Am Dienstagabend hat das jüdische Chanukka-Fest begonnen – bis zum Vorabend des 16. Dezember zünden jüdische Familien jeden Abend den achtarmigen Chanukkaleuchter, die so genannte Chanukkia, an.
Dienstagabend eine Kerze, Mittwochabend zwei Kerzen, und so weiter, bis am Abend des 15. Dezember alle acht Kerzen brennen. Eigentlich brennen dann neun Kerzen, denn jeder Chanukkaleuchter hat noch eine neunte Kerze – den Schamasch, den Diener, mit dem die anderen Kerzen angezündet werden.
Das jüdische Volk erinnert sich in diesen Tagen an die Wiedereinweihung, hebräisch Chanukka, des Tempels. Es feiert den Sieg der Makkabäer über die Hellenisten und freut sich über die Reinigung des jüdischen Heiligtums in Jerusalem von allem heidnischen Götzendienst. Deshalb ist das Fasten in dieser Zeit verboten.
Ende der 70er Jahre des 2. Jahrhunderts vor der Zeitrechnung hatte der in Syrien residierende Seleuzidenherrscher Antiochus IV. Epiphanes begonnen, dem jüdischen Volk die griechische Kultur aufzuzwingen. Viele Juden im Land Israel hatten den Hellenismus akzeptiert und sich der neuen Kultur angepasst.
„Ultra-orthodoxe Fundamentalisten“ mussten sich damals gefallen lassen, dass der Verzehr von Schweinefleisch zur Pflicht gemacht und die Praxis der Sabbatruhe und der Beschneidung mit dem Tode bestraft wurden. Im Jahr 167 vor der Zeitrechnung wurde der jüdische Tempel der griechischen Gottheit Zeus geweiht und zu einem Zentrum des Götzendienstes gemacht.
Unter der Führung des charismatischen Priesterfürsten Mattathias aus Modein begannen torahtreue Juden einen Guerillakrieg gegen die zahlenmäßig weit überlegenen Syrer und ihre jüdisch-hellenistischen Sympathisanten. Nach dem Tod des Hasmonäers Mattathias übernahm dessen Sohn Judas Makkabäus die Führung der Aufständischen. Ihm gelang es im Jahre 164, Jerusalem zu erobern. Judas reinigte den Tempel und weihte ihn wieder dem Gott Israels.
Nach rabbinischer Tradition wollten die Anhänger von Judas Makkabäus bei der Einweihung des Tempels den siebenarmigen Leuchter, die Menorah, im Tempel anzünden. Dazu ist jedoch kultisch reines Olivenöl notwendig. Die frommen Juden fanden damals aber nur noch wenig entsprechendes Öl, es soll gerade für einen Tag gereicht haben. Das „Chanukkawunder“ war nun, dass diese kleine Menge Öl acht Tage lang ausreichte, den Leuchter brennen zu lassen – lange genug, bis wieder neues, einwandfreies Olivenöl hergestellt werden konnte.
Deshalb spielt bei den Chanukkabräuchen das Öl eine große Rolle. Viele Leuchter werden noch traditionell mit Olivenöl genährt. Außerdem isst man in Öl gebackene Süßigkeiten, wie etwa „Berliner“ (Sufganiot) oder Pfannkuchen. Nach Angaben der Militärzeitschrift „Bamahane“ gibt allein die israelische Armee in diesem Jahr rund 85.000 Euro aus, um ihre Soldaten mit 300.000 Krapfen verschiedener Füllungen zu versorgen. Auch Kartoffelküchlein (Latges) sind zum Fest beliebt.
Eine weitere Tradition, die besonders (aber nicht nur!) die Kinder begeistert, sind die Chanukkakreisel, die in allen möglichen Ausführungen angeboten werden. Man erzählt sich, dass die frommen Juden nie aufgehört hatten, die heiligen Schriften zu studieren, obwohl ihnen das in der Zeit der Herrschaft des Antiochus verboten gewesen war. Wenn damals unerwartet ein Staatsbeamter erschien, sollen sie die jüdischen Schriften schnell versteckt und irgendwelche Spiele als Vorwand ihres Zusammensitzens hervorgeholt haben.
Für viele bibel- und traditionsgläubige Juden hat Chanukka eine hochaktuelle, biblische Botschaft für unsere Zeit. „Wie zur Zeit der Makkabäer kämpft heute eine Minderheit im Volk Israel, die an der Torah festhält, gegen die Mehrheit, die sich dem humanistischen Zeitgeist anpassen will“, erklärte mir ein Mitarbeiter im israelischen Gesundheitsministerium.
„Die Mehrheit des Volkes will genau wie damals nicht auf Gott hören. Wir sind das Volk, das abgesondert leben und sich nicht zu den Heiden rechnen soll“, zitierte er die Prophetie des heidnischen Sehers Bileam. „Wenn der ermordete Ministerpräsident Jitzhak Rabin nach dem Abschluss der Verträge von Oslo gesagt hat, dass wir jetzt kein Volk mehr sind, das abgesondert lebt, dann hat er damit gesagt, dass es den Gott Israels nicht gibt.“
So wird der Name „Makkabäer“, hebräisch „Makkabi“, unter anderem auch als Akronym des Bekenntnisses aus dem Lobgesang des Mose gedeutet: „Herr, wer ist dir gleich unter den Göttern?“ (2. Mose 15,11).
Zum Anzünden der Chanukkia werden traditionelle Segenssprüche und Gebete gesprochen. Auch in den Synagogengottesdiensten und Tischgebeten wird das Chanukkafest erwähnt. Das Chanukkalicht soll öffentlich sichtbar sein, um das Chanukkawunder zu verkünden. Deshalb stehen viele Leuchter im Fenster oder im Hauseingang.
Während der Chanukkawoche geht das Arbeitsleben ganz normal weiter. Nur an den in der Torah, den fünf Büchern Mose, gebotenen Festen, wird die Arbeit wie am Ruhetag Schabbat eingestellt. Die Kinder haben Chanukkaferien.
Die weltweit größte Chanukkia steht seit einigen Tagen am Eingang von Jerusalem. Sie ist 21 Meter breit und hat 20 Meter lange Arme. Der Leuchter besteht aus 1.800 Glühbirnen und wiegt 50 Tonnen. Wie das achttägige Ölwunder soll er den Menschen in Jerusalem und dem ganzen jüdischen Volk Licht und Festfreude bringen. Laut dem Informationsdienst „Arutz Scheva“ soll die Chanukkia ins Guinness Buch der Rekorde aufgenommen werden.