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„Kultur-Intifada“ – Archäologische Schätze vom Tempelberg vernichtet

Sensationell sieht es nicht aus, wie Dutzende von jungen Leuten am Fuße des Jerusalemer Skopusberges eimerweise Dreck einweichen, um ihn dann über Sieben auszuwaschen. Doch die Volontäre von Professor Gabriel Barkay befreien archäologische Schätze aus mindestens drei Jahrtausenden von den Staubverkrustungen, die sie so lange gefangen hielten. Und die „Drecksarbeit“ des jüdischen Archäologieprofessors enthüllt einen Skandal – die Vernichtung eines Weltkulturerbes –, der eigentlich einen internationalen Aufschrei wert wäre.

„Parallel zur bewaffneten Intifada gibt es eine kulturelle Intifada der Palästinenser“, erklärt Gabi Barkay. „Das haben wir beim Brennen des Josefsgrabes in Nablus gesehen und bei der Vandalisierung antiker Synagogen in den umstrittenen Gebieten.“ „Die Palästinenser leugnen nicht nur den Holocaust, sondern auch die historische Verbindung des jüdischen Volkes zum Jerusalemer Tempelberg – und bemühen sich alle Beweise für einen jüdischen Tempel zu vernichten.“

Aus seiner Schatzkiste, die er nicht aus den Augen lässt, holt Professor Barkay vorsichtig die wertvollsten Fundstücke, die praktisch die gesamte Menschheitsgeschichte umfassen. Neben eine babylonische Pfeilspitze aus der Zeit, als Nebukadnezar den ersten Tempel zerstörte, legt er Pfeilspitzen der Hellenen, Perser und Kreuzfahrer.

Dann kommen eine Tonscherbe mit den althebräischen Buchstaben „Hei“ und „Ain“ und ein Elfenbeinkamm zum Vorschein, der mit den Reinigungsriten im Tempel in Verbindung gebracht wird. „Wenn wir den richtig untersuchen, finden wir noch die Läusenissen daran“, meint Barkay schmunzelnd und kommt dann richtig ins Schwärmen: „Diese kleine Tonscherbe mit dem runden Loch stammt von einer Opferschale im Tempel.“ Um einen profanen Gebrauch nach einer Opferung unmöglich zu machen, wurden Opfergefäße im zweiten Tempel nach dem Gebrauch durchlöchert.

Die erste Münze, die Barkays Mitarbeiter gefunden haben, stammt aus der Zeit des jüdischen Aufstands gegen die Römer und trägt die Inschrift „Cherut Zion“, „Freiheit Zions“. Auf einer Münze aus der Zeit des Johannes Hyrkanus, des Enkels des Hohenpriesters Mattathias aus Modein, der den Makkabäeraufstand gegen die Hellenisten initiierte, steht: „Jochanan, der Hohepriester und Freund der Juden“. „Und diese Münze ist von Johannes Hyrkanus’ Sohn, Alexander Jannai.“ Professor Barkay lässt die kleine verwitterte Kostbarkeit zurück in den winzigen Umschlag gleiten.

Der kunstvoll und realitätsnah gestaltete Kopf eines Ziegenbocks aus Ton – die Hörner waren ursprünglich wohl aus Holz, sind im Laufe der Zeit aber abgefallen oder verfault. Die Archäologen rätseln, dass der Ziegenbock wohl aus dem römischen Panskultus stammt. Der Überrest einer Astartefigur aus der Zeit des Solomonischen Tempels zeigt, so Barkay, „dass die alttestamentlichen Propheten wirklich etwas hatten, wogegen sie angehen mussten.“

Kostbarkeiten ohne Ende gleiten durch die Hände des Professors. Intuitiv ordnet „das wandelnde Lexikon“, wie ihn seine Mitarbeiter bewundernd betiteln, die Fundstücke ein in die lange Geschichte des Tempelbergs, und sein Schatz an Erzählungen scheint unermesslich. Öllampen mit christlichen Inschriften, eine Goldmünze von Napoleon I. aus dem Jahre 1858 und Bronzeschmuck mit Einlegearbeiten oder einen arabischen Silberring legt er auf den Tisch, aber auch einen verwitterten Siegelabdruck aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., auf dem neben einem fünfzackigen Stern die Inschrift „Yerushalem“, der aramäische Name für „Jerusalem“, zu erkennen ist.

Ein Medaillon hat im 16. oder 17. Jahrhundert vermutlich Christen als Amulett gedient und zeigt – die Wissenschaftler sind sich noch nicht hundertprozentig sicher – entweder den Heiligen Christopherus oder Johannes den Täufer. Auf einem kleinen Bronzekreuz aus dem 19. Jahrhundert, das Freimaurern zugerechnet wird, die sich in der Tradition der Erbauer des Salomonischen Tempels sehen, ist der Heilige Gral zu erkennen.

Erst 15 bis 20 Prozent des Materials, das sie sichern konnten, haben Gabi Barkay und seine Freiwilligen gesichtet. „Es waren ein paar wenige Tage im November 1999“, erzählt Barkay, da wurden diese Schätze „brutal und illegal“ ausgegraben und circa 300 Lastwagenladungen weggeschafft. Der damalige Premierminister Ehud Barak hatte der muslimischen Verwaltung die Genehmigung erteilt, einen Notausgang für die neue al-Marwani-Moschee in der Südostecke des Areals auszugraben – „ohne zuvor Ingenieure oder Archäologen zu konsultieren!“

„Schuld daran ist“, nach Ansicht Gabriel Barkays, „die Idee der Administration von William Jefferson Clinton, der eine geteilte Souveränität für den Tempelberg vorgeschlagen hatte: Alles, was auf dem Tempelberg über der Erdoberfläche ist, sollte unter islamischer Souveränität stehen, alles unter der Erdoberfläche sollte unter jüdischer Souveränität stehen.“ Das Ergebnis war, dass der Waqf, die islamische Behörde, die den Tempelberg verwaltet, anfing zu graben, um so viel wie möglich über die Erdoberfläche zu bringen. Dabei haben sie auch eine Reihe von Gebäudestrukturen aus islamischer und Kreuzfahrerzeit zerstört.

Ursprünglich wollte der Waqf auch die großen Bruchstücke, Säulen, Skulpturen und Kapitelle „entsorgen“. Doch dann hat das Oberste Gericht Israels vor ein paar Wochen die Entfernung der archäologischen Schätze vom Haram a-Scharif, wie die Araber den Tempelberg nennen, verboten. Erstaunlich ist, dass sich die Moslems offensichtlich an das israelische Verbot halten.

Bislang hatten offizielle Vertreter des Staates Israel immer den Eindruck erweckt, als könnten sie auf dem drittheiligsten Ort des Islam und dem heiligsten Ort des Judentums keinen Stein umdrehen, ohne einen dritten Weltkrieg auszulösen. Die Genehmigung Baraks im Jahre 1999 und das neue Verbot des Obersten Gerichtshofes Israels legen allerdings nahe, dass der Staat Israel keine unwesentliche Mitverantwortung an der Vernichtung unschätzbarer Werte trägt. „Anstatt uns zu helfen, legt uns die israelische Altertumsbehörde Steine in den Weg“, beklagt sich der Archäologieprofessor. Immerhin enthüllt dieses ganze Kapitel die Unfähigkeit der israelischen Regierung, den Tempelberg zu schützen. „Die Altertumsbehörde kann ihrem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht werden!“

Professor Gabriel Barkay will jetzt nachholen, was der Staat Israel versäumt und retten, was noch zu retten ist. Mit bis zu 70 Freiwilligen und privaten Spenden treibt er seine Arbeit voran. Allein um das von ihm gesicherte Material sichten zu können, fehlen ihm aber noch 60.000 US-Dollar – und in el-Assarije, im Kidrontal und in der Prophetenstraße liegen noch viele LKW-Ladungen des heiligen Schutts. Rechtlich wird Barkays Projekt von der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan abgedeckt.

„Aber sind auf diese Weise nicht doch Fundsachen ans Licht gekommen, die sonst noch immer unter moslemischer Herrschaft begraben lägen?“, fragt ein israelischer Journalist. „Ich würde lieber warten, bis der Messias kommt und dann angemessene Ausgrabungen durchführen“, erwidert Barkay frustriert. „Das Problem ist, dass wir das Material weder Ausgrabungsschichten noch Mauerresten zuordnen können. Wir wissen nur, dass es aus dem Areal unmittelbar nördlich der so genannten Pferdeställe Salomos stammt.“

Der heutige Tempelberg wird in der Bibel mit dem Berg Morija identifiziert, auf dem Abraham dem Befehl Gottes, seinen Sohn Isaak zu opfern, nachkommen wollte. König David kaufte das Areal dann von Arauna, dem Jebusiter, und Davids Sohn Salomo baute den ersten Tempel. Von den Babyloniern im 6. Jahrhundert v. Chr. zerstört wurde 70 Jahre danach ein zweiter Tempel eingeweiht und kurz vor der Zeit Jesu von Herodes dem Großen zu einem der sieben Weltwunder ausgebaut. Der herodianische Tempel wurde im Jahre 70 n. Chr. von den Römern zerstört. Bevor im 7. Jahrhundert die al-Aksa-Moschee und der Felsendom errichtet wurden, standen auf der Plattform noch heidnische und christliche Heiligtümer.

Fotos von der Forschungsstätte (von Johannes Gerloff)

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