RAMALLAH (inn) – Im Streit um die Bildung des Kabinetts zwischen PLO-Chef Yasser Arafat und dem designierten palästinensischen Premierminister Mahmoud Abbas konnte noch immer keine Einigung erzielt werden. Palästinensischen Angaben zufolge habe Abbas bereits mit seinem Rücktritt gedroht.
Der palästinensische Premier hat noch bis Mittwoch mit der Regierungsbildung Zeit. Sollte er diese Frist nicht einhalten, kann Arafat einen anderen Palästinenser für das Amt vorschlagen. Seit nunmehr fünf Wochen versucht Abbas, der auch Abu Mazen genannt wird, ein Kabinett aufzustellen. Zwischen ihm und Arafat ist darüber ein offener Streit entbrannt.
Beide konnten sich bislang auf keinen Kompromiß einigen. Aus palästinensischen Kreisen hieß es, Arafat wolle mindestens 14 der „alteingesessenen“ Minister im zukünftigen Kabinett sehen. Abbas habe schließlich eingewilligt, zwölf dieser Minister zu übernehmen. Nachdem sich der Palästinenserführer nach diesem Kompromiß jedoch weiterhin geweigert habe, die Ernennung des ehemaligen Geheimdienstchefs Mohammed Dahlan zum Innenminister zu akzeptieren, zog Abbas seine Zustimmung zu dem Kompromißvorschlag wieder zurück. Arafat will seinen Vertrauten und derzeitigen Innenminister Hani al-Hassan in diesem Amt belassen. Dieser wurde in palästinensischen Kreisen auch als möglicher Premierminister genannt, falls Abbas keine Zustimmung für sein Kabinett erhalten sollte.
Das letzte Treffen zwischen Abbas und Arafat fand am Samstagabend in Ramallah statt. Abbas habe dieses nach einem heftigen Streit jedoch aus Protest verlassen und mit seinem Rücktritt gedroht. Seitdem haben lediglich Gespräche zwischen Beratern der beiden Palästinenser stattgefunden – diese blieben jedoch ebenfalls erfolglos.
Streit ist jedoch nicht nur über die Bildung des Kabinetts entbrannt, sondern auch um die Entwaffnung palästinensischer Milizen. Wie die Tageszeitung „Ha´aretz“ meldet, plane Abu Mazen die Entwaffnung der Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden, einer Untergruppe von Arafats Fatah-Partei. Der PLO-Chef sei jedoch strikt gegen dieses Vorhaben, er befürchte, dies könnte zu einem Bürgerkrieg führen, heißt es in dem Bericht weiter.
Unterdessen ist der internationale Druck auf Arafat in den vergangenen Tagen gewachsen. Zahlreiche Vertreter europäischer Länder haben den Palästinenserführer telefonisch dazu aufgefordert, Abbas bei der Kabinettsbildung zu unterstützen. Unter den Anrufern waren auch der deutsche Außenminister Joschka Fischer, Spaniens Premierminister José María Aznar, Ägyptens Präsident Hosni Mubarak und der jordanische König Abdullah II.
Auch die USA haben am Montag noch einmal ausdrücklich ihre Unterstützung für Abbas bekundet. „Die Bildung eines starken, bevollmächtigten palästinensischen Kabinetts unter Führung von Abu Mazen, das ernsthaften Bemühungen um Reform und Sicherheit verpflichtet ist, liegt zutiefst im Interesse der palästinensischen Bevölkerung“, sagte US- Außenamtssprecher Richard Boucher am Montag in Washington.