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Keine Beweise für „Aftonbladet“-Behauptungen

STOCKHOLM / RAMALLAH (inn) - Der Redaktionsleiter der schwedischen Tageszeitung "Aftonbladet" hat angesichts der Proteste über einen Artikel von letzter Woche erklärt, er sei nicht antisemitisch. Inzwischen haben die Angehörigen eines getöteten Palästinensers, dem Israelis angeblich Organe entnommen haben, betont, sie wüssten nicht, ob die Anschuldigungen des schwedischen Blattes wahr sind.

Nach einer Welle des Protestes in Israel hat der Chefredakteur der Zeitung, Jan Helin, nun in einem Artikel Stellung bezogen zu den Vorwürfen, seine Zeitung greife uralte antisemitische Klischees auf. Seine Boulevard-Zeitung „Aftonbladet“ („Abendblatt“) aus Stockholm hatte am Montag vergangener Woche einen Artikel enthalten, in dem der Autor behauptete, israelische Soldaten hätten Palästinenser getötet und ihnen dann Organe entnommen.

„Ich bin kein Nazi“, schreibt Helin. „Ich bin nicht antisemitisch.“ Stattdessen sei er ein „verantwortungsvoller Chefredakteur, der einem Artikel grünes Licht gegeben hat, weil er einige Fragen aufwirft“.

Er gibt allerdings zu, dass seine Zeitung keine Beweise für die vom Autor Donald Boström aufgestellten Behauptungen habe. Der Artikel Boströms zitierte Palästinenser, die von den angeblichen Gräueltaten der Israelis berichten. In einem zweiten Artikel schrieb Boström, die Vorwürfe des Organraubs müssten untersucht werden, „entweder um die hartnäckigen Gerüchte der Palästinenser zu beenden, oder, wenn sich die Gerüchte bewahrheiten sollten, um den Organhandel zu stoppen“. Die schwedische Botschafterin in Israel, Elisabet Borsiin Bonnier, hatte den Bericht verurteilt. Boström schrieb daraufhin, dies sei eine „Schande“.

Betroffene Familie hat keine Beweise

Die arabische Nachrichtenwebseite „Menassat“ hat den schwedischen Journalisten Boström inzwischen interviewt. Der Autor schrieb in den 90er Jahren in den Palästinensergebieten ein Buch über das Leben von Palästinensern in Israel. Boström gibt zu, dass er keine Beweise für seine Vorwürfe hat, nur eine Sammlung von Anschuldigungen gegenüber israelischen Soldaten. „Es bleiben viele Fragen unbeantwortet“, fügt er jedoch hinzu. „Der Punkt ist, dass wir wissen, dass es Organ-Handel in Israel gibt. Und wir wissen auch, dass es Familien gibt, die behaupten, dass die Organe ihrer Kinder geraubt wurden. Diese zwei Tatsachen zusammengenommen verlangen nach weiteren Untersuchungen“, sagte Boström gegenüber „Menassat“.

Im Zentrum seines umstrittenen Artikels steht ein 19-jähriger Palästinenser aus Imatin, einem Dorf im Westjordanland. Boström freundete sich mit dessen Familie an. Der 19-jährige Sohn der Familie, Bilal Achmed Ghanan, war im Widerstand tätig und arbeitete für die Fatah. Die israelische Armee suchte nach Bilal, der sich in den Bergen versteckte. Im Mai 1992 konnte sie ihn ausfindig machen und schoss auf ihn. Augenzeugen berichten, dass ihn Kugeln an der Brust und in den Beinen trafen. Der Verletzte sei mit einem Jeep zu einem Hubschrauber gebracht worden. Fünf Tage später sei er der Familie zurück gebracht worden. Ghanan sei tot gewesen, auf seiner Brust habe er eine große Narbe gehabt. Den Angehörigen sei sofort klar gewesen, dass ihrem Sohn Organe entnommen worden seien, schreibt Boström.

Wie die israelische Tageszeitung „Jerusalem Post“ berichtet, haben nun auch die Angehörigen des jungen Mannes am Montag erklärt, sie wüssten nicht eindeutig, ob die Anschuldigungen wirklich wahr seien. Ghanems jüngerer Bruder Jalal sagte, er könne die Anschuldigungen der schwedischen Zeitung, Israelis hätten seinem Bruder Organe entnommen, nicht bestätigen. „Ich weiß nicht, ob das stimmt“, sagte er. „Wir haben keine Beweise.“ Die Mutter dementierte zudem, überhaupt jemals irgendeinem ausländischen Journalisten gegenüber diese Anschuldigungen gemacht zu haben. Sie schließe die Möglichkeit, dass Israelis Organe von Palästinensern stehlen, jedoch nicht aus. Auch Ibrahim Ghanem, ein Verwandter Bilals, erklärte, seine Familie habe dem schwedischen Journalisten niemals gesagt, Israel habe dem jungen Mann Organe entnommen. „Vielleicht kam der Journalist zu dem Schluss wegen der Narben, die er auf dem toten Körper sah. Aber was unsere Familie angeht, wissen wir nicht, ob dem Körper Organe entnommen wurden, denn wir haben nie eine Autopsie durchgeführt. Wir wissen nur, dass die Zähne von Bilal fehlten.“

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