WASHINGTON (inn) – Erstmals hat am Dienstag ein israelischer Botschafter den in den USA inhaftierten Spion Jonathan Pollard besucht. Ihm wird vorgeworfen, militärische Geheimnisse an Israel weitergegeben zu haben.
Wie die Tageszeitung „Ha´aretz“ berichtet, zeigte sich Pollard nach dem Besuch von Israels Botschafter in den USA, Danny Ajalon, enttäuscht: „Nach 20 Jahren hatte ich auf ein ernsthaftes Treffen gehofft, aber stattdessen habe ich lediglich eine leere Geste und ein Treffen ohne Substanz bekommen.“ Der Spion, der 1987 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde, sitzt in einem Gefängnis im Bundesstaat North Carolina.
Nach eigenen Angaben bat Pollard seinen Besucher, Israels Premier Ariel Scharon auszurichten, dass er nicht mehr bei dessen „billigen Tricks“ mitmachen wolle. Wenn die israelische Regierung seine Freilassung nicht bewirken könne, müsse die Öffentlichkeit darüber informiert werden, dass die Beziehungen der beiden Länder nicht so gut seien, wie sie dargestellt würden.
Botschafter: „schwieriges Treffen“
Ajalon bestätigte, dass das Treffen schwierig gewesen sei. Nach 20 Jahren in Haft sei es nur natürlich, dass Pollard harte Gefühle gegenüber der Regierung hege. „Ich bin mit einer Botschaft der Stärke und der Unterstützung von der israelischen Regierung und dem Volk gekommen“, so der Botschafter. Pollards Anschuldigungen, Israel setze sich nicht genügend für ihn ein, wies er zurück.
Zuvor hatte sich Ajalon mit Pollards Ehefrau Esther getroffen. Auch sie kritisierte den Besuch im Gefängnis als „billigen Trick“ von Scharon. Als er es gewollt habe, habe der Premier die Freilassung von Assam Assam erwirkt, der acht Jahre wegen Spionagevorwürfen in Ägypten
inhaftiert war. Der Geschäftsmann Elhanan Tennenbaum, der über drei Jahre von der radikal-islamischen Hisbollah festgehalten worden sei, sei ebenfalls freigekommen.
Pollard versucht weiterhin alles, um seine Haftstrafe zu verkürzen. So hat er eine Petition an das Oberste Gericht in Israel gesandt. Darin fordert er, als „Gefangener Zions“ anerkannt zu werden. Dann müsste Israel alles tun, was in seiner Macht steht, um die Freilassung zu erreichen. In der Eingabe berichtet er, dass er während seiner US-Haft gefoltert und bedroht worden sei.
Als Geheimdienst-Mitarbeiter verhaftet
Pollard, ein jüdisch-amerikanischer Mitarbeiter des Geheimdienstes der US-Marine, war am 21. November 1985 verhaftet worden. Er ist der einzige Spion für ein befreundetes Land, der in den Vereinigten Staaten zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt wurde. Tausende Israelis setzen sich für eine rasche Freilassung ein.
Sicherheitsbeamte der israelischen Botschaft in Washington hatten Pollard zum Verlassen des Geländes aufgefordert hatten. Dorthin waren der Geheimdienstmitarbeiter und seine damalige Frau Anne geflüchtet, nachdem sie Agenten der Bundespolizei FBI in einem Auto hinter sich bemerkt hatten.
Die damalige israelische Regierung unter Premierminister Schimon Peres hatte laut einem Bericht der Tageszeitung „Ha´aretz“ vom November 1985 erklärt, sie wisse „nichts von Pollards Arbeit für Israel“. Die Regierung berief jedoch drei Diplomaten zurück nach Jerusalem und reichte eine offizielle Entschuldigung für den Vorfall nach. Erst 1998 räumte Israel offiziell ein, dass Pollard für den jüdischen Staat spioniert habe.