Suche
Close this search box.

Kommentar: Netanjahu mit dem Rücken zur Wand

Die Krise zwischen Israel und den USA hat sich bei dem Besuch des israelischen Premierministers in Washington weiter verschärft. Barack Obama nutzt die Angst der Israelis vor einer iranischen Atombombe, um Benjamin Netanjahu unter Druck zu setzen.

Im Tausch für ein amerikanisches Engagement gegen die iranische Bombe soll Netanjahu auf Jerusalem verzichten, jüdische Heiligtümer unter palästinensische Obhut stellen, bis zu tausend palästinensische Verbrecher amnestieren, einem Rückkehrrecht für Millionen palästinensischer Flüchtlinge zustimmen und eine schwer zu verteidigende Staatsgrenze akzeptieren. Anders formuliert: die laut Völkerrecht illegale Besatzung aufgeben, legitime Widerstandskämpfer freilassen und acht Millionen palästinensischen Flüchtlinge ihr Recht auf Rückkehr in ihre alten Häuser im Kernland Israels gewähren.

Wurden Siedler „deportiert“?

Obama glaubt fest an die Zweistaatenlösung als einzig denkbare Zauberformel für den Nahostkonflikt. Selbstverständlich dürfen keine Juden in dem Gebiet bleiben, das die Palästinenser für sich beanspruchen. Das Völkerrecht bestimmt vermeintlich, dass es im Gegensatz zu Christen oder Moslems allein Juden verboten ist, an bestimmten Orten zu leben. Obama beruft sich auf die Genfer Konvention, wenn er die Siedlungen für „illegal“ erklärt und einen Baustopp in den jüdischen Wohnvierteln Jerusalems fordert. Ihr Wortlaut verbietet einem Besatzerstaat die „Deportation oder den Bevölkerungstransfer“ seiner Einwohner in besetztes Staatsgebiet. Offenbar wurden also die Siedler in die besetzten Gebiete „deportiert“ oder Opfer eines Bevölkerungstranfers. Um die Genfer Konvention anzupassen, veränderte kürzlich eine deutsche Nachrichtenagentur ihren Wortlaut einfach in „umsiedeln“.

Obama ist wohl fest davon überzeugt, dass die Araber und die Palästinenser das von ihnen so genannte „zionistische Gebilde“ akzeptieren, sowie Israel alle ihre Forderungen erfüllt. Von den Arabern verlangt Obama jedoch nicht einmal eine Anerkennung Israels als „Staat des jüdischen Volkes“. In offiziellen palästinensischen Medien und in Schulbüchern wird gleichwohl abgestritten, dass es ein jüdisches Volk gibt, oder dass es jemals Juden in Jerusalem gab.

Es gibt viele gute politische Gründe für ein Ende der Siedlungspolitik. Sie bringt dem jüdischen Staat inzwischen mehr Schaden denn Nutzen. Solange Israel ein demokratischer Staat mit jüdischer Mehrheit bleiben will, muss es die Palästinenser umgehend abstoßen. Eigenstaatlichkeit ist dazu der einzig gangbare Weg. Doch Frieden kommt nur zustande, wenn sich beide Seiten wirklich einigen, nicht durch Druck von außen.

Tel Aviv als „illegale Siedlung“

Und selbst dann ist ungewiss, ob der Iran auf Vernichtungsdrohungen gegen Israel verzichtet, ob Saudi -Arabien zu normalen Beziehungen mit Israel bereit wäre. Weder die Hamas noch die Hisbollah im Libanon dürften beeindruckt sein. Osama Bin Laden, die Taliban und andere Extremisten dürften weiterhin Israel als Vorwand für ihre Terrorattacken benutzen. Für sie ist auch Tel Aviv eine „illegale Siedlung“.

Obama stellt Israel mit seinen Forderungen vor die Alternative einer physischen Auslöschung durch die iranische Atombombe oder die Aufgabe zentraler Elemente jüdischen Selbstverständnisses, mit Jerusalem im Mittelpunkt und Fragen der Sicherheit Israels.

Ein Baustopp nur für Juden in Ostjerusalem, während die Palästinenser weiter ohne Baugenehmigung bauen, bedeutet, dass Juden keine Ansprüche auf Jerusalem stellen dürfen. Kein Land der Welt anerkennt nämlich Westjerusalem als Teil Israels oder als seine Hauptstadt. Der Teilungsplan von 1947 wird nur auf Israel angewandt. Er sieht vor, dass Jerusalem und Bethlehem dem UNO-Sicherheitsrat unterstellt werden müssen. Deshalb gibt es keine einzige ausländische Botschaft in Jerusalem. Palästinensische Ansprüche werden jedoch hingenommen und sogar massiv gefördert.

Wechselnde Bündnispartner in der israelischen Geschichte

Oft genug hat Israel der Welt bewiesen, dass es unberechenbar und sogar aggressiv reagieren kann, wenn echte oder vermeintliche Rote Linien überschritten werden. Übertriebener amerikanischer Druck könnte Israel zwingen, erneut seine Verbündeten zu wechseln. Undenkbar ist das nicht. 1948 lieferten allein die Sowjets Waffen. 1956 und 1967 führte Israel siegreiche Kriege mit französischen Mirage und britischen Sherman Panzern. Die Amerikaner konterten mit Druck. 1967 schickten sie das Spionageschiff USS Liberty in die Kampfzone. Es wurde „versehentlich“ von den Israelis angegriffen.

Erst ab den siebziger Jahren bahnte sich eine „Freundschaft“ mit den USA an. Heute stehen mehrere Länder bereit, mit Israel enger ins „Geschäft“ zu kommen. Dieser Tage stattete der chinesische Vizepremier Hui Liangyu in Israel einen offiziellen Besuch ab. Moskau steht regelmäßig auf dem Besuchsprogramm israelischer Politiker, darunter des israelischen Außenministers Avigdor Lieberman. Dieser benötigt dort nicht einmal einen Dolmetscher. Zwischen Indien und Israel werden Waffengeschäfte abgewickelt. Der israelische Generalstabchef besuchte vor einer Woche Ankara. Am Donnerstag erhielten die Türken sechs Heron-Drohnen. Ende April folgen weitere vier Stück. Die gleichen Drohnen erwarb Deutschland für seinen Afghanistan-Einsatz.

Im Augenblick mag es unvorstellbar klingen. Aber ein Bruch in den Beziehungen mit den USA könnte für Israel das Tor zu anderen potentiellen Verbündeten öffnen. Wie die USA verfügen sie über ein Vetorecht im UNO-Sicherheitsrat. Die Karten im Nahen Osten würden dann neu gemischt, nicht unbedingt zum Vorteil der Palästinenser.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen