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Kommentar: Warum die israelische Begründung für den Antiterrorwall plausibel ist

Mehr als zehn Jahre der Bemühungen um eine vertragliche Regelung des israelisch-palästinensischen Konflikts haben keine Frucht gezeitigt. Israel hat durch Verhandlungen das nicht bekommen, was ihm am wichtigsten ist: ein Ende des Terrors. Nicht Landbesitz ist das oberste Ziel Israels, sondern Frieden und Sicherheit.

Deshalb hat der israelische Regierungschef Ariel Scharon Ende vergangenen Jahres beschlossen, den jüdischen Staat Israel einseitig von seinen palästinensischen Nachbarn zu trennen. Eine Trennungslinie zwischen jüdischen und palästinensischen Wohngebieten soll eine größtmögliche Eindämmung des palästinensischen Terrors ermöglichen.

Unter diesem Blickwinkel müssen die in Israel und weltweit so heiß umstrittenen Pläne der Regierung in Jerusalem verstanden werden. Die Fragen des verheißenen Landes, des Wohles der palästinensischen Bevölkerung oder der Zukunft eines Palästinenserstaates müssen sich dem einen Ziel unterordnen, der israelischen Bevölkerung ein möglichst ruhiges Leben zu gewährleisten.

Um dem Terror Einhalt zu gebieten, hat Israel die Palästinensergebiete abgeriegelt, Prestigeobjekte bombardiert, Terroristen gezielt abgeschossen. Um dem Terror Einhalt zu gebieten, verwirklicht die Regierung Scharon die Pläne seines einstigen sozialdemokratischen Herausforderers Amram Mitzna und baut eine Sperranlage. Um dem Terror Einhalt zu gebieten, denken die Entscheidungsträger Israels darüber nach, jüdische Siedlungen in palästinensisch dominierten Gebieten zu verlegen, um so bessere Verteidigungslinien zu erhalten.

Die Palästinenser bezeichnen die Sperranlage der Israelis als „Apartheidsmauer“, deren Ziel es sei, die palästinensische Bevölkerung zu demütigen, ihr Land zu enteignen, einen Palästinenserstaat unmöglich zu machen. Sprecher der israelischen Regierung bemühen sich, das auf 700 Kilometern geplante Bauwerk als „Antiterrorzaun“ zu deklarieren.

Warum erscheint die Argumentation der Israelis plausibel?

Wenn Israel wirklich darauf aus wäre, die palästinensische Bevölkerung zu demütigen, wäre es kurzsichtiger und dümmer, als ihm selbst seine schlimmsten Feinde unterstellen. Israel will in Frieden und Wohlstand leben. Das ist nicht möglich, wenn wenige Meter entfernt Slums und Flüchtlingslager im eigenen Dreck versinken. Das Wohlbefinden der Palästinenser ist im Eigeninteresse Israels.

Wenn sich Israel durch den Bau der Sperranlage wirklich Land aneignen wollte, stellt sich die Frage, warum es so lange gewartet hat, bis die ganze Welt mit Abscheu auf den Bau einer Mauer blickt. Warum hat es dann zehn Jahre mühevoller Verhandlungen abgewartet, ohne wenigstens die großen Siedlungsblöcke de facto, zum Beispiel durch die entsprechende Verlegung von Straßensperren, zu annektieren? An vielen Stellen wäre dies möglich, ohne palästinensische Wohngebiete weiter zu beeinträchtigen.

Gerade die offensichtlichen Kurzsichtigkeiten beim Bau der Sperranlage sind ein weiterer Beweis dafür, dass nicht sorgfältig durchdachte Habgier im Blick auf das Land, sondern militärische Überlegungen die Mutter des Gebildes sind. Wenn Militärs verhindern wollen, dass ein Gegner von A nach B gelangt, sind ihnen humanitäre und juristische Gesichtspunkte zweitrangig. Dass Israel an vielen Stellen, manchmal auf Anweisung des Obersten Gerichtshofes Israels, der palästinensischen Klagen Recht gibt, sich eine kostspielige zweite und gar dritte Auflage des teuren Antiterrorzaunes leistet, deutet darauf hin, dass es dabei um die Abwehr des Terrors geht und nicht um Landgewinn.

Nach Angaben des Sprechers der israelischen Armee hat die Sperranlage im Durchschnitt alle drei bis vier Kilometer einen Durchlass, eine Tür, ein Tor oder einen Kontrollpunkt. Diese Durchlässe gewähren bestimmten Menschen zu bestimmten Zeiten die Möglichkeit, zu ihrer Schule oder an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Bürokratische Umständlichkeit, menschliche Unfreundlichkeit oder auch einfach nur Willkür, die von den Medien auf israelischer Seite so gerne dokumentiert werden, mögen das Anliegen Israels vernebeln, aber es bleibt bestehen: Israel will nicht die Palästinenser „ersticken“, sondern den Strom zwischen Israel und den Palästinensergebieten kontrollieren, um Terroristen abfangen zu können.

Das zeigen auch Statistiken. In den vergangenen Jahren gelingt es den israelischen Sicherheitskräften immer effektiver, Terroranschläge zu verhindern. Während vor wenigen Jahren noch fast alle Selbstmordanschläge erfolgreich durchgeführt werden konnten, fangen das israelische Militär, die Geheimdienste und die Polizei mittlerweile neun von zehn Attentatsteams ab. Abgesehen von einer Ausnahme, bei der zwei britische Staatsbürger mit Hilfe einer ausländischen Journalistin vom Gazastreifen aus nach Israel einreisen und in Tel Aviv eine Selbstmordanschlag ausführen konnten, ist es keinem Selbstmordattentäter gelungen, vom Gazastreifen aus einen Anschlag auszuführen. Der Gazastreifen ist seit Jahren von einem Zaun umgeben, und dieser Zaun zeigt Wirkung.

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