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Zuckerberg darf Holocaust-Leugner nicht gewähren lassen

Mark Zuckerberg verteidigt, dass Facebook in den USA keine Holocaust-Leugnungen löscht. Er sagt, die Kommentatoren handelten nicht vorsätzlich. Durch das Vorgehen schürt das Unternehmen aber Fake News zum Tod von Millionen von Juden. Ein Kommentar von Martina Blatt
Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ist Jude und empfindet Holocaust-Leugnung „zutiefst beleidigend“. In den USA löscht seine Firma in der Regel keine Kommentare auf der Plattform, die den Mord an Juden während des Zweiten Weltkriegs verneinen.

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat den Umgang seines Unternehmens mit Holocaust-Leugnern verteidigt. Das soziale Netzwerk müsse nicht zwangsläufig solche Beiträge löschen, meint er. Die Gemeinschaft in den sozialen Netzwerken zeigte sich daraufhin zu Recht empört. „Ich denke, dass sie nicht absichtlich falsch liegen“, sagte Zuckerberg über Holocaust-Leugner während eines Interviews am Dienstag mit Kara Swisher, der Mitgründerin des amerikanischen Technikblogs „Recode“. Sie hatte gefragt, wie es zusammenpasse, dass Facebook die Verbreitung von Fake News bekämpfe, aber nichts gegen die Weitergabe von Verschwörungstheorien tue.

Zuckerberg meinte, Holocaust-Leugner agierten nicht vorsätzlich. Er sagte: „Ich bin Jude, und es gibt eine Reihe von Leuten, die leugnen, dass der Holocaust passiert ist. Ich finde das zutiefst beleidigend. Aber letztlich glaube ich nicht, dass unsere Plattform das löschen sollte, weil ich denke, dass es Dinge gibt, bei denen verschiedene Leute falsch liegen.“

Fatales Zeichen von einem der mächtigsten Männer der Welt

Interviewerin Swisher hielt dagegen und sagte, bei Holocaust-Leugnern könne sehr wohl Absicht dahinter stecken. Der Facebook-Gründer erwiderte, es sei schwer, Absichten nachzuvollziehen. Er wolle niemanden von der Plattform nehmen, der Fehler – auch mehrmals – mache. So lange keinem Schaden zugefügt oder ein anderer Nutzer angegriffen werde, könnten solche Beiträge auf Facebook veröffentlicht werden. In Deutschland ist Holocaust-Leugnung strafbar und Facebook blockiert hier entsprechende Einträge. Die israelische Tageszeitung „Ha’aretz“ warf Zuckerberg vor, die Komplexität der Herausforderung in der Thematik völlig zu ignorieren.

Dass einer der mächtigsten Männer der Welt anderswo Leugnungen des Mordes von Millionen Juden auf Facebook duldet, ist ein fatales Zeichen. Statt gegen solche Geschichtsverdrehungen zu kämpfen, ergibt sich eine neue Gefahr: Dass solche Beiträge salonfähig werden. Jedoch hat Mark Zuckerberg es als Chef seines Imperiums selbst in der Hand, welche Nutzungsbedingungen er erlässt.

Für seine Äußerungen kritisierten ihn User in den sozialen Netzwerken scharf. Etwa schrieb die Aktivistin Marisa Kabas auf Twitter, es sei „abscheulich“ dass der Facebook-Chef mit Holocaust-Leugnern „nachsichtig ist“. Wie die „Bild“-Zeitung schreibt, erklärte die amerikanische Organisation Anti-Defamation League, die gegen Diskriminierung und Diffamierung von Juden eintritt, dass das soziale Netzwerk eine „moralische und ethische Verpflichtung“ habe, keine Beiträge von Holocaust-Leugnern auf seiner Plattform zu verbreiten.

Facebook widerspricht sich

Später machte Zuckerberg seine Aussagen in einer E-Mail an „Recode“ nochmal deutlich: „Ich habe absolut nicht vorgehabt, die Absicht von Leuten zu verteidigen, die das leugnen.“ Ziel von Facebook sei es nicht, die Menschen daran zu hindern, etwas Falsches zu sagen, sondern die Verbreitung von Fake News und Fehlinformationen zu stoppen. Doch rein sachlich betrachtet, ist die Leugnung der Scho’ah eine Fehlinformation. Und mit dem Zulassen der Holocaust-Verneinung verbreitet Facebook ja genau das, was es nicht will: Fehlinformationen.

Das israelische Wirtschaftsmagazin „Calcalist“ gibt Zuckerberg den guten Rat, mit seinem Flugzeug nach Polen zu fliegen und dort das Warschauer Ghetto sowie Auschwitz zu besuchen. „Laufen Sie dort ein wenig herum, auch ohne Führung, und versuchen Sie sich vorzustellen, was dort vor etwas mehr als 70 Jahren geschah.“ Und dann solle er darüber nachdenken, was in einer Welt geschehen könnte, in der „Menschen nicht glauben, dass so etwas passieren kann“. Es sei egal, ob er Jude ist oder nicht, schreibt Nitzan Sadan von „The Calcalist“ – „offenbar sähe das Thema Zensur von Scho’ah-Leugnung in Facebook etwas anders aus, wenn Herr Zuckerberg das wüsste, was in Israel jedes Kind weiß.“

Ein Exkurs nach Deutschland: Eine am Mittwoch veröffentlichte einzigartige Langzeitstudie der Technischen Universität Berlin besagt, dass antisemitische Kommentare im Netz nicht nur an der Tagesordnung sind, sondern dass ihre Zahl in den vergangenen Jahren auch dramatisch zugenommen hat. Monika Schwarz-Friesel, Linguistin und Leiterin des entsprechenden Fachbereichs an der TU Berlin, kritisiert, dass Antisemitismus zwar verurteilt, aber zu selten geahndet und geächtet werde. Zudem betont sie, dass hier anti-israelische Kommentare und Judenhass miteinander vermischt würden.

Doch Deutschland muss nicht nur angesichts dieser Entwicklung aufpassen. Auch importierter Antisemitismus und Israelhass stelle ein großes Problem dar. So stellte das Jerusalemer „Institut zur Beobachtung von Frieden und kultureller Toleranz in der schulischen Erziehung“ in einer Studie fest: Israel wird in syrischen Schulbüchern dämonisiert. Im Interview der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ merkte Geschäftsführer Markus Sheff an: „Es ist heutzutage sehr einfach, Antisemitismus mit Antizionismus zu verschmelzen. In syrischen Schulbüchern wird das gar nicht erst versucht – dieser Judenhass ist offen.“ Wenn Deutschland seine immer wieder hervorgehobene Verpflichtung gegenüber Israels Sicherheit ernstnimmt, muss es hier handeln.

Die Leugnung des Mordes an Millionen von Juden wird bei Facebook in den USA wiederum nicht juristisch geahndet. Es ist allerdings ein Widerspruch, gegen Fake News zu sein, gleichzeitig aber Fehlinformationen in Form von Holocaust-Leugnung zuzulassen.

Von: Martina Blatt

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