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Rückblick: Der Zweite Libanonkrieg und seine Folgen

Vor zehn Jahren bombardierte die Hisbollah Zivilisten in Nordisrael mit 4.000 Katjuscharaketen. Die israelische Armee griff militärische Ziele der Terrormiliz im Südlibanon an. Die Medien spielten damals eine zwiespältige Rolle, wie Nahostkorrespondent Ulrich W. Sahm beobachtet hat.
Dank des Geheimdienstes entdeckte die Armee viele Raketenverstecke der Hisbollah
Kaum ein anderer Krieg ist bis heute so umstritten wie der Zweite Libanonkrieg von 2006. Die israelische Armee war unvorbereitet. Soldaten wurden in Turnschuhen und ohne Trinkwasser in die Schlacht geschickt. Viele Israelis reden bis heute von einem „verlorenen“ Krieg. Im Rückblick hat Israel jedoch trotz dieser Kleinigkeiten durchschlagend gesiegt. Die damals erlangte Abschreckung wirkt bis heute nach.

Zehn Jahre Waffenruhe

Seit der Gründung des Staates Israel haben die Menschen in Galiläa, im Norden Israels, keine so lange Ruhepause ohne Raketen und Attacken genossen – von wenigen Ausnahmen abgesehen. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah protzt zwar großmäulig damit, über 100.000 Raketen aus dem Iran zu besitzen, mehr als alle europäischen NATO-Länder zusammengenommen. Aber seine Reden werden in seinem Bunker aufgezeichnet, weil er sich aus Furcht vor einem israelischen Attentat kaum an die frische Luft wagt. Abgesehen von dem Streit um den Erfolg: „Krieg“ steht hier an sich in Anführungsstrichen, weil es sich 2006 nicht um einen Krieg gegen das Nachbarland handelte, sondern um eine Militäroperation gegen die hochbewaffnete Hisbollah-Miliz. Kriege führen gemäß der Haager Kriegskonvention nur Staaten mit stehenden Armeen, nicht aber Milizen oder „bewaffnete Parteien“. Begonnen hatte das Ganze am 12. Juli 2006. Ein Hisbollah-Kommando war nach Israel eingedrungen und hatte auf der Patrouillenstraße an der Grenze einen Militärjeep überfallen. Mehrere Soldaten wurden getötet; zwei verletzte Soldaten, Eldad Regev und Ehud Goldwasser, wurden entführt. Zur Ablenkung hatte die Hisbollah Raketen auf israelische Ortschaften in Galiläa geschossen. Für Israel waren beide Vorfälle eine „Kriegserklärung“. Dazu sollte man wissen: Israel reagiert zudem extrem empfindlich auf Entführungen und war schon mehrfach bereit, fast jeden Preis zu zahlen, um Entführte heimzuholen, schlimmstenfalls sogar deren Leichen. Nach dem Anschlag auf die Patrouille drang Israel mit Panzern in den Libanon ein und bombardierte Brücken, um die Verschleppung der Entführten in den Norden zu verhindern. Dank jahrelanger geheimdienstlicher Aktivitäten konnte Israel fast alle Raketenarsenale und Abschussrampen der Hisbollah im Libanon auskundschaften und schaltete sie nun innerhalb von zwei Tagen aus. Derweil verunsicherte die Hisbollah den gesamten Norden Israels bis Haifa. Sie nahm mit 4.000 Katjuscharaketen willkürlich israelische Städte ins Visier, darunter arabische Städte wie Nazareth und Akko. Das Ziel waren Zivilisten. Israel hingegen hat mit Kommandounternehmen und Luftangriffen vor allem strategische Ziele der Hisbollah getroffen. Dazu gehörten der Flughafen von Beirut, ein Kraftwerk und Brücken, die von libanesischer Seite natürlich als „zivile Infrastruktur“ definiert wurden. Unvergessen ist ein verlustreicher Kampf im grenznahen Dorf Bint Dschbeil. Dort hatte die Hisbollah ihre Waffenlager und Stellungen in der Moschee und in Privathäusern eingerichtet, im Glauben, dass Israel solche „zivilen“ Ziele nicht angreifen würde.

Kein Krieg gegen die libanesische Armee

Nach dem Krieg veröffentlichte Statistiken sprechen eine eigene Sprache. Auf israelischer Seite wurden 121 Soldaten und 46 Zivilisten getötet. Hinzu kamen mehr als 2.600 Verwundete. Die Zivilisten suchten in Bunkern und Luftschutzkellern Zuflucht, die in jedem Neubau seit den 1950er Jahren Pflicht sind. Gemäß offiziellen libanesischen Angaben gab es etwa 1.200 Tote, wobei zwischen Zivilisten und Hisbollah-Kämpfern nicht unterschieden wurde. Die libanesische Armee beklagte lediglich 43 Tote, ein untrügliches Zeichen dafür, dass Israel keinen Krieg gegen den Libanon oder seine Armee geführt hat. Bei den Toten im Libanon fügten die Nachrichtenagenturen ihren üblichen Spruch „überwiegend Frauen und Kinder“ hinzu. Doch das stimmt nicht. Israel zählte 800 tote Hisbollah-Kämpfer. Ein namenloser Agent wurde beim Hintergrundgespräch mit Journalisten in Jerusalem gefragt, woher er das wisse. „Wir haben die Gräber gezählt.“ Auf den Gräbern ist neben den Symbolen der Hisbollah der Rang des Gefallenen verzeichnet. 800 Tote bei damals etwa 5.000 Kämpfern der Hisbollah waren ein enormer Verlust. Denn hinzu kamen noch knapp dreimal so viele kampfunfähige Verwundete.

Medien: Rauch ohne Feuer

Den Unterschied zwischen genau gezielten israelischen Angriffen und willkürlichen Attacken der Hisbollah konnte damals jeder Fernsehzuschauer beobachten. In Beirut standen die Reporter mitten auf der Straße, „weil die Israelis ja nur in der Hisbollah-Hochburg Dahia bombardieren“. Reporter in Haifa konnten hingegen nur aus gesicherten Unterständen heraus in die Kamera reden. Eine zwielichtige Rolle spielten die Medien bei ihrem Versuch, „exzessive Gewalt“ Israels gegen Zivilisten im Libanon zu beweisen. Der Reuters-Fotograf Adnan Hajj wurde fristlos entlassen und seine Bilder wurden gesperrt, nachdem Blogger nachgewiesen hatten, dass er einem Foto von Beirut per Photoshop Rauchwolken hinzugefügt hatte, um das Bild „interessanter“ zu machen. Fälschungen und gestellte Fotos, von der Hisbollah inszeniert, gab es auch im Dorf Kana und anderswo. Auffällig neutral verhielt sich die Arabische Liga. Sie veröffentlichte nur verhaltene Kritik an Israel, kreidete aber betont die iranische Besetzung einer Insel im Persischen Golf an. Und gar nicht so insgeheim haben damals schon arabische Staaten dafür gebetet, dass Israel doch nachhaltig die vom Iran unterstützte schiitische Hisbollah-Miliz schlagen möge. Heute, nach Ausbruch des „Arabischen Frühlings“ und angesichts des Kampfes zwischen Schiiten und Sunniten leuchtet das ein. Damals war es ein wenig beachtetes Vorspiel zum heutigen Chaos in der arabischen Welt.

Eine neue Ordnung

Die relative Ruhe entlang der Grenze zwischen Israel und dem Libanon ist auch wirksamen Beschlüssen der UNO zum Waffenstillstand zu verdanken. Die UNIFIL-Friedenstruppen erhielten ein klares Mandat, die Hisbollah zur Not mit Gewalt von der Grenze fernzuhalten. Entsprechend wurden die Blauhelme aufgerüstet und verstärkt. Bis 2006 hatte die libanesische Armee über Jahrzehnte kaum Zugriff im Südlibanon. Zwischen 1970 und 1982 wurde der Süden von Kämpfern der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) kontrolliert. Danach übernahm die Hisbollah-Miliz. Nachdem Israel die Hisbollah dezimiert hatte, konnte die libanesische Armee 2006 erstmals wieder in den Süden des Landes verlegt werden. Obgleich die Hisbollah auch heute noch im Südlibanon präsent ist und sich angeblich auf den nächsten Krieg gegen Israel vorbereitet, dürfte der „bewaffnete Arm“ der „Partei Allahs“ in absehbarer Zeit keinen erneuten Kriegsgang gegen Israel wagen. Nach erheblichen Verlusten im benachbarten Syrien, wo sie auf Seiten der Regierung von Baschar al-Assad kämpft, wurde die Kritik im Libanon immer lauter. Denn letztlich sind es die Söhne des Libanon, die den Kopf hinhalten müssen für fragwürdige politische Abenteuer von Hassan Nasrallah und anderen Extremisten. Dieser Beitrag erschien zuerst bei www.audiatur-online.ch

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