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Keine Journalisten in Gaza – Informationen bleiben aus

Mit der Freilassung des BBC-Korrespondenten Alan Johnston nach viermonatiger Geiselhaft durch den Dughmush-Clan unter weitgehend ungeklärten Umständen, hat auch der letzte ausländische Korrespondent den Gazastreifen verlassen. "Der Clan bekam viel Geld, zusätzliche Waffen und garantierte Straffreiheit", erzählt ein gut informierter palästinensischer Journalist. Am Samstag warnte eine westliche Botschaft Journalisten "dringend" vor Fahrten nach Gaza. "Wir haben akute Informationen über Entführungspläne westlicher Journalisten."

Was seit einem Monat in dem von der Hamas und ihrer „Exekutiv-Streitkraft“ beherrschten Gazastreifen passiert, erfährt die Welt nur noch aus unzuverlässigen Quellen. Palästinensische Journalisten in Gaza beklagen einen aufgezwungenen Informationsstopp. Sie wollen nichts „Falsches“ berichten. Das könnte ihnen den Kopf kosten. „Meine Kollegen sind in den Untergrund gegangen. Sie verstecken sich vor Häschern der Hamas“, sagte der Leiter einer Presseorganisation. „Was sie uns dennoch durchgeben, müssen wir filtern, weil fast nichts stimmt.“

Merkwürdige Nachrichten

Aus palästinensischen Quellen, die zu ihrem eigenen Schutz nicht namentlich genannt werden können, verlautete, dass bewaffnete Männer der Hamas bis heute nach prominenten Fatah-Leuten suchen, ihnen die Autos und Waffen abnehmen und sie auch verprügeln. „Ich weiß nichts von weiteren Morden“, sagt eine Quelle. Bekannt wurde, dass Hamas-Leute in die zur Fatah gehörenden Al-Ashar-Universität eingedrungen seien und aus Lageräumen alle Chemikalien entwendet hätten. Sechs Mitglieder der extremistischen Dschihad Islami Organisation seien von Hamas verwundet worden. „Aber ihr Sprecher wagte aus Angst nicht, sich darüber öffentlich zu äußern.“ Moscheen der Dschihad würden gebrandschatzt und zerstört. Die Agentur „Ma´an“ meldete zudem, dass Hamas-Leute den Sitz der Gewerkschaften besetzt hätten. Ihr Direktor Schaher Sa´ad erklärte, dass 200.000 Arbeiter nun keine Gelder aus ihrer Krankenversicherung erhalten könnten. „Ma´an“ berichtet auch Positives aus Gaza: Die Hamas-Exekutiv-Kräfte hätten eine aus dem Zoo gestohlene Löwin zurückgebracht. Die Großkatze sei von einem „mächtigen Familienclan“ entwendet worden.

EU winkt mit Scheinen

Eine Quelle wusste aus „äußerst zuverlässiger und hochrangiger Quelle in Ramallah“ (dem Präsidentensitz), dass ausgerechnet die EU ultimativen Druck auf Präsident Abbas ausübe, Gespräche mit Hamas aufzunehmen. Sonst würden die EU-Gelder an Abbas gestoppt. „Ich kann das nicht veröffentlichen. Es ist doch verrückt, dass die EU jetzt Kontakt mit Hamas will, obgleich sie sich als völlig unfähig erweist, das Gaza-Gebiet zu verwalten. Wenn der Hamas nicht geholfen wird, dürfte sie innerhalb eines Monats von alleine zusammenbrechen und aufgeben“, prophezeite ein prominenter palästinensischer Journalist.

Grenzübergänge sind dicht

Die Grenzübergänge von Gaza nach Israel und Ägypten stellen zurzeit das größte Problem dar. Ohne Warenverkehr für Frischprodukte, Mehl, Benzin und Medikamente droht früher oder später ein wirtschaftlicher Kollaps und eine humanitäre Krise. Je nach politisch motivierter Quelle werde die Krise in wenigen Tagen oder in einigen Monaten ausbrechen, sowie die gehorteten Nahrungsmittel endgültig aufgebraucht seien. Der Übergang Eres für den Personenverkehr nach Israel ist nur noch für humanitäre Einzelfälle und den Transfer von Medikamenten offen. Der Warenterminal Karni, über den bisher alle Waren von Getreide bis Zement „flossen“, ist geschlossen, weil es keine offiziellen Partner auf der palästinensischen Seite gibt. So bleiben nur die Übergänge Sufa und Kerem Schalom. Sie sind für Warenverkehr nicht ausgestattet. Bei Sufa „erobern“ morgens die Israelis ein abgestecktes Gelände und lassen dort bis 14 Uhr Waren abladen. Um 14 Uhr erfolgt der „Rückzug“. Ab 15 Uhr dürfen dann die Palästinenser kommen und die bereit liegenden Waren abholen. Die Bezahlung müssen die israelischen und palästinensischen Geschäftsleute direkt abwickeln. Bei Karni wurde zeitweilig ein Förderband in Gang gesetzt, um Mehl aus Israel – ohne jeden menschlichen Kontakt – auf die andere Seite zu werfen. Kerem Schalom dient Konvois der UNO und des Roten Kreuzes, um mit über 150 Lastwagen pro Tag tonnenweise Nahrungsmittel, Viehfutter und Speiseöl nach Gaza zu bringen.

John Ging, Leiter der UNRWA Flüchtlingshilfe Organisation in Gaza, äußerte ungewöhnliche Kritik an den Palästinensern. „Zwei von uns benutzte Grenzübergänge wurden mit Granatwerfern beschossen. Das muss aufhören.“ Bei Rafah schließlich, dem seit einem Monat geschlossenen Grenzübergang nach Ägypten, sitzen angeblich 6.000 Menschen fest. 28 am Grenzübergang feststeckende Kinder, Frauen, Alte und Kranke seien gestorben. Sie können nicht heimkehren, weil Beamte der Autonomiebehörde geflohen, Computer gestohlen und Durchleuchtungsgeräte von der Hamas zerstört worden seien.

EU-Beobachter ziehen ab

Am Sonntag wurden meisten EU-Beobachter nach Hause geschickt, weil sie seit dem 12. Juni untätig dasitzen. Einige sollen ausharren, um den Grenzverkehr vertragsgemäß zu beobachten, falls die Grenze doch geöffnet wird. So bleibt der Gazastreifen von der Außenwelt abgeschnitten, solange Ägypten, die Palästinenser, Israel und die EU keine Lösung für die Grenzkontrollen gefunden haben.

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