Kirchenrat: Hebrons Siedler bewerfen Volontäre mit Steinen

HEBRON (inn) – Der internationale Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und Menschenrechtsgruppen haben Beschwerden bei der israelischen Regierung eingereicht, weil jüdische Siedler in Hebron offenbar zunehmend Palästinenser und ausländische Volontäre angreifen. Die Siedler wiederum sagen, dass die ausländischen Mitarbeiter die Spannungen nur noch verschlimmerten.

Der ÖRK vertritt rund 400 Millionen Christen in 340 protestantischen, anglikanischen und orthodoxen Kirchen in über 100 Ländern. Der Kirchenbund mit Sitz in Genf verurteilte am Mittwoch zwei Angriffe auf christliche Volontäre in Hebron. Der ÖRK rief die israelischen Behörden dazu auf, die verantwortlichen jüdischen Siedler zu bestrafen. In beiden Fällen warfen jüdische Siedler Steine auf Volontäre, die palästinensische Kinder zur Schule begeleiteten.

„Schimpfliches Verhalten der Siedler“

Israel solle das „schimpfliche, rechtswidrige und gewaltsame Verhalten der Siedler gegenüber Palästinensern und Ausländern“ stoppen, forderte Peter Weiderud vom ÖRK in einem Brief an den israelischen Botschafter in der Schweiz, Aviv Schiron.

Die israelische Botschaft in Bern bestätigte den Eingang des Briefes, gab bislang jedoch keinen Kommentar zu den Forderungen ab.

Ein schweizerischer Anwalt sei von jungen Siedlern am 1. April regelrecht „gesteinigt“ worden, heißt es in dem Bericht. Er habe eine Verletzung am Kopf erlitten, die mit sieben Stichen genäht werden musste. Ebenso seien ein deutscher Sozialarbeiter und ein norwegischer Soziologe in derselben Gegend am 20. April von 15 jugendlichen Siedlern angegriffen worden. Dabei wurde jedoch niemand ernsthaft verletzt.

Die drei Volontäre hatten palästinensische Mädchen auf ihrem Weg zur Cordoba Mädchen-Schule begleitet. Diese liegt gegenüber der jüdischen Siedlung Beit Hadassah. „Schüler und Lehrer dieser Schule wurden von Siedlern mehrmals mit Steinen beworfen, getreten und bespuckt“, sagt der ÖRK.

Eine amerikanische Volontärin, die sich „Luna“ nennt, ihren richtigen Namen aber verschweigen möchte, sagte bei einer Pressekonferenz, es habe im vergangenen Jahr Hunderte Angriffe von Siedlern mit unterschiedlicher Härte gegeben. Auch wenn es sich vor allem um Jugendliche handele, die am Schabbat und an Feiertagen Gewalt ausübten, würden zunehmend „erwachsene Siedler damit beginnen, gewaltsame Angriffe zu planen. Wir Menschenrechtler fürchten mittlerweile um unser Leben und das der Palästinenser, die wir beschützen wollen.“

„Lunas“ Organisation, sowie die Gruppen Gusch Schalom, Jesch Din, die „International Solidarity Movement“ und Rabbiner, die sich für Menschenrechte einsetzen, wandten sich am Mittwoch in einem Brief an das israelische Verteidigungsministerium, an Stabschef Dan Halutz, an das Innenministerium, den Polizeichef und das Ministerium für Innere Sicherheit. Sie baten darum, dass die Sicherheitskräfte Maßnahmen gegen die Siedler vornehmen. Die Polizisten vor Ort täten oftmals nichts gegen die Gewalt der Siedler. „Luna“ hatte Videoaufnahmen mit zur Pressekonferenz gebracht, die ihre Behauptungen belegen sollten. Auf einem sind jüdische Kinder zu sehen, die Steine auf Palästinenser werfen. Ein Polizist filmte die Szene offenbar, versuchte jedoch nicht, die Steinewerfer aufzuhalten.

Die Soldaten in Hebron reagierten unterschiedlich auf die Vorwürfe. Einige sagten, sie wüssten nichts von derartigen Vorfällen und warfen den internationalen Volontären vor, die ohnehin gespannte Lage anzuheizen. In Hebron leben ungefähr 500 jüdische Siedler und 130.000 Palästinenser. Am selben Tag beschützten sie erst Siedler vor Angriffen von Palästinensern und wenig später umgekehrt Palästinenser vor Angriffen durch Siedler, sagten die Soldaten.

Auch Palästinenser greifen Juden an

Vertreter der jüdischen Gemeinschaften in Hebron erklärten, sie seien erschüttert zu hören, dass die Palästinenser und die internationalen Helfer Angst vor ihnen hätten, denn eigentlich sähen sie selbst sich als diejenigen, die angegriffen würden. In den vergangenen fünf Jahren sind mehrere jüdische Zivilisten und Soldaten in Hebron ums Leben gekommen.

Es gebe jeden Tag Angriffe von Palästinensern auf Siedler, erklärte eine Sprecherin für die jüdischen Gemeinden in Hebron namens Orit Strock. „Sie werfen Steine auf mich und meine Kinder“, sagt sie. „Das passiert ständig.“ Auch Häuser würden angegriffen und Bomben auf Autos geworfen.

Auch Siedler-Sprecher David Wilder bestätigte, dass es Spannungen zwischen beiden Bevölkerungsteilen gebe. „Ich sage nicht, dass Siedler keine Steine auf Palästinenser werfen.“ Doch weder er noch andere Eltern sagten ihren Kindern, dass sie Palästinenser angreifen sollten. „Am Samstag habe ich nur drei Dinge im Kopf: Beten, Essen und Schlafen.“

Er habe auch eine Lösung für die Ängste der ausländischen Helfer: „Das beste, um Gewalt zu vermeiden, ist, zu verschwinden.“ Die Anwesenheit der ausländischen Mitarbeiter heize die Situation nur noch mehr an, so Wilder. Das einzige Ziel vieler dieser Arbeiter sei ohnehin, die Juden aus Hebron zu schaffen. „Manche verstecken das, andere nicht.“

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