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Alternativer Gedenktag verursacht Kontroverse

Israelische Friedensaktivisten trauern gemeinsam mit Palästinensern in Tel Aviv. Dabei wird auch des Todes palästinensischer Selbstmordattentäter gedacht. Für viele Israelis ist das eine unerträgliche Vorstellung. Ein Kommentar von Ulrich W. Sahm
Im vergangenen Jahr versammelten sich am 17. April fast 8.000 Menschen für den israelisch-palästinensischen Gedenktag im HaJarkon-Park in Tel Aviv – dieses Jahr sind noch 1.000 weitere hinzu gekommen

In Tel Aviv fand während des offiziellen Gedenktags für die gefallenen Soldaten und Terror-Opfer eine alternative Feier der Organisation „Kämpfer für den Frieden“ statt. Im Jarkonpark in Tel Aviv kamen etwa 9.000 Menschen zusammen, um gemeinsam mit Angehörigen palästinensischer Opfer der Toten auf beiden Seiten des Konflikts zu gedenken. In der Nähe demonstrierten Israelis. Sie hielten diese Feier für eine „Zumutung“ und Verunglimpfung des Gedenkens der eigenen Gefallenen.

Seit 2006 wird diese Zeremonie begangen. Dabei ist das Besondere die Teilnahme von Palästinensern, deren Söhne als Selbstmordattentäter oder durch Schüsse israelischer Soldaten während Terroranschlägen ums Leben gekommen sind.

Die Organisatoren reden davon, „Frieden“ und „Versöhnung“ zu schaffen. Der Tod eines im Krieg gefallenen Sohnes sei für die israelische Mutter genauso schmerzhaft wie der Tod eines palästinensischen Selbstmordattentäters, der sich in Tel Aviv in einem Linienbus oder in einem Restaurant in die Luft sprengt und rücksichtslos auch Kinder in den Tod reißt. Die israelische Regierung hat immer wieder versucht, diese „alternative Gedenkfeier“ zu verhindern. Es wurde eine generelle Einreisesperre für Palästinenser während des Gedenk- und des Unabhängigkeitstages verhängt.

Kritik am Urteil des Obersten Gerichts

Die „Kämpfer für den Frieden“ reichten beim Obersten Gericht eine Klage ein, damit ihre geladenen Gäste aus den palästinensischen Gebieten einreisen könnten. Die Richter teilten nicht die vorgebrachten „Sicherheitsbedenken“ der Regierung und verfügten, dass 176 Palästinensern die Genehmigung erteilt werden müsse, nach Israel einzureisen, um an der Zeremonie teilnehmen zu können. Sie würden schließlich bei der Einreise an den Grenzkontrollpunkten kontrolliert und nach Waffen durchsucht. Den Richtern wurde wegen dieses Urteils von vielen Israelis vorgeworfen, sich in einen politischen Beschluss der Regierung eingemischt zu haben. Das sei in einem demokratischen Land unzulässig, zumal die Richter nicht von der Bevölkerung gewählt worden seien.

Während der Zeremonie kamen Palästinenser auch durch aufgenommene Videofilme zu Wort. Dabei hetzten sie gegen die „grausame Besatzung“. Das sei die Wurzel allen Elends. Der Raketenbeschuss der Hamas auf Zivilisten in israelischen Städten wurde nicht erwähnt. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Tel Aviv rühmt sich ihrer engen Zusammenarbeit mit jenen „Kämpfer für den Frieden“.

Unvorstellbar: Gedenkfeier für Naziverbrecher

Erstaunlicherweise ist noch keine israelische „Friedensorganisation“ oder gar die Rosa-Luxemburg-Stiftung auf die Idee gekommen, am Holocaust-Gedenktag eine gemeinsame Gedenkfeier für die sechs Millionen jüdischen Opfer des Holocaust mit Naziverbrechern oder deren Angehörigen zu organisieren.

Manche werden sich noch an die Debatte in Deutschland erinnern, als am 5. Mai 1985 Bundeskanzler Helmut Kohl zusammen mit dem amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan nach einer Kranzniederlegung im ehemaligen Konzentrationslager Bergen-Belsen die Kriegsgräberstätte Bitburg besuchte. Neben Wehrmachtsangehörigen liegen dort auch 42 Soldaten begraben, die eindeutig der Waffen-SS zugeordnet werden konnten, überwiegend Wehrpflichtige im Alter von 17 bis 19 Jahren.

Für die deutsche Volksseele war dieser Besuch des Kanzlers mit dem Gast aus den USA auf einem Friedhof mit SS-Soldaten unerträglich. Es kam zu einem weltumspannenden Skandal, obgleich Regierungssprecher Peter Boenisch damals erklärte, dass nicht alle Kriegerfriedhöfe entnazifiziert werden könnten. Kohl wollte über den Kriegergräbern den Amerikanern „zur Versöhnung“ die Hand reichen. Doch Deutsche halten die Waffen-SS für eine Verbrecherorganisation.

Genauso sehen viele Israelis heute die Hamas, die bewaffnete Armee der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO und andere Palästinensische Organisationen als Verbrecherbanden, vor allem wenn diese gezielt gegen Zivilisten vorgehen. Aus den gleichen Gründen gelten deshalb diese gemeinsamen Gedenkfeiern mit palästinensischen Angehörigen von getöteten Terroristen als unerträglich. Es stellt sich auch die Frage, wieso die Initiative für eine derartige „Versöhnungsfeier“ nicht von Palästinensern ausgeht und zum Beispiel mitten in Ramallah veranstaltet wird.

Von: Ulrich W. Sahm

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