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Kommentar: Wieder unverhältnismäßig – Israel in Haiti

Israel verhält sich unverhältnismäßig, unproportional, übertrieben. Das weiß die ganze Welt, spätestens seit dem Goldstone-Bericht. Dass sich Israel in den zehn Jahren vor seinem Gazafeldzug im Dezember 2008 und Januar 2009 unverhältnismäßig lang zurückgehalten hat und so viele Raketen von seinen Nachbarn einsteckte, wie kein anderes Land seit dem Zweiten Weltkrieg, wird großzügig übergangen. Und wenn sich Israelis jetzt schon wieder vollkommen unproportional und übertrieben in eine Krise einmischen, gibt es natürlich viel Wichtigeres zu berichten. Warum eigentlich?

Als sich Europa und Amerika noch die Augen rieben und die islamische Welt konzentriert in die andere Richtung blickte, waren schon israelische Flugzeuge auf dem Weg in die Karibik. Wer Menschen, die unter Trümmern verschüttet sind, retten will, ist im Wettlauf gegen die Zeit. Die israelischen Teams mussten um die halbe Welt reisen. Zum Vergleich: Zwischen Jerusalem und Port-au-Prince liegen 10.500 Kilometer. Vom karibischen Erdbebengebiet zur Südspitze Floridas sind es keine 2.000 Kilometer. Zentraleuropäische Hauptstädte wie Berlin, Prag oder Paris liegen etwa 8.000 Kilometer von Haiti entfernt. Doch nicht nur im Vergleich der Entfernung Israels vom Katastrophengebiet ist die israelische Hilfe unproportional – auch im Blick darauf, wie viel Hilfe siebeneinhalb Millionen Israelis im Vergleich zu anderen Nationen auf die Beine stellen.

Als die Nachricht am 12. Januar um die Welt lief, dass kurz vor 17 Uhr ein Erdbeben der Stärke 7.0 auf der Richterskala den armen Inselstaat erschüttert hatte, meldete das israelische Government Press Office bereits, dass ein zwölf Mann starkes Team der Organisation IsraAid von Such- und Bergungsexperten auf dem Weg nach Mittelamerika sei. Am darauf folgenden Morgen meldete ein Sprecher der israelischen Armee, sieben Ingenieure, Ärzte, Logistik- und Bergungsexperten hätten das Land in Richtung Haiti verlassen, um die Lage vor Ort zu erkunden. Kurz darauf ordnete Premierminister Benjamin Netanjahu offiziell an, dem Inselstaat unbürokratisch und schnell zu helfen. Der israelische Botschafter in der Dominikanischen Republik, Amos Radjan, wurde zur Berichterstattung nach Haiti entsandt. Am Abend waren fünfzig israelische Soldaten auf dem Weg in Richtung Westen.

Ultra-orthodoxe Helfer am schnellsten

Als erstes Hilfsteam trafen vier Mitarbeiter der ultra-orthodoxen Organisation ZAKA in Port-au-Prince ein. ZAKA ist eine Volontärsorganisation, die sich ursprünglich vor allem um die Bergung von toten Terror-Opfern kümmerte, dann aber die Notwendigkeit erkannte, sich zuerst um die Lebenden zu kümmern und diese zu retten. Entsprechend sind viele ZAKA-Volontäre in Erster Hilfe ausgebildet. Die vier ZAKA-Mitarbeiter reisten aus Mexiko an, wo sie zur Bergung und Identifizierung des jüdischen Geschäftsmanns Moses Saba und seiner Familie gewesen waren. Sabas Hubschrauber war abgestürzt und alle Insassen ums Leben gekommen.

Am Abend des 14. Januar starteten zwei Boeing 747 mit 220 israelischen Helfern unter Leitung von Brigadegeneral Schalom Ben-Arje. Neben Hilfsgütern hatten die Maschinen auch ein komplettes Feldlazarett an Bord. Das Feldlazarett wird unter anderem von 40 Ärzten, 25 Krankenschwestern und Sanitätern betrieben. Es beinhaltet eine Apotheke, eine Kinderabteilung, Radiologie, eine Intensivstation, eine Notaufnahme, zwei Operationsräume, eine chirurgische Abteilung, eine innere Abteilung und eine Geburtshilfestation. Als die israelischen Flugzeuge starteten, war der Flughafen in Port-au-Prince geschlossen. Man hoffte, bei der Ankunft dann auch tatsächlich landen zu können.

Die Landung war möglich. Die israelischen Helfer nahmen im Stadtzentrum einen Fußballplatz in Beschlag und begannen mit der Arbeit. Eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben, das mehr als 100.000 Todesopfer gefordert hat, arbeiten 250 Israelis in Haiti rund um die Uhr. Das Feldlazarett hat 383 Menschen behandelt, 140 lebensrettende Operationen durchgeführt und sieben Babys auf die Welt verholfen – wobei eines den Namen „Israel“ erhielt.

Der verantwortliche Chirurg, Oberst Guy Lin, ehemaliger Befehlshaber der Rettungseinheiten an der israelischen Nordfront, spendete sein eigenes Blut und rettete so das Leben eines drei Tage alten Babys. 60 Patienten werden stationär behandelt. Über Satellit beraten sich die Notärzte vor Ort mit israelischen Spezialisten in der Heimat, die so beispielsweise Operationen über Video beobachten und beratend begleiten können. Israelische Suchhunde fanden mehr als ein Dutzend Überlebende unter den Trümmern. Und die mittlerweile sechs ZAKA-Volontäre retteten in einer Operation, die 38 Stunden dauerte, acht Studenten aus den Ruinen der Universität.

Hilfe für Staaten ohne Beziehungen zu Israel

Seit seiner Gründung hat der Staat Israel in mehr als 140 Ländern humanitäre Hilfe geleistet. In manchen Fällen geschah dies in Staaten, die keine diplomatischen Beziehungen mit dem jüdischen Staat unterhalten, oder diese sogar vehement ablehnen. Im Dezember 2004 verwüstete ein Tsunami weite Teile Südostasiens. Israel schickte 60 Tonnen Hilfsgüter nach Indonesien, das größte islamische Land, das keinerlei diplomatische Beziehungen mit Israel unterhält. Ein kleines Team der israelischen Armee flog gleichzeitig mit 82 Tonnen Hilfsmaterialien nach Sri Lanka. Im November 2005 halfen israelische Organisationen nach einem Erdbeben im pakistanischen Kaschmir. Im August 2007 schickte das „Fast Israeli Rescue and Search Team“ (FIRST) drei Ärzte und drei Krankenschwestern in die Erdbebenzone in Peru. FIRST war in den vergangenen Jahren in der Türkei, in Indien, Mexiko, im Kongo, Tschad, Sudan (Darfur) und Malawi im Einsatz.

Absurde Vorwürfe

Interessant ist, dass die Kritiker Israels selbst in dieser Situation nicht schweigen. Gemütlich hinter dem Laptop verschanzt rechnen sie das Elend der Menschen in Gaza – für das natürlich ausschließlich Israel verantwortlich ist! – gegen Israels Hilfe in Haiti auf und kommen zu dem Schluss: So lassen sich Kriegsverbrechen nicht sühnen. Dem jüdischen Staat wird vorgeworfen, mit der Haiti-Hilfe lediglich vom Goldstone-Bericht ablenken zu wollen. Man erinnert sich daran, dass Israel auch 2003 dem Iran Erdbebenhilfe angeboten hatte und bezeichnet das als „Chutzpe“. „Lobenswerter Weise“, so einer der Blogger, habe die iranische Regierung abgelehnt. Anschuldigungen, die jüdischen Ärzte seien in Katastrophengebieten nur deshalb so schnell vor Ort, um auch dort menschliche Organe zu ernten, machen im Internet die Runde.

Der Gipfel modernen antisemitischen Erfindungsreichtums wurde sichtbar, als eine Studie der Hebräischen Universität im Jahr 2006 feststellte, dass es im israelisch-palästinensischen Konflikt – im Gegensatz zu sonst allen anderen kriegerischen Auseinandersetzungen in der Welt – keine Vergewaltigungen von palästinensischen Frauen gegeben hat. Anstatt zu fragen, ob das jüdische Volk vielleicht doch irgendwie einen höheren ethischen Maßstab an sich selbst anlegt, wurde das Phänomen mit dem „israelischen Rassismus“ erklärt, der es „den Juden“ verbiete, ihren kostbaren Samen an die Frauen von Untermenschen zu verschwenden. Befragte palästinensische Frauen zeigten sich gar beleidigt, dass jüdische Soldaten sie aufgrund rassistischer Vorurteile nicht beachteten. Ganz offensichtlich darf ein Jude auch heute in gewissen Kreisen nichts richtig machen. Deshalb ist es vielleicht besser, überhaupt nicht zu berichten, was „die Juden“ tun, wenn man ihnen auch nur halbwegs wohlgesonnen ist.

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