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Krise zwischen Türkei und Israel schwelt weiter

Zwischen Israel und der Türkei, einst "strategische Partner" im Nahen Osten, schwelt eine schwere Beziehungskrise. Der Beschluss der türkischen Regierung, Israel nicht am großen NATO-Manöver "Anatolische Adler" zu beteiligen, überraschte die Israelis. "Wir können nicht zulassen, dass israelische Kampfflugzeuge, die im Gazastreifen Palästinenser angegriffen haben, in unserem Himmel herumfliegen", hieß es zur Begründung.

Seit 2000 beteiligte sich Israel an der zweiwöchigen Übung mit Kampfflugzeugen und Hubschraubern, zusammen mit Amerikanern und anderen NATO-Truppen. Die Amerikaner waren über den Schritt der Türkei laut Presseberichten „wenig erfreut“ und sagten ihre Beteiligung an dem Manöver ab. Zwischen Israel und der Türkei gibt es schon seit 60 Jahren enge Kontakte und viele gemeinsame Interessen.

So war die Türkei bis zum Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten 1982 das einzige muslimische Land mit diplomatischen Beziehungen zu Israel. Für den südöstlichen NATO-Partner war das ein Druckmittel gegen die Europäer, einem EU-Beitritt der Türkei zuzustimmen. Während die Türkei an die Militärindustrie Israels Aufträge im Wert von mehreren Milliarden Dollar erteilte, um seine Panzer und Kampfflugzeuge mit modernster Elektronik ausstatten zu lassen, durften israelische Kampfpiloten über den endlosen Weiten Anatoliens den Luftkrieg üben. Im engen Israel ist das kaum möglich, da die schnellen Kampfjets binnen Sekunden an irgendwelche Landesgrenzen stoßen.

Mit Israels Hilfe den Staatsfeind Nr. 1 gefasst

Die geostrategische Lage beider Länder förderte die Annäherung. Vor einigen Jahren drohte Ankara den Syrern mit Krieg, als sich herausstellte, dass PKK-Chef Abdullah Öcalan in Syrien Asyl gefunden hatte. Wohl mit israelischer Hilfe wurde der türkische Staatsfeind Nr. 1 schließlich in Nairobi verhaftet und an die Türkei ausgeliefert. Zwischen der Türkei und Syrien bestehen auch territoriale Differenzen. Damaskus beansprucht die überwiegend von Arabern bewohnte südtürkische Provinz Antakya für sich. Türkische Staudämme „stehlen“ zudem den Syrern kostbares Wasser.

Während des ersten Irak-Krieges starteten amerikanische Kampfflugzeuge in Incirlik zu Angriffen in den Irak. Im Gegenzug durften die Türken im Nordirak ungestraft gegen die Kurden vorgehen. Die Türkei im Norden und Israel im Süden umklammerten politisch wie militärisch gemeinsame Feinde, darunter Syrien, Irak und Iran. Vermutlich flogen israelische Kampfflugzeuge auf dem Weg zur Bombardierung einer geheimen Atomanlage im Nordosten Syriens im September durch den Süden der Türkei. In Berichten wurde schon spekuliert, dass Israel von der Türkei aus einen Präventivschlag gegen Atom-Anlagen im Iran fliegen könnte.

Millionen Israelis füllten an Wochenenden die Hotels in Antalya und wurden zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor für das Land am Bosporus. Unvergessen ist die israelische Soforthilfe nach einem Erdbeben 1999. Um die guten Beziehungen mit Ankara zu pflegen, war Israel das einzige westliche Land, das von Staats wegen keine Erwähnung des Armenier-Genozids duldete, obgleich es in Jerusalem eine große armenische Gemeinde mit Überlebenden jenes „Holocaust“ von 1915 gibt.

Kurswechsel unter Erdogan

Unter Recep Tayyip Erdogan vollzog die Türkei einen Kurswechsel. 2003 verbot sie den Amerikanern, von Incirlik aus den Irak anzugreifen. Ankara wünschte sich eine islamische Hegemonialmacht und näherte sich Syrien an. Im vergangenen Sommer vermittelte die Türkei erfolglos zwischen Jerusalem und Damaskus. Die Türkei war zudem das erste nicht-arabische Land mit Kontakten zur Hamas im Gazastreifen – also aus israelischer Sicht mit einer „Terror-Organisation“. Während des Gaza-Krieges bezog die Türkei Stellung gegen Israel, am 30. Januar 2009 kam es zu einem peinlichen Eklat in Davos, wo Erdogan den israelischen Staatspräsidenten Schimon Peres öffentlich beschimpfte.

Erdogan hetzt weiter gegen Israel. Laut der türkischen Zeitung „Milliyet“ wollte er mit der Ausladung Israels gute Stimmung vor seinem geplanten Besuch im Iran machen. Zudem schickt Ankara am heutigen Dienstag zehn Minister zu „strategischen Gesprächen auf höchster Ebene“ nach Damaskus. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu versuchte in einem Interview mit „CNN“ die Krise zu entschärfen: Die Absage an die israelische Luftwaffe habe keine „politische“ Bedeutung und hänge nur mit der Lage im Gazastreifen zusammen.

Israel reagiert derweil sehr bedeckt, um sich alle Möglichkeiten offen zu halten. „Die Türkei bleibt ein wichtiger Faktor“, sagte Verteidigungsminister Ehud Barak. Trotzdem wurde in Jerusalem schon darüber nachgedacht, den armenischen Genozid offiziell anzuerkennen und Bestellungen des türkischen Militärs bei der israelischen Rüstungsindustrie „genau zu überprüfen“.

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