisses , wie die alten Römer sagten. (Wenn Du geschwiegen hättest, wärst Du ein Philosoph geblieben). Yoav Galant, komm‘ zurück !

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  6. Katar hat letztendlich kein Interesse an Gaza- Verhandlungen pro Geiseln, pro Pals. Sonst wäre Krieg längst beendet. Sie decken Hamas nach wie vor. Aber “ Welt“ heuchelt dem Emir wegen Verträgen zu und schweigt. Herr Lapid, ein Linker, hat er bessere Vorschläge? Nein. Er würde Land verschenken und auf Friedensapostel machen. Terroristen nach wie vor überall. Die rechte Regierung hat auch keinen vernünftigen Plan. Fakt ist, in Gaza wird Hilfe benötigt. Den vorhandenen NGOs u.a. kann man nicht trauen. Solange a l l e Geiseln nicht ausgeliefert sind an Israel geht wenig oder nichts. Das Drama geht weiter. Dort wie in Israel. Shalom
    OT: Vom Thema ab. 3 Jahre Krieg von Putin.
    Totales Versagen der Weltpolitik. Absolute Versager wie EU, Nato usw. Liefern Waffen und Putin zerstört, tötet jeden Tag.

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    1. Liebe Maria, ja letztendlich versagen alle auf der ganzen Linie. Wissen Sie, warum mir der Name Israel so gut gefällt? – „Gott kämpft“ oder „Gott möge siegen“ – wie herrlich, Sie wissen ja, dass ich die Bibel wortwörtlich nehme. Nicht wir Menschen kämpfen, sondern der allmächtige Gott kämpft für sein „Eigentumsvolk“. Jahwe sagt, dass er der Feind – meiner Feinde ist, der Widersacher – meiner Widersacher ist. Was für eine Verheißung, wenn wir das für uns persönlich, oder die Nation Israel für sich in Anspruch nimmt. Da muss Ihnen, mir und Israel nicht mehr bange sein.
      Lieber Gruß Martin

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    2. Ja lieber Am Israel Chai ich wünsche mir für euch (und die gutherzigen Araber) nur noch Frieden, doch ich sehe es auch so, es wird erst besser wenn die Geiseln frei sind egal in welchem Zustand. Ich denke auch wenn schon viel erreicht wurde, so wird es wahrscheinlich erst enden wenn die Korridore Richtung Jordanien und Ägypten von der IDF gesichert sind. So lange die Geiseln nicht frei sind, wird Israel nicht milder und sich auf die Tunnel und ihre Entwaffnung konzentrieren. Ich persönlich rate aber davon ab den Krieg endlos zu verlängern. Die PLO (Synonym Hamas) war auch nicht nett und es gab trotz ihr bessere Zeiten! SHALOM!
      Jesaja 26:3
      Du erhältst stets Frieden nach gewisser Zusage; denn man verlässet sich auf dich
      Jesaja 48:22
      Aber die Gottlosen, spricht der HERR, haben keinen Frieden.

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      1. Toda raba, liebe Nicole. Oft fühlen wir Wut und Trauer, beten lässt Milde walten in unseren Herzen. Ohne Gebet ist nichts. Es ändert sich aber z.Zt. nichts. Überall, nicht nur in Israel, Ukraine. Kriege, Krisen, Flucht, Hungersnöte. Im Jahr 2025. OT: Oft nach Uni
        radele ich am Rhein. Verweile. Wasser fließt, auch Gedanken. Die Natur ist wunderschön.
        Es ist der Mensch, der vieles zerstört. Menschen, Länder zerstört. Auch Religionen zerstören. Seit Corona fällt mir auf, dass Menschen aggressiver sind. Vielleicht lag es an Bevormundung oder die einen arbeiten, andere nicht. Nä. Woche fliegen wir nach Israel. Die Behinderten Einrichtung wurde von Iran getroffen. U.a. dorthin. Alles Liebe. Shalom

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  7. Die Situation bleibt schwierig, die Lage einzuschätzen ebenso.
    Genauso wichtig ist es, in Europa endlich mal UNABHÄNGIG von den Ereignissen im Nahen Osten eine Ringparabelkommission in die Wege zu leiten. Der Hass muss durch Liebe bekämpft werden, und die Ringparabel ist das beste Beispiel dafür.
    Aber NICHTS geschieht, es wird immer schlimmer, gerade in Deutschland.

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  8. Aha,der Wunsch nach Schokolade und Keksen wurde berücksichtigt. Dazu dann noch einen „Café-Latte“? Die Kekse könnten sonst zu trocken sein . 🫢🍪🍪
    O.T.Bin ja gestern gar nicht zum lesen gekommen durch die Spritze. Aber heute schon bedeutend besser.💉👍

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      1. @Am Israel chai
        Danke!😘 Geht schon viel besser. Kann schon bei grün über die Straße laufen, ohne das diese auf der Hälfte der Fahrbahn auf „rot“ schaltet.😂😂

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        1. @Manu
          Da hat es dich aber ordentlich erwischt. Hiffe, du hast dich krankschreiben lassen. Liebes, ich wünsche dir weiter gute Besserung. Ganz liebe Grüße Ella 🤸‍♀️😜😀💝🙏

          OT: @Marita, wenn du das liest, wie geht es euch? Denk an euch. LG Ella🙏

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