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1924 – Britische Machtspiele

In diesem Jahr erinnern wir uns an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Dieses Ereignis hat nicht nur Europa, sondern auch die Landkarte des Orients grundlegend verändert.
Kampf ums noch osmanische Jerusalem: Nach dem Ersten Weltkrieg enttäuschten die Briten Juden und Araber.

Mit großen Erwartungen reisten Araber und Juden 1918 nach Frankreich. Der bis dahin größte Krieg der Menschheit war nach vier Jahren für die westlichen Alliierten siegreich zu Ende gegangen. Jüdische Kampfverbände hatten in deren Reihen gestanden. Arabische Beduinenstämme hatten unter Führung des legendären „Lawrence von Arabien“ für die Engländer gekämpft. Nun hofften Chaim Weizmann und Emir Faisal auf die Einlösung jener britischen Versprechen, die 1917 in der „Balfour-Erklärung“ und zuvor 1915 schon in den „McMahon-Papieren“ enthalten waren. Es ging um eine jüdische Heimstätte in Palästina und die arabische Selbständigkeit vom Indischen Ozean bis zum Euphrat.

Pläne für Palästina

Während die Großmächte an den Verhandlungstischen in Versailles und St. Germain neue Landkarten zeichneten, trafen sich Weizmann und Faisal zu freundschaftlichen Gesprächen über die Zukunft des Landes am Jordan. Im Januar 1919 schlossen beide ein Abkommen, das folgendermaßen begann: „Seine Königliche Hoheit Emir Faisal, in Vertretung und handelnd im Namen des Arabischen Königreiches Hedschas, und Dr. Chaim Weizmann, in Vertretung und handelnd im Namen der Zionistischen Organisation, haben, eingedenk der rassischen Verwandtschaft und der uralten Bande, die zwischen Arabern und dem jüdischen Volk bestehen und in der Erkenntnis, dass der sicherste Weg zur Vollendung ihrer nationalen Bestrebungen über eine möglichst enge Zusammenarbeit in der Entwicklung des Arabischen Staates und Palästinas führt …“(1).
Das alles blieb Papier. Bereits 1924 wurden andere Grenzen gezogen – das Ergebnis kriegerischer Auseinandersetzungen in Arabien. Jahrhunderte lang waren die Haschemiten die Herren von Mekka gewesen, als Hüter der heiligen islamischen Stätten. Hussein Ibn Ali, der Vater von Faisal, war von 1908 bis 1916 Scherif von Mekka und Hedschas gewesen. Nach dem Ende des Krieges hatte er auf die Unabhängigkeit von den Türken und die Herrschaft über das Land vom Libanon bis zum Persischen Golf gehofft. Doch genau das geschah nicht.
Im Mai 1916 hatten Engländer und Franzosen das Erbe der Osmanen unter sich aufgeteilt. Im Sykes-Picot-Abkommen wurden jene Grenzen durch den Orient gezogen, die bis heute bestehen. Der Libanon und Syrien wurden französisches Mandat. Ägypten, Irak und Palästina wurden Großbritanniens Schutz zugeordnet.

Neue Staatengebilde

Die britische Politik des „Teile und Herrsche“ änderte das Machtgefüge in der arabischen Welt. Gestärkt wurde das Haus Ibn Saud. Es wurde gegen die Haschemiten in Stellung gebracht und militärisch aufgerüstet. 1924 erfolgte der saudische Angriff auf das Königreich der Hedschas, wo Hussein regierte, nachdem die Briten ihn als Scherif von Mekka entmachtet hatten. Die wahabitischen Saudis besiegten Hussein. Abdal Assis Ibn Saud übernahm das Königreich der Hedschas. 1932 formierte sich „Saudi-Arabien“. Hussein war bereits 1931 im Exil auf Zypern gestorben. Im Machtpoker um den Nahen Osten hatte London erfolgreich gespielt und gewonnen. In Folge der Pariser Verträge hatten die westlichen Demokratien eine Reihe orientalischer Königreiche geschaffen und so ihre Vorherrschaft gesichert. Allerdings waren Demokraten nicht in der Lage, Demokratien einzurichten. Vielmehr haben sie Despoten an die Macht gebracht. Dies ist bis heute vielfach das Ergebnis westlicher Nahostpolitik.
Damals wurden Husseins Söhne zu Königen von Londons Gnaden gemacht. Nachdem der Völkerbund Großbritannien das Mandat über Mesopotamien übertragen hatte, wurde 1920 Abdallah Ibn Hussein die Herrschaft über den Irak zugesprochen. Bruder Faisal wurde als König von Syrien ausgerufen. Doch die Araber forderten mehr: ein arabisches Großreich ohne westliche Teilungsgrenzen. Eine Rebellion gegen die Briten schlug fehl. Faisal wurde von den Franzosen aus Damaskus vertrieben und zum König über den Irak gemacht.
Um neue Aufstände zu verhindern, musste für Abdallah Ibn Hussein ein anderer Thron gefunden werden. Er wurde Emir von Transjordanien und später König über Jordanien. Um den Haschemiten auch ein Heiligtum zu unterstellen, gab London ihnen die Herrschaft über die heiligen Stätten des Islam in Jerusalem. Dort wurde Abdallah am 20. Juli 1951 von einem arabischen Extremisten ermordet.
Längst waren die Absprachen von 1919 aus Paris vergessen, das Weizmann-Faisal-Abkommen Makulatur geworden. Im Schatten der verweigerten arabischen Unabhängigkeit, der durch den Westen gekränkten Ehre der stolzen Wüstensöhne, war der arabische Nationalismus erwacht. Er richtete sich gegen den Westen und gegen die Juden, die aus dem Westen nach Palästina kamen. Schon 1921 forderten antijüdische Aktionen Opfer auf beiden Seiten. Die Ausschreitungen und Pogrome setzten sich mit dem Massaker von Hebron 1929 und dem arabischen Aufstand von 1936 fort und mündeten in den Nahostkonflikt der Gegenwart.
(1) Friedrich Schreiber, Kampf um Palästina. Eine 3000jährige Geschichte der Gewalt (München: Langen-Müller, 1992), 78f.

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