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„Israel ist nicht das Problem, sondern die Lösung“

Der Bundestagsabgeordnete Klaus Brähmig wünscht sich von der Bundesregierung unter der Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel mehr Engagement für Israel. Im Gespräch mit Israelnetz plädiert der CDU-Politiker zudem für Verhandlungen zwischen den arabischen Staaten und Israel.
Setzt auf „Wandel durch Annäherung“ zwischen arabischen Staaten und Israel: der Bundestagsabgeordnete Klaus Brähmig

Klaus Brähmig ist Mitglied im Auswärtigen Ausschuss sowie stellvertretender Vorsitzender im Ausschuss für Tourismus des Deutschen Bundestages. Dem gebürtigen Sachsen, der im Bundestag die Interessen des Wahlkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge vertritt, ist die Stabilität der deutsch-israelischen Beziehungen eine Verpflichtung, die über die Staatsräson hinausgeht.

Israelnetz: Herr Brähmig, wie bewerten Sie die aktuelle Beziehung zwischen Deutschland und Israel?

Klaus Brähmig: Die Beziehungen würde ich als gut, aber durchaus ausbaufähig, beschreiben. Wir sollten bei allen Projekten, in denen wir aktiv sind, viel stärker in die Zukunft blicken. Gerade in der derzeitigen Lage muss Israel politisch, wirtschaftlich und militärisch unterstützt werden. Aufrufe zum Boykott israelischer Produkte sind nicht zielführend, weil es dazu führt, dass Menschen Arbeit, Brot und Lohn verlieren.

Wäre eine einseitige Parteinahme der deutschen Politik für Israel vertretbar?

Man muss sich auch einmal in die Situation Israels hineinversetzen. Das Land ist die einzige wirkliche Demokratie mit einem modernen Verfassungs- und Rechtsstaat im Nahen Osten und muss sich täglich verteidigen. Israel ist nach wie vor der Hort der Demokratie und Stabilität in der Region. Es lebt Weltoffenheit und Toleranz. Insofern stellt Israel in der Region nicht das Problem, sondern die Lösung dar. Diese Sicht muss sich aus meiner Überzeugung noch weiter durchsetzen. Wir als Deutsche haben eine besondere Verantwortung gegenüber Israel, die auch unterschiedliche Meinungen zulassen muss. Aber in der Grundfrage der Existenz Israels und der Verteidigung dieses Rechts gibt es für mich keine Diskussion.

Wie kann das aussehen?

Meines Erachtens muss mehr Druck auf die Palästinenser ausgeübt werden, um sie wieder auf den Pfad der Tugend zurückkehren zu lassen. Es ist ein schlechtes Signal, wenn Mahmud Abbas als Präsident der Autonomiebehörde jetzt einseitig erklärt, er wolle das Oslo-Abkommen aufkündigen. In der Devise „Land gegen Frieden“ sehe ich immer noch für beide Seiten eine vernünftige Form der Annäherung. Für mich steht außer Frage, dass es den Palästinensern in Judäa, Samaria und auch im Kernland Israels besser geht als jenen in der arabischen Welt. Da sollten auch die deutsche Politik und auch die Bundeskanzlerin noch deutlicher darauf hinweisen. Es bringt nichts, wenn man sagt, „die Beziehungen zu Israel sind Staatsräson“, und lässt es danach weitestgehend einfach so laufen. Da würde ich mir ein noch stärkeres Engagement von Deutschland wünschen.

Wie bewerten Sie das Atomabkommen mit dem Iran?

Aus der Sicht Israels ist das sicher enttäuschend und die Politiker dort werden sich die Frage stellen, kann ich mich auf Europa und auf die USA verlassen oder sind wir auf uns alleine gestellt? Persönlich bin ich in dieser Hinsicht recht illusionsfrei. Israel wird sich in jeder Hinsicht selbst verteidigen, das ist keine Frage. Einfacher wäre es für das Land aber, wenn es zuverlässige Verbündete an seiner Seite wüsste. Dafür zu werben, sehe ich auch als große Aufgabe in den nächsten Monaten und Jahren an.

Derzeit werden in Israel viele Menschen Opfer brutaler Messerattacken. Wie kommt die Region wieder zur Stabilität zurück?

Persönlich habe ich dieses Jahr als Vize-Vorsitzender des Tourismus-Ausschusses des Bundestages das Land bereist und war begeistert vom Engagement und dem Fleiß der Israelis, aber auch der Christen und Palästinenser, die dort in vielfältiger Weise arbeiten und sich engagieren. Diese Kräfte müssen wir viel stärker in den Fokus nehmen und den radikalen Kräften, die absolut keinen Beitrag zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Frieden und Freiheit leisten, ganz klar auch die Grenzen weisen.

Wie sieht eine politische Lösung aus?

Im Beisein des jordanischen Außenministers Nasser Dschudeh habe ich in der Fraktion gefordert, ein Verfahren zu entwickeln, das dem KSZE-Prozess in den 70er Jahren ähnelt. Damals hat sich die freie, westliche Welt in Helsinki mit den verfeindeten Staaten des Ostblocks getroffen und alle Themen und Probleme erörtert. Seinerzeit hat man alle Themenbereiche ausgeklammert, die nicht lösbar erschienen. So muss es in der derzeitigen Situation im Nahen Osten auch sein. Ich habe dem jordanischen Außenminister gesagt, er und sein Land seien von der Frage stark betroffen, denn es besteht ja auch die Gefahr, dass Jordanien zerrieben wird. Derzeit sagen ja viele, Jordanien sei der Palästinenserstaat, da brauche man kein zweites Gebilde. Deshalb sollte man in Amman eine Konferenz einberufen, wo ohne Tabus alle mit am Tisch sitzen – Israel, Saudi-Arabien, Iran, Jordanien und alle anderen Staaten, die in der Region ein Interesse an einer friedlichen Lösung haben. Dort könnte man klären, was vorangebracht werden soll – wollen wir die Wasserwirtschaft, wollen wir die Landwirtschaft, wollen wir die Bildung gemeinsam voranbringen, wollen wir den Terrorismus gemeinsam bekämpfen? So stelle ich mir das vor. Ich glaube, darin liegt ein Schlüssel zum Erfolg.

Gibt es eine Garantie für erfolgreiche Verhandlungen?

Was in Europa unter der Perspektive des Kalten Krieges funktioniert hat, kann aus meiner Sicht dort genauso zum Erfolg führen. Das würde auch bedeuten, dass man in irgendeiner Form auch mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zusammenarbeiten muss. Da bleibt keine andere Option, solange Russland als Schutzmacht seine Hand über Assad hält. Israel ist aus meiner Sicht immer bereit, in jeder Weise konstruktiv mitzuarbeiten. Es gibt kein Land, wie Israel, das so eine existenzielle Notwendigkeit darin sieht, auch mit den Arabern zusammenzuarbeiten. Wir sollten mutig sein und neue Gedanken denken. Eine Konferenz, die auch einen langen politischen Weg bedeuten kann, die das Modell der KSZE als Vorbild hat. Sicher ist da nicht alles eins zu eins umsetzbar. Aber hierin liegt ein möglicher Ansatzpunkt zur Lösung des Konflikts. Kein großer Friedensvertrag, sondern Wandel durch Annäherung.

Herr Brähmig, wir danken Ihnen für das Gespräch. (nob)

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