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Die Meerenge von Tiran

Die Übergabe der Inseln Tiran und Snapir im Roten Meer von Ägypten an Saudi-Arabien hat in Kairo einen Aufschrei der Empörung ausgelöst. Aus Israel gibt es sowohl Kritik als auch Zustimmung. Eine Analyse von Ulrich W. Sahm.
Die Brücke könnte Saudi-Arabien mit der Insel Tiran verbinden und von dort weiter zur Sinai-Halbinsel führen
Saudi-Arabien und Ägypten wollen eine Brücke über das Rote Meer bauen, die beide Länder verbindet. Im Rahmen dieser Vereinbarung hat Ägypten an Saudi-Arabien die Kontrolle über die Inseln Tiran und Snapir in der Meerenge von Tiran am „Eingang“ zum Golf von Akaba übergeben. Ägyptens Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi wird nun vorgeworfen, ägyptisches Mutterland für 16 Milliarden US-Dollar saudischer Finanzhilfe zu veräußern. Das stehe eine Stufe vor Hochverrat. Noch muss das ägyptische Parlament dem Projekt zustimmen. Weltweites Aufsehen erlangte dieses Geschäft, als Saudi-Arabien verkündete, mit einer Hochbrücke Asien mit Afrika bei den unbewohnten Inseln verbinden zu wollen, vergleichbar mit der Bosporus-Brücke bei Istanbul, die Europa mit Asien verbindet. Obgleich von dem Projekt direkt betroffen, hatte Israel zunächst geschwiegen. Inzwischen haben jedoch Experten und Politiker damit verbundene rechtliche Probleme aufgeworfen. Dennoch hat der israelische Verteidigungsminister Mosche Ja‘alon die Übergabe der Inseln und den geplanten Bau der Brücke ausdrücklich begrüßt.

Geschichtlicher Rückblick

Die beiden Inseln gehörten bis 1950 zu Saudi-Arabien. Sie wurden an Ägypten verpachtet, damit es die Meerenge mit seiner Armee besser vor Übergriffen, vor allem von Israel, schützen könne. 1967 missbrauchte der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser die Inseln, um einen Kriegsfall gegen Israel zu konstruieren. Er sperrte die Meerenge für Schiffe auf dem Weg ins israelische Eilat. Das interpretierte der jüdische Staat als offene Kriegserklärung. Kurz darauf brach tatsächlich der Sechs-Tage-Krieg aus, auch wegen anderer ägyptischer Provokationen, wie der Abberufung von UNO-Friedenstruppen im Sinai. Damals hatte der Hafen von Eilat im Süden Israels eine große strategische Bedeutung. Nur durch die Meerenge von Tiran konnte Israel bis zur Chomeini-Revolution 1979 mehr als 25 Prozent seines Ölbedarfs heimlich aus dem Iran beziehen. Mit der Schließung der Meerenge war Israel von der Ölzufuhr abgeschnitten. Mehrmals hatte Israel die Inseln erobert und besetzt. Erstmals 1956, beim Sinaikrieg, und dann in der Zeit zwischen 1967 und der Umsetzung des Friedensvertrags mit Ägypten 1982. Kairo verpflichtete sich in dem Friedensabkommen mit Israel ausdrücklich, eine freie Durchfahrt von Schiffen zu garantieren. Aus diesem Grund wurde auf einer der Inseln ein Stützpunkt der MFO-Friedenstruppen errichtet, um den Schifffahrtsweg zu kontrollieren.

Israelische Bedenken und Zustimmung

Nun monieren israelische Rechtsexperten, dass Saudi-Arabien nicht Partner des Friedensabkommens zwischen Israel und Ägypten sei. Durch die Übergabe der Inseln sei die ägyptische Verpflichtung an Israel gegenstandslos geworden. Während Israels Justizministerium auf einer schriftlichen Formalisierung der Abkommen besteht, behauptete der Likudpolitiker und Verteidigungsminister Ja‘alon im Kabinett von Premier Benjamin Netanjahu, dass Saudi-Arabien an Israel eine schriftliche Erklärung abgegeben habe, freie Schifffahrt in der Meerenge von Tiran, nun unter saudischer Souveränität, garantieren zu wollen. Entsprechend habe Israels Regierung auch dem geplanten Bau der Brücken zugestimmt. Der Hafen von Eilat soll heute dem ägyptischen Suezkanal Konkurrenz machen. Sobald die Chinesen eine geplante Eisenbahntrasse zwischen Eilat und dem Norden Israels fertiggestellt haben, könnten sich Schiffe aller Nationen die hohen Gebühren für eine Durchfahrt des Kanals sparen und die Container auf dem Landweg von Eilat zum Mittelmeerhafen Aschdod transportieren lassen. Sehr viel mehr wäre freilich Jordanien von einer möglichen Sperrung der Meerenge betroffen. Denn sein einziger Zugang zum Meer geht über den Hafen von Akaba, direkt gegenüber des israelischen Hafens in Eilat. Doch da Saudi-Arabien und Jordanien verbündet sind, gibt es in Amman offenbar keine Bedenken. Dank des Friedensvertrages zwischen Israel und Jordanien kann das Haschemitische Königreich seine Waren auch auf dem Landweg zum nordisraelischen Hafen Haifa transportieren und in alle Welt exportieren. Bedenken gegen das Abkommen melden inzwischen auch ägyptische Touristik-Unternehmer an. Obgleich die Saudis behauptet haben, mit dem Brückenprojekt auch der ägyptischen Tourismusindustrie helfen zu wollen, wird befürchtet, dass Touristen aus dem ägyptischen Scharm el-Scheich künftig nicht mehr bei den Korallenriffs vor den nun saudischen Inseln schnorcheln könnten. (uws)

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