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Kommentar: Assads Interessen

DAMASKUS (inn) – Die Welt rätselt über die „Interessen“ des syrischen Präsidenten Baschar Assad. Wieso hat er Giftgas eingesetzt, falls er es wirklich war? Wollte er die Amerikaner auf die Probe stellen? Und wie könnte er auf einen amerikanischen Angriff antworten? Wird er Israel angreifen und einen „Flächenbrand“ provozieren, als gäbe es kein Feuer in der Region?
Dass Assad nach rationalen Beweggründen entscheidet, ist zu bezweifeln.

Die Fragen sind berechtigt. Bei allen Herrschern der Welt, von Obama über Putin bis zu Merkel, bei El-Maliki im Irak, Al-Sisi in Ägypten und bei Netanjahu in Israel, wird vor politischen Beschlüssen ein Abwägen der Interessen vorausgesetzt. Dabei können innenpolitische Rücksichten, Wahlkampf, militärstrategische, wirtschaftliche und andere Interessen überwiegen.
Doch wie steht es um Assad? Für den gilt der Spruch, dass man einem Diktator nicht in den Kopf schauen kann. Gleichwohl wird auch bei ihm vorausgesetzt, besonnen und rational seine Schritte abzuwägen.
Um hier nicht „hinkender Beispiele“ bezichtigt zu werden, verzichten wir auf eine Auflistung jener Diktatoren, die wegen Überschätzung ihrer Allmacht die Welt ins Unglück gestürzt haben, ihr Land, ihre Bevölkerung und am Ende sich selbst gerichtet haben. Es fällt schwer, jenen Herrschern rationales Handeln zu bescheinigen.
Im Falle Assads darf man sich fragen, welches „Interesse“ er mit 130.000 Todesopfern beim Bürgerkrieg befolgt hat. Ein Drittel der Bevölkerung von Syrien befindet sich auf der Flucht. Wunderschöne alte Städte liegen in Trümmern. Anderswo werden Knüppel und Tränengas zum Zerschlagen von Demonstrationen eingesetzt, nicht aber Raketen auf die eigenen Städte. Obgleich unter Druck von allen Seiten, hängt der Präsident nicht am Luxusleben. Sonst hätte er sich längst in ein goldenes Exil begeben.
Seit Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien sind nur wenige öffentliche Auftritte Assads dokumentiert. Bestürzt reagierte die Welt auf ein Interview mit Barbara Walters bei CNN im Dezember 2011. Danach hieß es, der syrische Präsident lebe in einer „anderen Welt“ und habe den Kontakt zur Wirklichkeit verloren.
Nach den schon begangenen Verbrechen, darunter einem Genozid am eigenen Volk, erübrigt sich der Versuch, bei Assad noch Interessen und Vernunft zu suchen. Um an der Macht zu bleiben, ist er bereit, über beliebig viele Leichen zu gehen. Das wiederum macht ihn unberechenbar, wie so manche andere Diktatoren vor ihm.

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