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Kommentar: Medien auf den Hund gekommen

Während über 130 Raketen etwa eine Million Menschen im Süden Israels in die Schutzräume jagen, eine Schule und eine Kinderkrippe direkte Treffer erhielten, macht ein zwölfjähriger getöteter palästinensischer Knabe bei den internationalen Medien die Schlagzeile. Die "Washington Post", die Agentur ap, das Schweizer "20 Minuten", "Boston Globe", CNN und viele andere berichteten über den am Sonntag von einer israelischen Rakete getöteten Jungen.

Auffällig ist, dass die israelische Luftwaffe bei dieser Runde der Gewalt sehr genau zuschlägt. Dank exakter Aufklärung werden gezielt sogenannte "Militante" getroffen, Waffenfabriken, Raketenlager und Kämpfer beim Abschuss von Raketen auf Israel. Die gezielt getöteten "Aktivisten" werden in ihren Autos oder auf dem Motorrad so getroffen, dass diesmal fast keine Zivilisten getroffen werden.

Die Namen der teilweise hochrangigen Befehlshaber und Kämpfer der Organisationen "Islamischer Dschihad" und "Volkswiderstandskomitees" (PRC) werden im Internet mitsamt Foto von ihren Organisationen veröffentlicht. Die bärtigen Männer sind in Uniform und mit militärischer Mütze auf dem Kopf abgebildet. Die übliche Formel "überwiegend Frauen und Kinder" als Opfer israelischer Angriffe im Gazastreifen greift nicht. Vielleicht wird deshalb der Tod eines Knaben und eines Mannes so sehr hervorgehoben.

Je nach Quelle war der Knabe Ajub Useila, zwölf, dreizehn, fünfzehn oder sogar sechzehn Jahre alt. Er trug angeblich eine Schuluniform und befand sich "auf dem Weg zur Schule" im Flüchtlingslager Dschabalija bei Gaza. Neben ihm wurde angeblich sein sieben Jahre alter Cousin verletzt. "Der Junge sei in der Stadt Dschabalija gerade mit einem Freund auf dem Weg zur Schule gewesen, als er Opfer eines israelischen Luftangriffs geworden sei", berichtet jedoch das Schweizer "20 Minuten". In israelischen Medien wurde berichtet, dass der Knabe getötet wurde, als er "auf dem Weg in die Schule" zugeschaut habe, wie Kämpfer eine Rakete auf Israel abschossen.

Angesichts der Massaker in Syrien, die Ermordung ganzer Familien in Homs und Idlib, Dutzenden Toten in Jemen und anderswo in der arabischen Welt, wo kein einziges Opfer namentlich durch die Weltpresse geistert, werfen die ausführlichen Berichte über den Tod dieses palästinensischen Jungen Fragen auf.

Es ist wohl davon auszugehen, dass die israelische Luftwaffe keinen Grund oder Anlass hatte, gezielt einen Schüler in Schuluniform anzugreifen, da alle anderen Luftangriffe erstaunlich genau militärische Ziele oder Kämpfer getroffen haben. Die Angabe, dass die Kinder möglicherweise zugeschaut haben, wie da eine Rakete auf Israel abgeschossen wurde, klingt deshalb plausibel. Wenn die Jungen sich tatsächlich auf dem "Schulweg" befanden, stellt sich unweigerlich die Frage, ob die palästinensischen Kämpfer die Rakete aus einem bewohnten Gebiet und vielleicht gar aus der Nähe einer Schule abgeschossen haben. Beides gilt laut internationalen Konventionen als Kriegsverbrechen, was in den Berichten natürlich nicht erwähnt wird.

Während in Israel wegen der fortgesetzten Raketenangriffe für über 200.000 Schüler der Schulunterricht ausfällt, um sie nicht zu gefährden, stellt sich die Frage, wieso die Verantwortlichen im Gazastreifen in dieser kriegsähnlichen Situation ihre Kinder in die Schule schicken. Zudem ist schon mehrfach dokumentiert worden, wie die Raketenschützen Schulen als Schutzschild benutzten, wissend, dass die Israelis keine Schulen bombardieren.

Die Meldung über den Tod dieses Jungen ist auch deshalb problematisch, weil die Nachrichtenagenturen jedes Wort zählen, um möglichst kurz das Wichtigste zu berichten. Was motiviert sie also, in diesem Fall ausschweifend zu werden und neben "Kinder auf dem Schulweg" auch die "Schuluniform" zu erwähnen, das Alter des Jungen, seinen Wohnort und vieles mehr? In einem Bericht schürt zudem das Bild eines kleinen weinenden Mädchens beim Begräbnis des Jungen die Emotionen.

Am Sonntag wurde auch ein "60-jähriger Wachmann eines Landwirtschaftsbetriebs" getötet. Zu diesem Fall wurde weltweit noch ein entscheidendes Detail hinzugefügt: Der Mann führte seinen Hund aus. Auch der Hund wurde getötet. Die Agenturen hätten genauso gut dieses Element in ihre Überschrift setzen können: "Israel tötet palästinensischen Hund".

Und wie üblich wird bei "20 Minuten" in einer dapd-Meldung tendenziös mit den Worten gespielt: "Am Tag zuvor waren 15 Palästinenser getötet worden, während Extremisten mehr als 120 Raketen auf israelisches Gebiet abfeuerten." Die 15 getöteten "Palästinenser" waren ausnahmslos namentlich bekannte Mitglieder der oben genannten extremistischen Organisationen. Doch die Formulierung in diesem Bericht vermittelt den Eindruck, als ob nicht Palästinenser, sondern andere "Extremisten" die Raketen abschießen.

BBC meldete zuletzt 21 palästinensische Tote als Folge israelischer Luftangriffe. Drei wurden als Zivilisten bezeichnet. Das neueste Opfer eines israelischen Luftangriffs sei ein 15 Jahre alter Junge, der jedoch laut Augenzeugen durch eine Bombe getötet wurde, die er bei sich trug und nicht durch einen israelischen Luftangriff.

Angesichts der Tausenden Toten, etwa in Syrien, wo ganze Familien "überwiegend Frauen und Kinder" massakriert werden, angesichts der Kämpfe und Selbstmordattentate in Pakistan oder Erschießungen in Afghanistan, wo kein einziges Opfer eine namentliche Erwähnung und sogar Schlagzeilen in den Weltmedien erhält, muss wohl der Tod von Ajub Useila eine ganz herausragende Bedeutung haben, die aber von den Medien nicht mitgeteilt worden ist.

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