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Israel zensiert sich selbst

JERUSALEM (inn) - Die Vorgänge auf dem türkischen Schiff Mavi Marmara vor einem Jahr, als neun türkische "Friedensaktivisten" der radikalen Organisation IHH von israelischen Soldaten getötet wurden, haben nichts an Aktualität verloren. Dies auch, zumal in den nächsten Tagen die Mavi Marmara mit weiteren Schiffen und 1.500 Aktivisten aus aller Welt erneut in Richtung Gazastreifen ablegen will.

Die Friedensaktivisten bestritten bisher, Schusswaffen mitgeführt und auf die israelischen Soldaten geschossen zu haben, als sich diese von einem Hubschrauber abgeseilt hatten. Sie argumentieren, dass Israel keine Schusswaffen gefunden habe, sondern nur Stöcke, Äxte und Sägen.

Inzwischen erklärte der israelische Militärsprecher, erstmals in beschlagnahmten Computern Aufnahmen von Aktivisten mit Schusswaffen in den Händen an Bord des Schiffes gefunden zu haben. Die Aufnahmen, Fotos und Filme, hätten die Mitreisenden gemacht, sie wurden aber bisher nicht zur Veröffentlichung freigegeben.

Dem israelischen Massenblatt "Jediot Aharonot" ist es nun "auf anderen Wegen" gelungen, von "Militärkreisen" einige Bilder zu erhalten. Sie wurden am Dienstag in der Druckausgabe der Zeitung prominent auf der ersten Seite veröffentlicht. Doch bei "Ynet", der Internet-Ausgabe der Zeitung, sind die Bilder weder auf den englischen noch auf den hebräischen Seiten zu finden.

"Wunden durch Schusswaffen waren bekannt"

Nach Meinung der Zeitung sei bei der Propagandaschlacht zwischen Israel, der Türkei und pro-palästinensischen Aktivisten "ein Bild mehr wert als tausend Worte". Aber der Militärsprecher sagte auf Anfrage, dass die Verletzung von zwei israelischen Soldaten durch Schusswaffen allgemein bekannt sei und dass die Bilder deswegen keine "zuvor unbekannten Fakten" darboten. Einem Soldaten sei eine neun-Millimeter Kugel entfernt worden sei. Das israelische Militär verwende keine derartige Munition. Also sei klar, dass die "Friedensaktivisten" auf der Mavi Marmara tatsächlich bewaffnet waren. Israelische Soldaten hätten zudem beobachtet, wie "Kisten" von Bord geworfen worden seien, um Spuren zu verwischen.

Nach Angaben der Zeitung sei auf einem der ziemlich verschwommenen Bilder ein Aktivist mit Waffe sowie die arabische Knesset-Abgeordnete Hanin Suabi zu sehen. Diese hatte sich der blockadebrechenden "Hilfsflotte" als "Palästinenserin mit israelischer Staatsangehörigkeit" angeschlossen. Sie hatte jedoch standhaft behauptet, dass die Aktivisten an Bord unbewaffnet gewesen seien und dass sie selber keinerlei Schusswaffen gesehen habe. Die jetzt veröffentlichten Bilder beweisen das Gegenteil und könnten die Abgeordnete in Verlegenheit bringen. Suabi will sich auch an der bevorstehenden Fahrt der Mavi Marmari beteiligen, während der Abgeordnete Jariv Levin prüfen lässt, ob die Knesset gegen die Araberin ein Ausreiseverbot verhängen kann, um sie daran zu hindern.

Nicht nur diese israelische Abgeordnete ist betroffen, sondern auch deutsche Bundestagsabgeordnete. Der ehemalige Parlamentarier Norman Paech war an Bord und behauptete gegenüber dem "Spiegel", lediglich "zwei lange und einen etwas kürzeren" Holzstock gesehen zu haben. Paech bezichtigte Israel der "Kriegsverbrechen" und bestritt, dass die maskierten Elitesoldaten nur in Notwehr zur Selbstverteidigung scharf geschossen hätten: "Von Selbstverteidigung zu sprechen, ist wirklich ein Hohn." Gegenüber der "taz" beantwortete Paech die Frage, ob Waffen an Bord waren, mit "Überhaupt nicht". Ähnlich äußerten sich auch die Linke-Abgeordneten Annette Groth und Inge Höger. Im Juni vergangenen Jahres war sich Höger bei einer Pressekonferenz in Berlin sicher, von wem die Aggression ausging: "Von den Aktivisten hatte niemand eine Waffe."

Auch Matthias Jochheim, 61, stellvertretender Vorsitzender der deutschen Abteilung der Ärzteorganisation IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges), will ebenfalls nur ein paar Holzknüppel gesehen haben und sagte zum "Kölner Stadtanzeiger": "Von anderen Waffen an Bord habe ich keine Kenntnis."

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