Jetzt gibt’s Neuwahlen

Zipi Livni ist gescheitert. Nein, nicht persönlich und auch nicht in ihrer Karriere - wie das manche Schlagzeilen gerne andeuten würden. Sondern in ihren Bemühungen eine Fortsetzung für die Regierung Olmert zu finden. Sie hat den Vorsitzenden ihrer Partei, Joel Hasson, angewiesen, die notwendigen rechtlichen Schritte zur Auflösung der Knesset zu veranlassen. Dann können in 90 Tagen Neuwahlen stattfinden. Konkret wird das Datum des 17. Februar 2009 gehandelt.

Frau Livni gibt sich gelassen und souverän. „Es gibt Preise, die andere zahlen würden, aber ich nicht“, erklärt sie ihre Entscheidung und begründet: „weil sie auf Kosten des Staates und der Bürger Israels gehen.“ Sie verspricht eine neue politische Richtung – tut sich aber schwer, diese konkret zu beschreiben. Alle israelischen Regierungen der vergangenen Jahre haben reagiert auf das, was palästinensische Extremisten, die Hisbollah, Syrien oder auch der Iran durch ihre jeweilige Politik beziehungsweise Aktionen vorgaben. Die einzige wirkliche Initiative eines israelischen Politikers war die Entscheidung Ariel Scharons, Livnis Ziehvater, sich aus dem Gazastreifen und Nordsamaria einseitig zurückziehen. Inwieweit die gleichzeitig versprochene einseitige Trennung von den Palästinensern überhaupt möglich ist, bleibt abzuwarten. Wie überhaupt alles abzuwarten bleibt.

Der praktisch zeitgleiche Angriff amerikanischer Hubschrauber auf den Osten Syriens zeigt, dass es im Orient noch eine Unmenge Konfliktmöglichkeiten gibt, die weder auf der Tagesordnung der Medien noch der Politiker sind – mit deren Nachwehen ein Politiker dann aber sehr schnell fertig werden muss.

Jerusalem wichtiges Thema

Ein zentrales Thema der jetzt greifbar gewordenen Knessetwahlen wird Jerusalem. Die sephardisch ultra-orthodoxe Schas-Partei kündigte bereits an, sie werde keinen Verhandlungen über Jerusalem zustimmen. Bei den gerade gescheiterten Koalitionsverhandlungen hatte Schas lediglich Kindergelderhöhungen gefordert. Die Verhandlungen mit den Palästinensern waren überhaupt nicht auf dem Tisch. Die aschkenasisch-orthodoxen Parteien legten gleich nach: Auch sie seien nicht bereit, Jerusalem aufzugeben.

Jerusalem zieht als Wählerthema – obwohl diese ganzen Diskussionen genauso wenig an der Realität in Jerusalem ändern werden, wie die Wahlen. Die Mauer in Jerusalem ist Realität. Die Hauptstadt des Staates Israel ist geteilt. Und keiner der Politiker, die sich jetzt vollmundig gegen die Teilung Jerusalems aussprechen, wird die arabischen Stadtteile im Osten Jerusalems – Abu Dis, El-Asarije, Anata oder das Flüchtlingslager Schuafat – in die Stadt zurückholen wollen.

Doch Neuwahlen bedeuten Aufwind für Politiker wie Benjamin Netanjahu, von dem in den vergangenen Monaten kaum die Rede war – und Aufwind für die Angst vor „Bibi“, wie Netanjahu gemeinhin genannt wird. Die Hamas hat den „Friedensprozess“ bereits für tot erklärt. Der palästinensische Altunterhändler Saeb Erekat unkt: „Ich hoffe sehr, das israelische Volk wird den Frieden wählen“ – wobei offen bleibt, was konkret der Frieden ist, den das israelische Volk wählen könnte.

Was bleibt, ist Ehud Olmert als Regierungschef. Bis zu den kommenden Wahlen. Ohne Druck und Wahlkampf darf er weiter regieren. Als Chef einer Übergangsregierung zwar mit eingeschränkten Vollmachten – aber immerhin. So darf er etwa mit den Palästinensern keinen Friedensvertrag abschließen, aber er darf weiter verhandeln und könnte sich so durchaus noch einige Lorbeeren verdienen. Falls er das will – und falls nicht parteiinterne Aktivitäten hinter den Kulissen doch noch seinen Rücktritt erzwingen.

Hoher Preis für Wahlen

Und was bleibt ist eine weitere immense Belastung der Wirtschaft. Die Neuwahlen werden den israelischen Steuerzahler schätzungsweise zwei Milliarden Schekel kosten – das sind umgerechnet ungefähr 426 Millionen Euro. So wie der neue israelische Schekel im Vergleich zu allen anderen Währungen gestiegen ist, könnte der Preis für die Wahlen allein durch die Währungsentwicklung noch beträchtlich steigen. Hinzu kommt, dass das israelische Parlament den Haushalt 2009 jetzt nicht vor den Neuwahlen verabschieden wird. Das ist keine gute Nachricht in einer Zeit, in der israelische Ökonomen darauf warten, dass die Welle des Weltwirtschaftstsunamis in Israel eintrifft. Die einschlägigen Werbeagenturen allerdings dürfen jubeln. Für sie bedeutet ein neuer Wahlkampf natürlich volle Kassen.

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