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Jusos Berlin: Undifferenzierte Israelkritik nicht hinnehmen

Die iranische Atombombe muss verhindert werden - notfalls auch durch einen gezielten Militärschlag gegen das Programm. Diese Ansicht äußert der Berliner Landesverband der Jugendorganisation der SPD (Jusos) in einer neuen Verlautbarung. Darin macht er auch deutlich, dass er sich mit seinem Standpunkt von den allgemein vertretenen Auffassungen der deutschen und europäischen Sozialdemokraten absetzt.

"Wir Jusos Berlin stehen solidarisch an der Seite Israels", heißt es am Anfang der Erklärung. "Dies haben wir immer wieder bekräftigt: in den Resolutionen ‚Für die Sicherung des Existenzrechts Israels‘ (18. August 2006) und ‚Israels Existenzrecht muss unangetastet bleiben‘ (15. Januar 2009) haben wir uns eindeutig positioniert: Das Existenzrecht Israels ist für uns Jusos unabdingbar. Es gibt keinen Frieden (mit) den Feinden Israels, stattdessen wollen wir Frieden für Israel und Palästina."

Diese programmatischen Sätze habe die Gruppe vor dem Hintergrund des Zweiten Libanonkriegs 2006 und des Gazakriegs 2009 ("Operation gegossenes Blei") aufgestellt, schreiben die Jusos. Bedroht werde Israel unter anderem von Hisbollah und Hamas, zwei radikal-islamischen, antizionistischen und antisemitischen Organisationen. Ihr erklärtes Ziel sei die Vernichtung Israels und die Auslöschung aller Juden. "Israel war und ist noch die einzige gefestigte Demokratie im Nahen Osten, in der Menschenrechte gelten (und einklagbar sind) und eine kritische Öffentlichkeit nicht Gefahr von politischer Verfolgung ist."

"In Teilen der SPD auch in der öffentlichen Debatte wurden die Kriegsaktionen Israels als ‚unverhältnismäßig‘ und gegen ‚unschuldige Opfer‘ gerichtet dargestellt", so die sozialdemokratische Jugendorganisation. "Wir wollen nicht über militärische Strategien und Praktiken in dieser Frage urteilen. Krieg ist immer grausam und betrifft unschuldige Menschen. Insbesondere die Hamas nutzte dies aus und missbrauchte die Zivilbevölkerung als menschliches Schutzschild. Vor dem Hintergrund der massiven Raketenangriffe von Hamas und Hisbollah auf Israel und der Entführungen seiner Soldaten war die oben geschilderte eine einseitige, israelfeindliche Einstellung."

Bedrohung für Israels Existenzrecht nicht hinnehmbar

Zum Iran heißt es zunächst, dessen zunehmende, vor allem selbst vorangetriebene Isolierung in der internationalen Gemeinschaft und die Zuspitzung des Konflikts um das umstrittene iranische Atomprogramm "verschärft die ohnehin mehr als angespannte Beziehung zwischen Iran und Israel. Eine potentielle Gefahr einer weiteren Atommacht, die aggressiv antisemitisch und antizionistisch handelt und eine akute Bedrohung für das Existenzrechts Israel darstellt, ist für uns nicht hinnehmbar. Jeder Bestrebung, die darauf zielt, das Existenzrecht Israels zu gefährden, muss bedingungslos entgegengetreten werden. Deswegen fordern wir in aller Deutlichkeit die Beendigung des iranischen Atomprogramms, gleichzeitig hoffen wir, dass der Konflikt nicht in einer aggressiven Auseinandersetzung kulminiert".

Weiter unten in dem Dokument teilen die Jusos mit: "Wer Frieden und Sicherheit in der Region will, der muss einen Iran mit Nuklearwaffen verhindern. Um einen weitreichenden Militärangriff Israels zu vermeiden, muss die Weltgemeinschaft die Wirtschafts- und Handelssanktionen und alle bestehenden Druckmittel voll ausreizen. Viel zu lang haben westliche Staaten, allen voran Deutschland, von dem Handel mit dem Iran profitiert und die technischen Voraussetzungen für einen iranischen Atomstaat (mit)geliefert."

Die jungen Sozialdemokraten aus Berlin kommen zu dem Schluss: "Solidarität mit Israel darf für uns keine Floskel sein. Wem das Existenzrecht Israels am Herzen liegt, der muss allen voran die iranische Bombe verhindern!
Sollte eine Isolierung des iranischen Regimes keinen Erfolg haben und keine diplomatischen Mittel mehr zur Verfügung stehen, um die atomare Bewaffnung des Iran zu verhindern, dann bedeutet Solidarität mit Israel auch ggf. die Unterstützung einer gezielten Militäraktion gegen das iranische Atomwaffenprogramm."

Gefahr: Antisemitische Aspekte in der Israelkritik

Die Erklärung befasst sich auch mit der Vermischung von Israelkritik und Antisemitismus: "Antisemitische Denk- und Argumentationsmuster finden immer wieder wie selbstverständlich über verschiedene Akteure der medialen und politischen Öffentlichkeit Eingang in die Debatte über den Nahostkonflikt und die Israel/ Palästina-Frage. Der Bezug zum Holocaust ist dabei insbesondere in Deutschland manifest. Die Politik Israels wird hier aus Gründen von Schuldabwehr mit den Nazi-Verbrechen assoziiert."

In diesem Zusammenhang stellen die Jusos fest: "Doch finden dämonisierende und delegitimierende Töne auch subtiler Eingang in die politische und öffentliche Auseinandersetzung. Auch weite Teile der Medienlandschaft greifen diese Form der Beschäftigung mit Israel auf und reproduzieren sie. Zwar ist es common sense, Israel zu kritisieren, doch wird ‚Israelkritik‘ noch immer als Tabu halluziniert." Mit der Selbstkonstruktion dieses Tabus einhergehend, inszenierten sich dann Akteure der verschiedenen politischen Lager demonstrativ als Tabubrecher, um der angeblich verschwiegenen "Wahrheit" Gehör zu verschaffen. "Zwar gibt es im hiesigen Sprachgebrauch weder eine ‚Ägyptenkritik‘ oder ‚Sudankritik‘, doch ist ‚Israelkritik‘ für uns dann antisemitisch und bekämpfenswert, wenn sie Israel delegitimiert, dämonisiert bzw. doppelte Standards für die Politik Israels anwendet, die kein anderer demokratischer Staat erfüllen könnte."

Die Verfasser nehmen eine "Dämonisierung Israels" wahr, "die neben den teilweise Jahrzehnte alten antisemitischen Klischeebildern medial vor allem darauf hinausläuft, dass einseitig militärische Handlungen Israels verbreitet werden, die vorgeblich völlig ohne Zusammenhang und Verhältnismäßigkeit erfolgt seien". Selten werde beleuchtet, dass die Auseinandersetzungen über die Israel-Palästina-Frage von beiden Seiten betrieben würden und Menschen in Israel ebenso wie die Palästinenser hiervon betroffen seien. "Außerdem wird die Geschichte des Konflikts häufig verzerrt und verkürzt dargestellt, wodurch die Ansprüche Israels als selbstverschuldet und illegitim präsentiert werden." Die Art des Diskurses stehe auch im Zusammenhang mit einem latenten und auch unverblümten Antiamerikanismus (Stichwort "Israel als Brückenkopf der USA").

Keine faire Grundlage für eine diplomatische Lösung

In der Politik würden häufig doppelte Standards an das Handeln Israels angelegt, schreibt die Organisation. So werde von Israel das Wiederaufnehmen von Verhandlungen und die Einstellung von Aktionen wie dem Siedlungsbau gefordert, während unstreitig berechtigte Ansprüche Israels wie die Anerkennung des eigenen Existenzrechts durch die palästinensischen Vertreter ignoriert würden. "Eine faire Grundlage für eine diplomatische Lösung kann so nicht gewährleistet werden."

Die Jusos äußern Kritik an Bundestag und Bundesregierung. Diese wiederholten ständig das Bekenntnis zum bedingungslosen Existenzrecht Israels. "Doch verläuft das deutsch-israelische Verhältnis nicht konfliktfrei. Gerade als Freunde Israels, so heißt es, müsse man den Israelis zu ihrem eigenen Wohl den Weg weisen." Der Bundestag habe dieses "patriarchal anmutende Verhältnis" zu dem "Staat der Größe Hessens" demonstriert, als er nach dem israelischen Einsatz gegen die sogenannte Hilfsflottille 2010 die Gaza-Seeblockade einvernehmlich rügte. "Ein historisch einmaliger Vorgang, da Deutschland das Handeln keines anderen Freundes dermaßen bewertete."

Ein Fazit: "Kritik an der Politik Israels ist wie jede andere kritische Auseinandersetzungen mit politischen Verhältnissen auf internationaler Ebene legitim, wenn sie dabei konstruktiv und nicht von Vorurteilen und Ressentiments besetzt ist. Die kritische Auseinandersetzung mit der Politik Israels soll für uns selbstverständlich möglich sein, wie aber auch ausdrücklich und uneingeschränkt die Verteidigung der Existenz dieses Landes und aller Menschen, die in diesem leben, sowie die Solidarität mit angemessenen Handlungen zu diesem Zweck."

Israelbild in der gesellschaftlichen Linken verbessern

Deshalb wollen die Berliner Jusos mit anderen linken Partnern Treffen und Diskussionsabende veranstalten, "um das Bild Israels und seiner Menschen besonders in Deutschland und innerhalb der gesellschaftlichen Linken im Hinblick auf diese enormen Herausforderungen zu verbessern. Uns ist wichtig, eine Debatte anzuregen, die ehrlich und fern von bewusst verzerrten Wahrheiten geführt wird".

Die Jugendorganisation fordert "die klare und eindeutige Positionierung Deutschlands, Europas und der SPD zum Existenzrecht Israels, sowie eine differenzierte Auseinandersetzung mit Israel: Das Land und die Menschen sind heterogen und dürfen nicht dauerhaft pauschalisiert werden. Die Bemühung für eine friedliche Lösung des Israel-Palästina-Konflikts muss unter dieser Prämisse ernsthaft vorangetrieben werden".

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