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Kommentar: Wer vom Krieg redet…

Man kann Krieg auch herbeireden. Vielleicht muss man das deutschen Gutmenschen, Politikern wie Journalisten, die selbstverständlich allesamt gegen einen Krieg mit dem Iran sind, ins Gesicht sagen. Nicht nur in Israel fragt man sich, was die als Anti-Kriegs-Treiberei verbrämte Hetze in der deutschen Öffentlichkeit eigentlich bewirken soll?! Auch amerikanische Nahostexperten schütteln den Kopf über die jüngsten Auswüchse europäischer Apokalyptik.

Seit einem Jahrzehnt beobachtet Israel das iranische Atomprogramm mit großer Sorge. Militärplaner machen sich Gedanken, spielen Szenarien durch, entwickeln Strategien, machen Pläne – und trainieren ihre Streitkräfte. Das ist die Aufgabe jeglicher Militärs in jedem Land. Der Schrecken eines Überraschungsangriffs aus dem Jom-Kippur-Krieg im Oktober 1973 sitzt tief.

Die offizielle Position der israelischen Regierung und aller Politiker ist klar: Der Iran ist kein exklusiv israelisches Problem, sondern eine Herausforderung für die gesamte Welt. Der Iran bedroht die Stabilität des ganzen Nahen Ostens, Europas und des ganzen Westens. Deshalb müsse die Lösung vom Westen gefunden werden – und nicht im Alleingang Israels.

Bislang betonen Israels Politiker weitgehend einstimmig, dass Sanktionen das Gebot der Stunde seien. Im Einklang mit der amerikanischen Regierung wiederholen sie zudem, dass "alle Optionen auf dem Tisch liegen". Das Androhen von Sanktionen ohne militärische Option entspricht dem Kläffen eines zahnlosen Hundes.

Im Gegensatz zum "Spiegel", der überzeugt ist, dass alle nicht-militärischen Maßnahmen gegen den Iran versagt hätten, zitiert die Tageszeitung "Ha´aretz" den amerikanischen Nahost-Politiker Dennis Ross: "Sanktionen funktionieren! Die iranische Währung hat in den vergangenen sechs Wochen die Hälfte ihres Wertes verloren. Die Europäer boykottieren das iranische Öl. Chinesen und Inder, die sich offiziell nicht an den Sanktionen beteiligen, geben sich alle Mühe, aus der Notlage des Iran Profit zu schlagen" – und das spüren die Mullahs.

Lehren aus Osirak

Dass der Iran aus dem israelischen Angriff 1981 auf den irakischen Atomreaktor in Osirak die Lehre gezogen hat, seine Atomanlagen auf das ganze Land zu verteilen und unter die Erde zu verlegen, weiß Israel seit Jahren und nicht erst "seit Anfang des Jahres", wie das "Der Spiegel" behauptet.

Schon vor Jahren meinten israelische Experten in Hintergrundgesprächen, das iranische Nuklearproblem lasse sich nicht militärisch lösen. Im besten Fall lasse es sich um zwei oder drei Jahre hinauszögern. Zudem könnte ein militärischer Alleingang Israels jede inneriranische Opposition ausschalten. Denn in einem Punkt seien sich alle Iraner einig: Ihr Land habe grundsätzlich ein Anrecht auf atomare Bewaffnung – wenn diese Russland, Pakistan, China, Indien und nicht zuletzt Israel zugestanden werde.

Problematisch ist aus israelischer Sicht nicht eine Atommacht Iran, sondern eine Atombombe in den Händen von Muslimen mit apokalyptischem Sendungsbewusstsein und einer Ideologie, die gewissenlos weltweit Terror verbreitet.

Mehr als erstaunlich ist, wenn "Der Spiegel" über die Gefahr einer unkontrollierbaren Konfrontation spekuliert, nur weil Israel die Möglichkeit zum Zweitschlag und der damit verbundenen Abschreckung fehle. Weiß der "Spiegel"-Experte nicht, dass die Bundesrepublik Deutschland Israel genau diese Zweitschlagoption durch die Lieferung einer schlagkräftigen U-Boot-Flotte eröffnet hat? Die Unterstellung, eine militärische Eskalation läge im Interesse Israels, mag europäischen Klischees über den "aggressiven" Judenstaat entsprechen, nicht aber der Interessenlage im Nahen Osten.

Während Europa immer mehr in Panik gerät, regt man sich in Israel darüber auf, dass Krankenhäuser in der Grippezeit zu 150 Prozent ausgelastet sind, Geldautomaten nichts mehr hergeben und die Innenstädte im Gestank versinken, weil die Müllabfuhr streikt. Man diskutiert über die steigenden Lebenshaltungskosten und über Starfotograf Ziv Koren, der eine Neueinwanderin aus Äthiopien nackt im Ritualbad fotografierte.

Führende israelische Politiker beobachten den Druck, unter dem das iranische Regime agiert. Sie verzeichnen, dass Terroranschläge gegen israelische Diplomaten in Georgien, Aserbaidschan, Thailand und Indien misslungen sind. Premierminister Benjamin Netanjahu wird nicht müde, den Iran zu bezichtigen, israelische Diplomaten im Visier zu haben. Dabei scheint er keineswegs unzufrieden zu sein. Er weiß offensichtlich, dass sich iranische Geheimdienstler und ihre Schergen damit auf dünnem Eis bewegen. Bei der Immunität des diplomatischen Corps verstehen auch Länder, die sonst tolerant gegenüber Teheran sind, keinen Spaß.

Iranische Hetze kein Thema

Augenfällig ist, dass man in der deutschen Medienlandschaft und Politik kaum ein Problem damit hat, dass der Iran seit Jahren die Vernichtung Israels fordert. So beginnt die "Süddeutsche Zeitung" ihre Beschreibung des aufgehenden Weltuntergangsszenarios mit "einem Militäreinsatz gegen die iranischen Atomanlagen". Danach müsse "Israel mit einem blutigen Gegenschlag rechnen". Verschwiegen wird, dass das geistliche Oberhaupt des Iran, der eigentliche Mann am Schalthebel der Macht in Teheran, Ajatollah Ali Chamenei, nur wenige Tage zuvor das "zionistische Regime" als "Krebsgeschwür" bezeichnet hatte, das "entfernt werden muss und herausgeschnitten wird". Zeitgleich titelte die iranische Nachrichtenagentur: "Das israelische Volk muss vernichtet werden". Und ein Berater Chameneis veröffentlichte eine religiöse und juristische Rechtfertigung für einen Angriff auf Israel und das jüdische Volk bis zum Jahr 2014.

Warum regt sich kein europäischer Gutmensch über derartige Aussagen auf, die in jedem anderen Kontext als Kriegserklärung aufgefasst würden? Warum sind alle Analysen, Einschätzungen und Kommentare so verfasst, als sei das eigentliche Problem im Nahen Osten die unkontrollierbare Angriffslust der Regierung in Jerusalem?

Angenommen, deutsche Politiker und Medien seien nicht so realitätsentrückt, wie sich das aus der nahöstlichen Perspektive darstellt, muss man sich fragen: Was soll das ganze Geschrei? Was soll mit der hysterischen Warnung vor einem israelischen Angriff auf den Iran erreicht werden, zumal das offizielle Israel einen solchen Angriff bisher nicht einmal angekündigt oder gar angedroht hat? Soll Druck auf den Iran ausgeübt oder Wirtschaftssanktionen auf die Beine geholfen werden? Der zahnlose Kläffer Deutschland hat keinen Biss. Das weiß jeder. Kann er deshalb den Endzeitpolitikern in Teheran mit dem unstillbaren Durst auf Judenblut nur mit der angeblich unkontrollierbaren Bulldogge aus Jerusalem drohen?

Der ehemalige Berater des amerikanischen Präsidenten und erfahrene Nahostpolitiker Dennis Ross sieht eine andere Möglichkeit: "Vielleicht soll eine Atmosphäre geschaffen werden, die es Israel ermöglicht, an einem bestimmten Punkt auszusteigen." Sollte Israel sich eines Tages mit einer Atommacht Iran abfinden, könnte sich Westeuropa brüsten, dies durch seinen Druck erreicht zu haben. "Aber ich denke, das steht nicht unmittelbar bevor", nimmt Ross seine laut ins Unreine gedachten Spekulationen gleich wieder zurück. So bleibt die Frage nach dem Grund der deutschen Hysterie unbeantwortet.

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