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Kommentar: Israelis erschießen palästinensischen Teenager

RAMALLAH (inn) – Ein jugendlicher Palästinenser wird im Westjordanland von israelischen Soldaten erschossen. Damit ist für einen Großteil der Berichterstatter schon alles klar: Die Israelis sind die Täter, der Palästinenser das Opfer. Ein vorschnelles Urteil angesichts der vielen ungeklärten Details des Vorfalls.
Vieles ist noch unscharf – auch, welche Waffe der Palästinenser bei sich trug.

„Israelische Truppen erschießen einen palästinensischen Teenager im Westjordanland“, meldet der Sender „Al-Arabija“. Die Nachrichtenagentur Reuters titelt, dass ein „alleged Gunman“, ein „vermeintlicher Schütze“, erschossen worden. Google übersetzt „gunman“ trefflicher mit „Revolverheld“.
Das „Opfer“ ist laut der Nachrichtenagentur AFP ein „Teenager“, mit 19 Jahren immerhin volljährig. Sein Name: Muhammad Mubarak. Er kam aus dem Flüchtlingslager Dschalasun bei Ramallah. Am Mittwoch hat er je nach Quelle mit einer „selbstgebastelten Waffe“ oder gar mit einem „Schnellfeuergewehr“ auf eine israelische Militärstellung geschossen. In den Presseberichten heißt es, dass die angegriffene Stellung „nahe einer Siedlung“ gestanden habe. Da wird mal Ofra oder auch Ateret angegeben. In der Gegend gibt es auch viele arabische Dörfer. Entsprechend wird mal Ein Sarija und mal Ein Sinije angegeben.

Was internationale Medien verschweigen

In den internationalen und arabischen Medien ausgelassen wurde die israelische Behauptung, wonach immerhin 17 Einschusslöcher aus der Waffe des „vermeintlichen“ palästinensischen „Revolverhelden“ in der Stellung gezählt worden seien. Selbstverständlich wird auch nicht erwähnt, dass die Soldaten, die der Palästinenser vermutlich töten und nicht nur erschrecken wollte, mutmaßlich ebenso „Teenager“ sind.
Und wenn übereinstimmend gemäß allen Quellen der Palästinenser zuerst geschossen und angegriffen hatte, müsste das doch eigentlich im Titel stehen, und nicht, dass die Soldaten ihn am Ende aus Notwehr erschossen haben. So wurde mal wieder nach typischem Muster Ursache und Wirkung verdreht, damit der angreifende Palästinenser als Opfer und die israelischen Soldaten als Täter dastehen.
Je nach Quelle wird in den Berichten auch behauptet, dass seit Beginn der Friedensgespräche unter US-Außenminister John Kerry im Juni 2013 schon 19 Palästinenser im Westjordanland (von Israelis) getötet worden seien, oder aber, dass es seit Jahresbeginn der erste erschossene Palästinenser sei. Es hätte auch jeder andere Stichtag willkürlich ausgewählt werden können.
Die Zeitung „Ha‘aretz“ veröffentlichte inzwischen, dass die vermeintlich „selbstgebastelte“ Waffe ein „Karl-Gustav-Maschinengewehr“ gewesen sei. Laut Palästinensischer Autonomiebehörde, der palästinensischen Regierung, ist der erschossene 19 Jahre alte „Teenager“ innerhalb weniger Stunden zum 22 Jahre alten erwachsenen Mann mutiert. Nach Angaben der UNO-Flüchtlingshilfe (UNRWA) war er 20 Jahre alt.
Unklar ist noch, wie der Palästinenser in den Besitz der Waffe gelangt sei, ob er alleine oder im Auftrag einer Organisation geschossen habe. Interessant, aber nicht weiter bestätigt, ist die Behauptung eines israelischen Offiziers, wonach der „Revolverheld“ für die amerikanische Hilfsorganisation USAID beim Straßenbau beschäftigt war und in den vergangenen Tagen mehrfach als „verdächtig“ aufgefallen und deshalb „befragt“ worden sei.

Dilemma der Berichterstattung wird deutlich

Die zahlreichen, teil widersprüchlichen Angaben zu einem einzigen Zwischenfall zwischen Israelis und Palästinensern zeigen mal wieder, wie schwierig es ist, hier eine „Wahrheit“ zu ermitteln. Zudem muss man sich immer fragen, welche Quelle am glaubwürdigsten ist, wenn sie sich weder auf das Alter des Palästinensers noch auf den Ort des Geschehens einigen können.

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