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Israelische Historikerin: Vatikan wusste früher vom Holocaust, als bisher belegt

TEL AVIV (inn) – Der Vatikan wusste offenbar früher vom Massenmord der Deutschen an den Juden während des Zweiten Weltkrieges Bescheid, als bisher eingestanden wurde. Dies geht aus Dokumenten hervor, die von einer israelischen Historikerin untersucht wurden.

Dina Porat, Professorin für Jüdische Geschichte an der Universität von Tel Aviv, stützt sich dabei auf eine Korrespondenz zwischen dem Gesandten der Jewish Agency in den 40er Jahren in Istanbul, Haim Barlas, und dem damaligen Apostolischen Nuntius Giuseppe Roncalli.

Roncalli wurde als Papst Johannes XXIII. im Jahr 1958 der Nachfolger von Papst Pius XII., dessen Schweigen zum Holocaust seit Jahrzehnten kritisiert wird. Wie die Tageszeitung „Die Welt“ berichtet, geht laut der Historikerin Porat aus den Briefen hervor, dass Roncalli behutsam Kritik am Schweigen des Vatikans zum Holocaust übte. Er habe 1943 den slowakischen Präsidenten in einem Brief gebeten, die Deportationen von Juden in die Todeslager zu stoppen.

Am 23. Juni 1944 habe Barlas eine Kopie eines 30 Seiten umfassenden Berichtes erhalten, der auch als „Auschwitz-Protokolle“ bekannt wurde. Darin stellten zwei aus dem Konzentrationslager geflohene Juden klar, dass Auschwitz-Birkenau ein Vernichtungslager war. Laut Porat schrieb Barlas in seinen Aufzeichnungen, dass er Roncalli die Protokolle am 24. Juni 1944 schickte. Der Nuntius habe dann eine Kurzfassung an den Vatikan abgesetzt. Dies widerspreche allerdings der offiziellen Darstellung des Vatikans, den Bericht erst im Oktober 1944 erhalten zu haben. Für die Historikerin ist das ein Beweis dafür, dass Papst Pius XII. schon sehr früh von dem Ausmaß des Massenmordes der Deutschen an den Juden gewusst haben muss.

Vor wenigen Monaten wurde das Vatikanische Geheimarchiv bis zu den Dokumenten des Jahres 1939 geöffnet. Dennoch sind weiterhin wichtige Bestände gesperrt, unter anderem Schriftstücke aus der Zeit Papst Pius XII. Doch auch Barlas‘ Briefe sind nicht zugänglich. Sie befinden sich in einem Privatarchiv in Israel. Dessen Besitzer wollen nicht öffentlich genannt werden. Sie gestatteten der Historikerin aber, die Dokumente auszuwerten.

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