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Wo steht der Vatikan im Syrienkrieg?

Der syrische Bürgerkrieg ist komplex. Doch der Vatikan positioniert sich deutlich zu den Kriegsparteien, wie Nahostkorrespondent Ulrich W. Sahm beobachtet hat.
Der Vatikan meint, dass Assad für die Christen in Syrien besser sei als die Rebellen

Seit 2011 herrscht in Syrien ein brutaler Bürgerkrieg, ausgelöst durch das gewaltsame Vorgehen der Regierung gegen Jugendliche, die im Süden des Landes öffentlich Protest-Graffiti an Wände gesprayt hatten. Millionen Flüchtlinge in umliegenden Ländern wie dem Irak, Jordanien, dem Libanon und der Türkei, tausende Vertriebene im eigenen Land und über eine halbe Million Tote sind die traurige Bilanz des Krieges. Ganze Städte wurden in Schutt und Asche gelegt, mehr als eine Million Menschen sind in den großen Städten eingekesselt.
Um Aleppo, die größte Metropole im Norden, tobt seit Monaten ein erbitterter Kampf. Dabei steht die Luftwaffe von Präsident Baschar al-Assad mit russischer Unterstützung dem „Islamischen Staat“ und diversen Rebellengruppen gegenüber.
Es bedarf heute wohl keiner Beweise mehr, dass dabei die großen Kriegsparteien jegliche humanen Standards außer Kraft setzen: die einen mit Fassbomben, Giftgas und dem gezielten Zerschlagen der medizinischen Versorgung, die anderen mit Massenexekutionen, Enthauptungen und der willkürlichen Zerstörung des Weltkulturerbes. Alle Gemeinschaften und ethnischen Gruppen im Vielvölkerstaat sind betroffen, darunter auch die ältesten christlichen Gemeinden. Auch die Russen begehen mit Bombardements schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Die Haltung des Vatikan

Der Vatikan gilt nicht nur im Nahen Osten als Fürsprecher der verfolgten Christen. Umso interessanter ist seine Haltung zu diesem Konflikt als Moralhüter des Westens und der Christenheit. „Radio Vatikan“ kann als offizielles Sprachrohr des Heiligen Stuhles betrachtet werden. Das ist kein übliches Pressemedium, wo kontrovers auch kritische Meinungen angeboten werden. Hier werden Äußerungen des Papstes und die offizielle Politik des Vatikan vorgestellt. Kürzlich veröffentlichte „Radio Vatikan“ ein bemerkenswertes Interview mit dem griechisch-katholisch melkitischen Erzbischof von Aleppo, Jean-Clement Jeanbart. Dieser offizielle Vertreter des Papstes offenbart die Haltung des Vatikan zum Bürgerkrieg und den in Syrien agierenden Kriegsparteien.
In dem Text werden grundsätzliche politische Haltungen des katholischen Kirchenstaates deutlich erkennbar: Der Name des syrischen Präsidenten wird zwar nicht erwähnt, doch der Erzbischof stellt sich voll hinter die Regierung Assads „und ihre Verbündeten“, womit er die islamistische Hisbollah aus dem Libanon, die Russen und den Iran meint. Nur die könnten christliches Leben garantieren. In Rebellengebieten sei kein christliches Leben mehr möglich.
Verantwortlich für Mord und Totschlag seien aus aller Welt nach Syrien geströmte Terroristen. „Sie haben schon so viele Unschuldige getötet, Männer, Frauen und Kinder.“ Die Kritik des Erzbischofs ist dabei vor allem gegen den Westen gerichtet: „Wenn Sie uns wirklich helfen wollen, dann beenden Sie endlich diesen Krieg und lassen uns Christen weiter in unserer Heimat Syrien leben.“ Weiter sagte er: „Europa spricht so oft von Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenrechten, sogar den Tieren wird Würde gegeben. Geben Sie uns auch Würde und respektieren Sie uns! Tun Sie etwas für uns! Wir werden zerstört, wir wollen aber da bleiben, wo wir sind.“

Christen in Syrien

In Syrien gab es die ältesten christlichen Gemeinden. Man denke an Paulus in Damaskus. Fast alle christlichen Konfessionen sind in Syrien vertreten, wobei orthodox-syrische Christen bis heute sogar noch Aramäisch sprechen, die Umgangssprache aus der Zeit Jesu. Im Laufe des syrischen Bürgerkriegs sind viele dieser uralten Gemeinden ausgelöscht und vertrieben worden. Gotteshäuser wurden gesprengt oder zerbombt, ohne dass westliche Medien davon Notiz genommen hätten. Immer wieder wurden Priester vom IS entführt und geköpft.
Da viele der betroffenen Gemeinden „uniert“ sind, also dem Vatikan unterstehen, könnte man erwarten, dass der Papst eine weltweite Kampagne zum Schutz seiner eigenen Gläubigen startet. Doch die meiste Zeit schwieg das offizielle Sprachrohr des Heiligen Stuhl, „Radio Vatikan“. In Aleppo lebten einst 3,5 Millionen Menschen. Jetzt sind es laut Erzbischof Jeanbart noch 1,5 Millionen. Von den 160.000 Christen sind nur mehr 60.000 in der Stadt. Sie ist geteilt in einen westlichen Teil, der von der Regierung und ihren Verbündeten gehalten wird, und den östlichen Teil, in dem die „Rebellen“ ihre Stellungen halten. Christliches Leben gibt es nur mehr im Westteil.
„Die Christen im Land wollten nichts anderes, als mit ihren muslimischen Mitbürgern in Frieden leben. Und die Mehrheit der Muslime will das auch“, so Erzbischof Jeanbart. Angeknüpft an den Wunsch der Christen, in ihrer Heimat zu bleiben, bezichtigt er die Europäer: „Sie helfen uns nicht, wenn sie Flüchtlinge in ihrem Land aufnehmen. Sie zerstören uns! Sie zerstören die Kirche und auch die Städte und das Land. Die Christen sind wichtige Elemente der Gesellschaft, positiv und wie das Salz im Essen oder Sauerteig für gutes Brot.“
Über die Regierungstruppen verliert er dabei kein Wort. Meint er wirklich, dass die Menschen aus Syrien wegen der Kriegswirren nicht fliehen würden, wenn die Europäer ihre Grenzen geschlossen hielten, obgleich Hunderttausende nach Jordanien, in den Libanon, die Türkei oder den Irak fliehen und weitere auf der Flucht im eigenen Land sind?

Trump positiver als Clinton

Jeanbart erläuterte, weshalb die Menschen im Nahen Osten den künftigen US-Präsidenten Donald Trump weit positiver sehen, als viele im Westen: „Das Positive an Trump: Wir wissen noch nicht, was er zu tun gedenkt. Da gibt es wenigstens eine Chance, dass es eine bessere Entwicklung gibt. Bei Frau Clinton war immer klar, dass sie weiter Syrien zerstört hätte.“
Hier fragt sich, wie Hillary Clinton unter Barack Obama Syrien zerstört haben soll und von welchem „Weitermachen“ der Erzbischof redet. Obama wird sonst vorgeworfen, wegzuschauen und nichts zu tun, anstatt militärisch ein Ende des Bürgerkriegs zu erzwingen. Der derzeitige US-Präsident hat wegen des Einsatzes von Giftgas gegen die Zivilbevölkerung „rote Linien“ gesetzt. Doch Obama machte in letzter Minute einen Rückzieher und verzichtete auf einen Militäreinsatz, als die syrische Regierung begann, mit Gasbomben die eigenen Bürger zu ermorden. Tatsächlich wurde Syrien dann von der UNO gezwungen, seine Giftgas-Lager zu offenbaren und zu zerstören.

Vatikan schweigt zu Verbrechen Assads

Politisch korrekt erklärt der Bischof laut „Radio Vatikan“: Im Syrien-Krieg könne es keine militärische Lösung geben. Die Konfliktparteien müssten zurück an den Verhandlungstisch und Kompromisse eingehen. Mit den fundamentalistisch-terroristischen Gruppierungen könne es keine Verhandlungen geben.
Bei Gesprächen in Genf und anderswo geht es allerdings um eine Frage, die der Vertreter des Vatikan in Aleppo tunlichst ausklammert: Ist Präsident Assad ein „Teil des Problems“, mit dem eine Lösung undenkbar ist, wie die Amerikaner argumentieren, oder ist er „Teil der Lösung“, wie es die Russen sehen? Offenbar sieht das Kirchenoberhaupt in Syriens Diktator Assad einen Retter der Christenheit vor Ort und in den Russen die rechten Helfer.
In einer anderen Meldung verkündet „Radio Vatikan“, dass in dem von den Rebellen gehaltenen Ostteil von Aleppo mit 250.000 eingeschlossenen Einwohnern zuletzt das Omar-Bin-Abdul-Asis-Krankenhaus zerstört worden sei. Doch der Papstsender verschweigt auch hier, wer die Täter sind, die dafür gesorgt haben, dass nun 250.000 Menschen bei schweren Kämpfen ohne ein einziges Hospital verblieben sind. Klar ist, dass dort nur Assads Armee Artillerie einsetzen kann und dass die IS-Rebellen wohl kaum ein Hospital in dem von ihnen selbst gehaltenen Gebiet zerstören würden. Tatsächlich wurde es durch Bombardements des syrischen Regimes und seiner Verbündeten getroffen (laut der „Neuen Zürcher Zeitung“). Wie die „Bild“-Zeitung aus Aktivisten-Kreisen in Aleppo erfuhr, setzten die angreifenden Luftwaffen auf Bombenangriffe mit Sprengstoff und Chlorgas. So sollten die Gas-Angriffe verschleiert werden, da die Opfer dann auch blutende Wunden aufwiesen.
Hier sei angemerkt, dass unter dem Assad-Regime, Vater Hafes wie Sohn Baschar, eine andere Urgemeinde endgültig vertrieben und ausgerottet worden ist: heute lebt kein einziger Jude mehr in ganz Syrien. Auch dazu schweigt der Vatikan.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei www.audiatur-online.chRivlin betont bei Treffen mit Vatikan-Vertreter gemeinsame Werte (inn)
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