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Kommentar: Die Regierung Netanjahu und die Zweistaatenlösung

Der US-amerikanische Sondergesandte für den Nahen Osten, George Mitchell, ist in den Nahen Osten gereist, um herauszufinden, woran die Regierung Obama ist. Barack Obama ist offensichtlich irritiert darüber, dass sich Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu nicht so einfach dazu bringen lässt, im Chor der Zweistaatenlösung und vor allem den Refrain, "Israel und Palästina werden Seite an Seite friedlich miteinander leben" mitzusingen. Gleichzeitig will der Assistent des amerikanischen Dirigenten im Friedenschor ausloten, wie der störrische Sänger reagiert, falls der saudi-arabische Friedensplan von 2002 zur offiziellen Außenpolitik der USA werden sollte. Ein Kommentar von Johannes Gerloff.

Furore gemacht hatte vor allem Israels neuer Außenminister Avigdor Lieberman mit der Ankündigung, Israel werde seine Politik im Blick auf den Friedensprozess ändern. Annapolis sei wertlos, stattdessen wolle man sich an der Roadmap orientieren. Die Roadmap, so Lieberman, sei vom israelischen Kabinett abgesegnet worden, während es nach Annapolis weder einen entsprechenden Kabinettsbeschluss noch eine Abstimmung in der Knesset gegeben habe. Sollte es einen entsprechenden Regierungsbeschluss geben, erläuterte der israelische Außenminister vor dem Passahfest Anfang April weiter, sei er sogar bereit, sein Haus in der Siedlung Nokdim zu verlassen. „Aber wir können all das nicht für nichts aufgeben. Es muss doch auf Gegenseitigkeit beruhen.“

Fristen von Roadmap und Annapolis sind verstrichen

Wer vorschnell Schlüsse aus diesen Äußerungen ziehen will, sei daran erinnert, dass sowohl die Roadmap, als auch Annapolis grundsätzlich an Zeitrahmen gebunden waren. Laut Roadmap hätte ein Palästinenserstaat bis Ende 2005, laut Annapolis bis Ende 2008 entstehen sollen. Beide sind schon deshalb hinfällig, weil diese Daten längst ergebnislos verstrichen sind. Insofern sind nicht nur Liebermans Äußerungen, sondern auch alle Reaktionen darauf, pure Schaumschlägerei.

Eine Tatsache bleibt weiter, dass sich sowohl Lieberman als auch Netanjahu mehrfach dazu bekannt haben, die Verantwortung für die Palästinenser loswerden zu wollen. Dabei haben sie die überwältigende Mehrheit der israelischen Bevölkerung hinter sich. In Israel hat man es satt, Besatzer zu sein und vor der Weltöffentlichkeit dafür angeprangert zu werden.

Das Prinzip der Roadmap, dass es bei der Zweistaatenlösung nur einen Fortschritt geben könne, wenn es die Palästinenser schaffen, ihre militanten Extremisten unter Kontrolle zu bekommen, wird durch Annapolis wohl kaum außer Kraft gesetzt worden sein. Bemerkenswert bleibt letztendlich also nur noch die Bemerkung des „rechts-radikalen“ Siedler-Außenministers Avigdor Lieberman, dass er unter Umständen bereit sei, sein Haus zu räumen.

Was machen die Palästinenser aus den Zugeständnissen?

Die Frage ist heute viel weniger, wozu Israel bereit ist, als vielmehr, was die Palästinenser daraus machen, was Israel ihnen vor die Nase setzt. Es ist müßig, sich darüber zu echauffieren, dass der jüdische Staat es nicht einfach hinnimmt, wenn ihm das Existenzrecht abgesprochen und gezielt auf seine Vernichtung hingearbeitet wird. Entscheidender ist die Frage, warum die Hamas im Gazastreifen nicht schon längst einen Staat ausgerufen und aufgebaut hat.

Das palästinensische Gaza wäre nicht der erste Staat in der Geschichte, der unter einer Blockade zu leiden hätte. Und Hamastan hat, wie schon andere Staaten vor ihm, bewiesen, dass man allen Blockaden zum Trotz aufrüsten kann. Wenn denen, die den Schlüssel zu den Lebensadern zwischen Gaza und der Außenwelt in Händen halten, so viel am Wohl der palästinensischen Bevölkerung liegen würde, hätten sie auch Butterbrote und Apfelsaft statt Raketen und Sprengstoff schmuggeln können.

Israel wirft der Führung der palästinensischen Autonomie seit Jahren – manchmal offen, meist diplomatisch verhohlen – chronischen Mangel an Initiative vor. So offenbarte der ehemalige Premierminister Ehud Olmert kurz vor seinem Abgang Ende März, er habe den Palästinensern vor einigen Monaten ein Angebot gemacht, das selbst die Eingeständnisse von Ehud Barak im Sommer 2000 in den Schatten gestellt hätte. Bis heute steht eine Antwort des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas aus.

Der ehemalige Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, Efraim Halevy, der sich heute als „informierter Privatmann“ der Öffentlichkeit stellt, ist der Ansicht, die Palästinenser seien gar nicht in der Lage, einen Staat aufzubauen. Wenn das stimmt und die Palästinenser gar keinen Staat aufbauen können oder das vielleicht auch gar nicht wollen – wie das die Hamas zumindest öffentlich erklärt -, ist es doch hinfällig, von der israelischen Regierung ein Lippenbekenntnis zu einem Palästinenserstaat zu verlangen. Bleibt natürlich die Frage, welche Alternative der Weltgemeinschaft zur Zweistaatenlösung bleibt. Hier rächt sich jetzt, dass man in den vergangenen Jahren zu eingleisig gedacht hat.

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