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Kommentar: Deutsche Diplomaten a.D. richten den Nahen Osten aus

Deutsche Diplomaten haben die Bundesregierung aufgefordert, einen härteren Kurs gegenüber Israel einzuschlagen. In ihrer Argumentation haben sie allerdings wesentliche Aspekte der Geschichte und der aktuellen Lage im Nahen Osten übersehen, meint Korrespondent Ulrich W. Sahm.

24 alte Herren, die meisten von ihnen mit Doktortitel, ehemalige deutsche Diplomaten im Dienste der Auswärtigen Ämter von BRD und DDR, haben sich tiefschürfende Gedanken zur Neuordnung des Nahen Ostens gemacht, und dazu, wie der Nahostkonflikt „extremistische Bewegungen“ zu „Kritik und Hass“ am Westen kristallisiert. Ihre Expertise für die Radikalisierung der Israelis und Palästinenser erwarben sich diese Herren als Ex-Botschafter in Nepal, Kuba, Afghanistan, Indien, Bolivien, Usbekistan, Sambia, Tunesien, Pakistan und Marokko. Einer von ihnen konvertierte in Algerien zum Islam, unterzeichnete aber nur mit seinem deutschen Namen und unterschlug den angenommenen Namen „Murad“.

Deren offener Brief wurde von der „Süddeutschen Zeitung“ dokumentiert.

Diese diplomatischen Experten meinen, dass der Nahostkonflikt ein Nährboden für extremistische Bewegungen sei. Offenbar glauben die alten Herren, dass Extremisten in Staaten wie Iran, Pakistan, Irak oder Ägypten, darunter auch Osama Bin Laden, ihre anti-westliche, anti-christliche, anti-jüdisch/zionistische Ideologie aufgeben oder sich gar in Luft auflösen, sowie Israel das Friedenshindernis „Siedlungen“ geräumt, die 1967 eroberten Gebiete aufgegeben hat und die Palästinenser dank eigenem Staat keiner Solidarität für ihre Leiden mehr bedürfen.

Die Solidarität der arabischen Staaten mit dem Flüchtlingselend der Palästinenser lässt sich an deren Mitfinanzierung der UNRWA Flüchtlingshilfe-Organisation in Ziffern messen. Zu weit über 90 Prozent finanzieren USA und EU das UNRWA-Budget. Seit 1948 sorgt sie dafür, dass palästinensische Flüchtlinge und ihre Kindeskinder nicht integriert werden, im Libanon nicht einmal arbeiten dürfen.

Spitzenreiter unter den 20 größten staatlichen Spendern ist die EU mit genau 139.685.831 Dollar im Jahr 2008, gefolgt von den USA und Schweden. Kuwait bildet das Schlusslicht mit 2.499.958 Dollar. Der Vatikan und Liechtenstein spenden auf regulärer Basis mehr als Ägypten, Saudi-Arabien und die übrigen arabischen Staaten.

Eine Gefahr für die Welt, wegen einer Stärkung dieser „extremistischen Bewegungen“, bedeute die „Radikalisierung Israels“, meinen die Diplomaten. Was könnte gemeint sein? Ariel Scharons Rückzug aus Gaza mit 76 Prozent Zustimmung der Bevölkerung? Der jüngst von Benjamin Netanjahu beschlossene Baustopp in den Siedlungen? Die Räumung von Straßensperren im Westjordanland und andere Gesten, um Abbas zu stärken, was nach Angaben von Premierminister Salam Fajjad zu einem Wirtschaftswachstum zwischen 7 und 11 Prozent geführt hat? Widerstand gegen Regierungsbeschlüsse ist wohl in jedem demokratischen Land normal. Oder muss man auch von einer „Radikalisierung Deutschlands“ reden, wenn da Globalisierungsgegner auf die Straße gehen?

Ebenso kann kaum von einer Radikalisierung unter den Palästinensern geredet werden, außer im Gazastreifen, wo die vom Iran unterstützte Hamas per Putsch die Macht übernommen hat. Im Westjordanland ist es so ruhig, friedlich und wenig radikal wie schon seit Jahren nicht mehr.

Antisemitismus ohne Juden

Die Diplomaten behaupten: „Der Konflikt ist ein Kristallisationspunkt, an dem sich Kritik und Hass gegenüber dem Westen immer wieder entzünden.“ Bis vor 64 Jahren waren die Juden ein Kristallisierungspunkt für Kritik und Hass. Um den „abzubauen“, wurden die Juden abgeschafft. Der naive Glaube, dass mit einem „fairen Ausgleich legitimer israelischer und palästinensischer Interessen“ Hass und Kritik an der puren Existenz Israels „abgebaut“ werden könnte, ist genauso falsch, wie der Glaube, dass ein physisches Verschwinden der Juden den Antisemitismus „abbauen“ könnte. In den meisten arabischen Ländern gibt es keine Juden, dennoch tobt gerade in ihnen Antisemitismus im „Stürmer“-Stil.

Die Ex-Diplomaten täten gut daran, nicht nur der vordergründigen Propaganda zu glauben, sondern den anti-jüdischen und anti-israelischen Gefühlen auf den Grund zu gehen. Die Konzentration allein auf ein modisches Element des Konflikts (etwa die Siedlungen) sollte die arabischen Staaten eigentlich nicht daran hindern, erst einmal Israel anzuerkennen und dann die Differenzen per Verhandlungen auszuräumen. Saudi-Arabien fiel erst kürzlich Präsident Barack Obama in den Rücken, indem es sogar Gesten gegenüber Israel verweigerte, wie Überflugrechte für EL AL-Flugzeuge in Richtung Fernost. „Jüdische Flugzeuge könnten die Luft über Mekka verpesten“, hieß es in einer saudischen Stellungnahme.

„Eine wirkliche Sicherheit kann jedoch nur auf politischem Wege hergestellt werden, nicht durch Besetzung und Besiedlung oder das Vertrauen auf militärische Überlegenheit…“ Die These klingt gut, nur wieso funktioniert das nirgendwo, nicht einmal in Europa, etwa im Balkan? Wieso schicken Deutschland, die NATO und die USA noch mehr Truppen nach Afghanistan? Angeblich kann doch Sicherheit nur auf politischem Wege erreicht werden, und nicht durch militärische Überlegenheit. Gewiss wäre alles viel besser in der Welt, wenn die deutschen Diplomaten umgehend politische Verhandlungen mit den Taliban, mit Osama Bin Laden oder mit den Meuterern in Pakistan aufnehmen würden, nicht zu vergessen die Piraten vor Somalia. Wieso schickt Deutschland Schiffe der Bundesmarine dorthin und nicht die diplomatischen Unterzeichner dieses Aufrufs?

Es gab nie einen palästinensischen Staat

„Israel wird nicht darauf hoffen können, sowohl den Frieden zu gewinnen als auch die palästinensischen Territorien zu behalten“, heißt es weiter im Diplomaten-Papier. Doch „palästinensische Territorien“ sind bislang nur die Autonomiegebiete. Das übrige besetzte Gebiet müsste den Palästinensern erst übergeben werden. Es hat nie einen palästinensischen Staat gegeben und auch keine international anerkannten Grenzen innerhalb „Palästinas“ (im Sinne des britischen Mandatsgebiets). Die „grüne Linie“, auch „Grenze von 1967“ bezeichnet, ist lediglich eine Waffenstillstandslinie. Diplomaten sollten solche völkerrechtliche Feinheiten eigentlich kennen.

Sollten sich Israel und die PLO (als anerkannte Vertreterin des palästinensischen Volkes) auf jene Linie als künftige Grenze einigen, wäre das deren Angelegenheit.

Es steht nicht einmal deutschen Ex-Diplomaten zu, Grenzen zwischen Streitpartnern anderswo festzulegen. Was würden die Diplomaten wohl sagen, wenn Israelis, Araber oder Amerikaner einseitig die Grenzziehung zwischen Deutschland und Polen oder Tschechien bestimmt hätten?

NPD an Kampf gegen Antisemitismus beteiligen?

Weiter steht da: „Dieser Grundsatz sollte natürlich auch für die unausweichliche Einbindung der Hamas in den politischen Prozess und für die unerlässliche dauerhafte Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen gelten.“ Wenn sich schon die deutschen Diplomaten eine derart ungeheuerliche Einmischung in die palästinensische Innenpolitik erlauben, sollten sie gemäß dem gleichen Grundsatz auch eine Einbeziehung der israelischen Siedlerbewegung oder der rechtsradikalen Kach-Partei fordern. Und ebenso sollten israelische Diplomaten von der Bundesregierung fordern, NPD oder DVU in den Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland einzubeziehen.

Bekanntlich hat Israel den Gazastreifen abgeriegelt (außer für Patienten, die Lieferung von Hilfsgütern, Strom, Wasser, Brennstoff, Rinder für muslimische Schlachtfeste, Diplomaten, Journalisten, Christen zu Weihnachten und so weiter), weil die Hamas im Widerspruch zu jeglichem Völkerrecht und den Genfer Konventionen seit über drei Jahren einen israelischen Soldaten in Geiselhaft festhält. Hinzu kommt, dass die Hamas alle Abkommen zum Grenzverkehr und einer Öffnung der Grenzen außer Kraft gesetzt hat. Das sollten die deutschen Diplomaten eigentlich wissen, denn auch die in Rafah zwischen Gaza und Ägypten stationierten deutschen Zöllner mussten fliehen, als die Hamas sie vertrieben hat.

Die Diplomaten befinden: „Angesichts von Israels hochgerüsteter, nuklearbewehrter Militärmacht, der amerikanischen Garantien, der europäischen Solidarität … kann von einer Existenzbedrohung Israels durch einen Staat der Palästinenser nicht mehr ernsthaft gesprochen werden.“ Meinen die deutschen Diplomaten ernsthaft, dass Israel auf die Hisbollah im Libanon oder auf die Hamas im Gazastreifen oder auf eine mit Messern bewaffnete Palästinenserin am Grenzübergang im Norden Jerusalems Atombomben werfen sollte? Vor allem die „europäische Solidarität“ ist eine Existenzgarantie für den jüdischen Staat, die alle Israelis künftig beim Tiefschlaf in ihren Schutzbunkern während eines Raketenangriffs wunderbar träumen lassen sollte.

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