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Jahresbericht: „Amnesty International“ kritisiert Israel und Palästinenser

Folter, exzessive Gewalt und Einschränkung der Versammlungsfreiheit: Diese Vorwürfe äußert die Organisation "Amnesty International" in ihrem Jahresbericht gegenüber Israel, der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) und der Hamas.

Ein großer Kritikpunkt gegenüber Israel ist die fortwährende Blockade des Gazastreifens. Diese habe "die Wirtschaft erstickt und die Leute dort weiter in die Armut getrieben". Etwa 80 Prozent der Bewohner seien deshalb 2010 von internationaler humanitärer Unterstützung abhängig gewesen. Das Waffenembargo als Auslöser der Sperre sowie der fortgesetzte Schmuggel von Kampfmitteln wird in dem Zusammenhang allerdings nicht erwähnt. Vielmehr heißt es: "Amnesty International betrachtete die Blockade als Kollektivstrafe und damit als Verstoß gegen internationales humanitäres Recht und hat wiederholt ihre Aufhebung gefordert."

Der Report geht auch auf die Razzia der israelischen Marine gegen die "Mavi Marmara" am 31. Mai ein – dabei waren neun Menschen ums Leben gekommen. Die Menschenrechtsorganisation weist darauf hin, dass eine UN-Kommission zu folgendem Schluss gekommen sei: "Tödliche Gewalt wurde von den israelischen Soldaten in einer ausgedehnten und willkürlichen Weise angewandt, was zu einer unnötig hohen Zahl an toten oder schwer verletzten Personen führte." Eine von der israelischen Regierung in Auftrag gegebene Untersuchung hingegen habe es an "Unabhängigkeit und Transparenz" fehlen lassen. Auch hier verzichten die Verfasser auf jeden Hinweis zum Waffenschmuggel und zu den Raketenangriffen aus dem Gazastreifen. Dass Israel Hilfstransporte über den Landweg zulässt, wird ebenfalls ignoriert.

Weiter heißt es in dem Bericht: "Israelische Sicherheitskräfte haben exzessive Gewalt gegen palästinensische Zivilisten eingesetzt, auch gegen gewaltlose Demonstranten im Westjordanland und in Gaza, ebenso wie gegen Bauern, Fischer und andere, die in der von Israel deklarierten "Sperrzone"  in Gaza oder seinen Küstengewässern arbeiteten." Im Jahr 2010 seien 33 palästinensische Zivilisten, darunter acht Kinder, durch das Militär zu Tode gekommen.

Der israelischen Justiz wirft "Amnesty International" vor, Soldaten und Siedler ungestraft zu lassen, die Menschenrechtsverletzungen gegen Palästinenser begangen hätten. Dazu gehörten auch ungesetzliche Tötungen. In israelischen Gefängnissen sei Folter gegen palästinensische Häftlinge an der Tagesordnung. Auf Urteile gegen Israelis, die Palästinenser misshandelt oder willkürlich getötet haben, geht die Organisation nicht ein.

Überdies habe die Zahl der Festnahmen und Inhaftierungen von Palästinensern zugenommen, die gewaltlos gegen die Sperranlage zum Westjordanland protestiert hätten, fügen die Autoren hinzu. Immer wieder habe sich das Militär auf die Anordnung berufen, die Versammlungen von mindestens zehn Menschen ohne offizielle Genehmigung verbietet, wenn sie ein politisches Ziel verfolgen. Im Zusammenhang mit der Einschränkung der Ausdrucksfreiheit wird auch der israelische Atomspion Mordechai Vanunu genannt. Er war 18 Jahre in Haft, weil er Informationen über Israels Atomprogramm an eine britische Zeitung weitergegeben hatte. Nun ist ihm der Umgang mit ausländischen Vertretern untersagt.

"Untersuchung zur Gaza-Offensive versäumt"

Der Bericht beschuldigt sowohl Israel als auch die Hamas, die Vorgänge während der Operation "Gegossenes Blei" zum Jahreswechsel 2008/09 nicht angemessen untersucht zu haben. Die israelischen Ermittlungen seien nicht unabhängig gewesen, die Hamas habe sich nicht einmal um eine Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen bemüht. Sie habe lediglich geleugnet, dass bewaffnete palästinensische Gruppen im Gazastreifen auf israelische Zivilisten gezielt hätten. Die im Januar 2009 vereinbarte Feuerpause sei hingegen weitgehend eingehalten worden.

Ein weiteres Thema sind die Raketen- und Granatenangriffe auf Ziele in Südisrael. Dafür zuständig seien "palästinensische bewaffnete Gruppen, die zur Fatah, dem Islamischen Dschihad und der Volksfront für die Befreiung Palästinas gehören". Bei einem dieser Angriffe wurde im März 2010 ein Gastarbeiter aus Thailand getötet. Weiter heißt es: "Der Umfang des Raketenbeschusses hat sich im Vergleich zu den vorigen Jahren deutlich verringert. Israelische Truppen führten Angriffe auf diejenigen durch, die sie für verantwortlich hielten." Die im Gazastreifen herrschende Hamas ist der Menschenrechtsorganisation keine Erwähnung wert.

Später schreiben die Verfasser dann: "Im Westjordanland wurden vier Israelis, darunter eine schwangere Frau, am 31. August nahe der israelischen Siedlung Kirijat Arba getötet, als gerade neue von den USA geförderte Verhandlungen zwischen Israel und der PA beginnen sollten. Am folgenden Tag wurden zwei weitere Israelis nahe einer anderen Siedlung, Kochav HaSchachar, durch Schüsse verwundet. Die Issadin-al-Kassam-Brigaden, der militärische Flügel der Hamas, übernahmen die Verantwortung für beide Angriffe." "Amnesty International" teilt auch mit, dass dem im Juni 2006 entführten Soldaten Gilad Schalit jeglicher Besuch verweigert wird – sei es vom Roten Kreuz oder von seinen Angehörigen.

Außerdem geht der Report auf die Festnahmen in den palästinensischen Gebieten ein: "Die Unabhängige Kommission für Menschenrechte (ICHR) berichtete, sie habe Beschwerden über mehr als 1.400 willkürliche Festnahmen im Westjordanland und mehr als 300 im Gazastreifen erhalten." In beiden Gebieten seien Folter und andere Misshandlungen nicht geahndet worden. Die Spannungen zwischen Hamas und Fatah werden in dieser Episode deutlich: "Nasira Dschaddua al-Sweirki starb am 1. Januar, kurz nachdem sie von der Polizei in Gaza auf den Rücken geschlagen und in anderer Weise tätlich angegriffen worden war. Drei ihrer erwachsenen Söhne wurden geschlagen und zwei inhaftiert – mit dem Verdacht, die Fatah zu unterstützen." Im Gazastreifen seien mindestens fünf Menschen hingerichtet worden. Ihnen wurde zur Last gelegt, mit Israel "kollaboriert" zu haben.

Zur Redefreiheit heißt es: "Sowohl die PA im Westjordanland als auch die Hamas-Verwaltung in Gaza hat eine scharfe Kontrolle der Ausdrucksfreiheit beibehalten und Journalisten, Blogger und andere Kritiker schikaniert und verfolgt." PA und Hamas hätten die Versammlungsfreiheit eingeschränkt.

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