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Klischees und Wirklichkeit in Zeiten des Krieges

Im Kampf Israels gegen die Hamas bestimmen längst die üblichen Missverständnisse die öffentliche Wahrnehmung. Israel kämpft nicht alleine gegen eine Terror-Organisation, die das Land bedroht und auch der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen schadet - Israel kämpft auch gegen die vorschnellen Verurteilungen seines Militäreinsatzes. Nahost-Korrespondent Ulrich W. Sahm (Jerusalem) kommentiert die häufigsten Behauptungen in Zeiten des Krieges. (ad)


„Der Konflikt kann nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden.“

Tatsache ist, dass die Hamas ihr Machtstreben mit militärischen Mitteln gelöst hat. Sie putschte gegen die Autonomieregierung und vertrieb mit brutaler Gewalt die fatahtreuen Vertreter der Zentralregierung in Ramallah. Mit militärischen Mitteln terrorisierte sie die israelische Bevölkerung im grenznahen Gebiet. Mit Raketenangriffen unterstrich Hamas das Ende der Waffenruhe. Die Entführung des israelischen Soldaten Gilad Schalit und weitere Gewalt, wie der Beschuss der Grenzübergänge, verhinderte die Lieferung von Hilfsgütern und festigte die Herrschaft der Hamas im Gazastreifen. Ob es im Gegenzug Israel gelingt, ebenfalls mit Gewalt diese Machtbasis der Hamas zu schwächen oder gar zu zerstören, muss sich erst noch erweisen.

In den vergangenen Tagen wurden nach Angaben der Hamas, fast alle ihre militärische Einrichtungen zerbombt. Viele in Gaza hergestellte oder durch Schmugglertunnel von Iran importierte Grad-Raketen wurden zerstört. Die Hamas verlor Befehlshaber und 80 frisch ausgebildete Offiziere. Die Befehlsstruktur wurde zerstört und der Fernsehsender ausgeschaltet. Hamas-Führer mussten sich in den Untergrund begeben, um nicht Opfer gezielter Tötungen der israelischen Luftwaffe zu werden. Ohne Verwaltungsapparat, Sicherheitskräfte, Finanzen und Hierarchie kann die regierungsähnliche Hamas nicht bestehen. Sie ist verwundbar.

Ideologie allein reicht nicht aus, um als Herrscher im Gazastreifen und als aktive Feindeskraft gegen Israel bestehen zu können. Die ideologisch hochmotivierte Hamas konnte sich bisher nur durch Verhaftungen, Morde, Vertreibung und andere Gewalt gegen ihre inner-palästinensischen Gegner behaupten. Wenn also vermeintlich Gewalt keine Probleme lösen könne, fragt sich, wieso die Hamas sehr wohl ihre Probleme mit Gewalt löst und wieso Israel ganz grundsätzlich die Fähigkeit abgesprochen wird, ebenso mit Gewalt zu kontern.

„Nur durch Gespräche mit der Hamas kann Israel das Problem lösen.“

Die Autonomiebehörde in Ramallah ist eine Selbstverwaltung von Israel Gnaden. Offizieller Verhandlungspartner des palästinensischen Volkes ist allein die PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation). Ihr Chef ist auch Präsident der Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas. Die heutige Staatenwelt wird  durch Mitgliedschaft in der UNO definiert. Die Hamas herrscht jedoch weder in einem anerkannten Staat, noch gilt sie als anerkannte „Regierung“ ihres Territoriums. Die Hamas ist nicht einmal Mitglied der PLO und übernahm die Macht in Gaza durch einen „illegalen“ Putsch. Kein Land der Welt anerkennt die Hamas als Herrscher in Gaza. Gespräche Israels mit der Hamas würden die Legitimität der PLO als exklusiver Vertreter aller Palästinenser in Frage stellen. Zudem würden so die von der Hamas nicht einmal anerkannten Osloer Verträge außer Kraft gesetzt. Die bilden jedoch die rechtliche Grundlage für die Existenz der Autonomiebehörde und des palästinensischen Parlaments. Abgesehen von der Tatsache, dass die Hamas sich weigert, mit dem „illegitimen zionistischen Gebilde“ zu reden, tut sich Israel schwer, mit einer Organisation zu verhandeln, die Israels Zerstörung anstrebt. Hinzu kommt, dass die Hamas von der EU, der UNO, den USA und Israel als Terrororganisation geächtet wird, solange sie nicht der Gewalt absagt, Israel anerkennt und bestehende Verträge akzeptiert. Gespräche Israels mit der Hamas würden keine Probleme lösen, sondern neue Probleme schaffen und mit Gewissheit keinen Frieden herbeiführen.

„Ideologien können nicht gewaltsam ausgelöscht werden.“

Die menschenverachtende Ideologie der Hamas hat ihre Ursprünge weder in der Blockade Israels gegen den Gazastreifen noch in der seit 1967 andauernden Besatzung. Die Hamas ist ein Ableger der ägyptischen Moslembrüder und ihrer Ideologie aus den zwanziger Jahren. Ausgerechnet die europäische Geschichte beweist, dass Staatsideologien durchaus mit Gewalt besiegt und beseitigt werden können. Nationalsozialismus, Faschismus, Stalinismus und der Kommunismus gingen ebenso unter wie die Weltreiche der Griechen, Römer, Mesopotamier und anderer vergessener Völker.

„Israels Vorgehen im Gazastreifen ist völkerrechtswidrig.“

Die Genfer Konventionen verbieten ein absichtliches Töten von Zivilisten. So gesehen sind auf israelische Städte abgeschossene Raketen der Hamas in jedem Fall ein Kriegsverbrechen. Menschenrechtsorganisationen erwähnen das ganz selten in verstecken Nebensätzen. Die überwiegende Mehrheit der von Israel im Gazastreifen getöteten Palästinenser sind Kämpfer der Hamas. Vorerst scheint Israel „Kolateralschaden“ weitgehend zu vermeiden. Laut Genfer Konventionen verwandeln sich Schulen und Krankenhäuser in legitime militärische Ziele, sowie sie für militärische Zwecke missbraucht werden. In den nächsten Tagen dürften die zivilen Opfer drastisch ansteigen, sowie Israel – wie angekündigt – jene Privathäuser bombardiert, in denen die Hamas Raketen und andere Kampfmittel versteckt. Die Bewohner dieser Häuser wurden durch Anrufe des israelischen Geheimdienstes vorgewarnt. Gemäß dem Völkerrecht verlieren sie ihren Status als „unschuldige Zivilisten“, sowie sie sich am militärischen Kampf der Hamas beteiligen.

„Das israelische Vorgehen schürt den Hass.“

Das ist eine Frage nach der Henne und dem Ei. Mit abgrundtiefen Hass wurden Juden schon 1929 in Hebron und Jerusalem von den Arabern abgeschlachtet, lange vor Holocaust, Israel und Besatzung. Hass wird allein den Palästinensern, der Hamas und anderen Organisationen als Rechtfertigung für jegliche Verbrechen zugestanden. Viele palästinensische Ausbrüche der Gewalt und des Hasses passierten ausgerechnet bei Fortschritten in den Friedensgesprächen, nach israelischen „Gesten“ und anderen „positiven“ Entwicklungen. Die blutige zweite Intifada brach aus, als es den Palästinensern wirtschaftlich besser ging als jemals zuvor und nachdem Ehud Barak in Camp David zu fast jeder Konzession bereit war. Jassir Arafat wies die Angebote zurück, weil er nicht „alles“ bekam.

„Unverhältnismäßige Gewalt“ wird immer nur Israel vorgeworfen, niemals aber jenen Organisationen, die israelische Städte mit Raketen angreifen oder Busse und Restaurants sprengen. In diesem Sinne, wäre israelische Gewalt wohl „verhältnismäßig“, wenn die Kampfjets in Gaza statt Trainingszentren der Hamas eher Busse und Restaurants sprengen oder willkürlich ungezielte Raketen auf Gaza abschießen?

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