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Kommentar: Demokratische Legitimation

JERUSALEM (inn) – Während der Westen oft und gerne nach der „demokratischen Legitimation“ von Regierungen fragt, scheint dies bei den Palästinensern keine große Rolle zu spielen. Denn gemäß allen Regeln der Demokratie ist der palästinensische Präsident Mahmud Abbas heute ein Diktator.
Mahmud Abbas - nach demokratischen Maßstäben ein Diktator?

Das neueste Zauberwort des Westens lautet „demokratische Legitimation“. Gemeint ist die Machtergreifung durch freie demokratische Wahlen, nicht aber, was danach passiert oder ob die Parteien verfassungskonform sind. Wie frei und demokratisch die letzten Wahlen in Syrien waren, muss nicht nachgeprüft werden, wenn Baschar Assad im DDR-Stil mit 99,9 Prozent gesiegt hat. Vielleicht lässt der Westen deshalb den syrischen Diktator gewähren und „ganz demokratisch“ 100.000 Menschen in den Tod und 2 Millionen auf die Flucht schicken.
Wie demokratisch die Verhältnisse im Irak, Jemen, Libyen und Ländern wie Katar, Saudi-Arabien oder Bahrein sind, muss nicht kommentiert werden. Mit ihnen kooperiert der Westen, ohne nachzufragen. In der nahöstlichen Vorzeigedemokratie Libanon hat eine Partei mit „militärischem Arm“ 2006 eigenmächtig Krieg gegen Israel geführt. Aber niemand stellte die „Demokratie“ im Libanon in Frage.
In Ägypten versuchen die USA und die EU, ihr demokratisches Ideal zu retten. Nach Jahrzehnten der „diktatorischen Willkür“ unter Nasser, Sadat und Mubarak, was die Medien nie thematisiert haben, siegte der Islamist Mohammed Mursi bei freien Wahlen. Aber kaum an der Macht, zerstörte er systematisch demokratische Grundprinzipien wie Gewaltenteilung, Pressefreiheit und die unabhängige Justiz. Zudem richtete er die Wirtschaft zugrunde. So kam es „ganz demokratisch“ zu einem Volksaufstand, der mit Hilfe der Armee zur Absetzung Mursis führte. Deshalb kann die Einmischung der EU-Kommissarin Catherine Ashton nur verwundern, Mursi im Gefängnis zu besuchen und ihn im Namen der EU als „Demokraten“ zu legitimieren.

Abbas ist heute ein Diktator

Inmitten dieses Chaos hat US-Außenminister John Kerry Israelis und Palästinenser wieder an den Verhandlungstisch gezwungen. Doch wieso schaut niemand auf die „demokratische Legitimierung“ der palästinensischen Verhandlungspartner? Die letzten freien Wahlen gab es 2006. Die islamistische Hamas siegte haushoch. Doch der Westen ignorierte, dass die Hamas die „Verfassung“, nämlich die Osloer Verträge mit Israel, nie anerkannt hat. Gemäß westlichem Demokratieverständnis hätte die Hamas gar nicht zu den Wahlen antreten dürfen. Danach hat sich der Wahlverlierer, die Fatah-Partei, geweigert, die Kontrolle der Sicherheitsdienste an die Hamas abzutreten. Der „Putsch“ der Hamas im Gazastreifen 2007 war nicht wirklich ein Putsch. Die Hamas nahm sich mit Gewalt, was ihr eigentlich zustand.
Das palästinensische Parlament gibt es seit sieben Jahren nicht mehr. Präsident Abbas ist seit sieben Jahren im Amt. Gemäß allen Regeln der Demokratie ist Abbas heute ein Diktator. Während Amerikaner und die EU aus ideologischen Gründen in Ägypten auf die „demokratische Legitimation“ der Moslembrüder setzen, obgleich pragmatisch gesehen wahrscheinlich eher die Militärs das bevölkerungsstärkste Land der arabischen Welt wieder beruhigen können, kann nur verwundern, dass ausgerechnet bei den Palästinensern „demokratische Legitimation“ offenbar keine Rolle spielt. Weder kann Abbas „im Namen seines Volkes“ verhandeln, noch wird die Hamas anerkennen oder gar umsetzen, was er am Ende vielleicht unterschreibt.

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