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Islamforscher: „Wenn sie kein Israel hätten, müssten sie es erfinden“

HAMBURG (inn) – Israel dient nach Meinung des Islamwissenschaftlers Bernard Lewis als eine Art Blitzableiter für das unzufriedene Volk der arabischen Staaten. Weil die arabische Welt wirtschaftlich hinter Äquatorialafrika zurückgefallen ist, hegten die Einwohner eine berechtigte Wut gegen ihre Regierungen, so Lewis in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ am Mittwoch.

„Die Palästinafrage“, so der Islamforscher, „ist in gewisser Weise sehr wertvoll für die Regierungen der Region“, und er fügt hinzu: „Wenn sie kein Israel hätten, müssten sie es erfinden“.

Zudem bezeichnet Lewis das Urteil der UN-Vollversammlung zum Sicherheitszaun Israels als „unfair“. Das UN-Gremium habe einseitig geurteilt und nicht genügend auf das Problem des Terrors und der Selbstmordanschläge hingewiesen, die „der Hauptgrund für den Bau dieser Barriere“ seien.

Auch sei der Verlauf des Zaunes nicht das eigentliche Problem, so Lewis. Den Zaun entlang der Grünen Linie statt auf dem Gebiet der palästinensischen Autonomiebehörde zu bauen, habe „wenig Sinn“. Denn im Waffenstillstandsabkommen von Rhodos nach dem Krieg 1949 stehe eindeutig, dass sie eine Linie des Waffenstillstandes sei, und kein Grenzverlauf.

Nach dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein habe sich die Problem-Wahrnehmung bei den Palästinensern verändert, sagt der Islamforscher. Seit Hussein nicht mehr an der Macht sei, machten die Palästinenser zunehmend ihre eigenen Führer verantwortlich für ihre Misere, statt wie bisher ausschließlich Israel. Ursache hierfür seien auch die Medien, welche den freien Meinungsstreit innerhalb des demokratischen Israel für die umliegenden diktatorischen Länder sichtbar machten. „Etwas also, was es bei ihnen so kaum gibt“, so Lewis.

Arafat übe „die wirkliche Kontrolle aus“, sagt der Islam-Experte, „und er erhält jährlich Millionen Dollar, darunter von der Europäischen Union, ohne klare Rechenschaft“. Auf die Frage, ob Arafats Zeit vorbei sei, antwortet Lewis: „Ich hoffe. Aber er hat doch eine bemerkenswerte Fähigkeit zum Überleben.“

Der 88-jährige Bernard Lewis gilt als einer der wichtigsten Wissenschaftler amerikanischer Nahost-Geschichtsforschung. Zuletzt lehrte er an der Universität Princeton. In seinem jüngsten Buch „From Babel to Dragoman: Interpreting the Middle East“ veröffentlichte er eine Auswahl seiner Arbeiten aus 50 Jahren Forschung zur islamischen Zivilisation.

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