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Intifada reloaded – der Kampf gegen Israel auf dem PC

Den Kampf gegen die israelische „Besatzungsmacht“ kann seit einiger Zeit jeder noch so untrainierte oder ängstliche Anti-Zionist in seinem Wohnzimmer aufnehmen. Mit Maschinengewehr und Handgranate bewaffnet kriecht er im Sand auf einen israelischen Stützpunkt zu und macht Jagd auf Soldaten oder bekannte Politiker des Landes. Jedenfalls kann er sich dieser Illusion hingeben oder einfach nur „trainieren“. Alles, was er dazu braucht, ist sein Computer und das neue Computerspiel „Special Force“, das ein libanesischer Software-Verlag im Auftrag der Islamistengruppe Hisbolla („Partei Gottes“) programmiert hat.

Das Spiel ist ein sogenannter „Ego-Shooter“, in dem sich der Spieler in einer simulierten dreidimensionalen Welt bewegt. Es wird weltweit vertrieben. Die Technologie ist zwar nicht ganz neu und basiert auf einer amerikanischen Spiele-Programmierung, die seit geraumer Zeit für jeden frei verfügbar ist; doch es ist das erste ernstzunehmende Spiel dieser Art aus arabisch-fundamentalistischen Kreisen. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines „Freiheitskämpfers“, der im Süden des Libanon den „israelischen Aggressor“ vertreiben soll.

Die Homepage zum Spiel informiert: „Das Spiel basiert auf der Realität, auf echten Ereignissen, die sich in einem Land namens ‚Libanon‘ abgespielt haben. ‚Israel‘ marschierte 1978 und 1982 im Libanon ein und wurde 2000 gezwungen, sich zurückzuziehen“. Die „kommenden Generationen“ sowie „alle freiheitsliebenden Menschen“ können durch das Spiel lernen, dem „zionistischen Feind“ entgegenzutreten. Der Spieler mache sich so zum „Partner des islamischen Widerstandes“.

Dementsprechend theatralisch und martialisch geht es im Spiel zu: zur Ausbildung muß der zukünftige Terrorist auf Fotos des israelischen Premierministers und des Verteidigungsministers schießen. Bewährt er sich, bekommt er von keinem anderen als dem Hisbolla-Chef Scheich Hassan Nasrallah persönlich eine Auszeichnung mitsamt detaillierten Karten für den nächsten Einsatz. Dieser ist vorzugsweise einem tatsächlichen Vorfall nachempfunden, umfaßt das Stürmen von israelischen Kommandoposten ebenso wie das Beschießen israelischer Helikopter und Soldaten.

Das von der libanesischen Firma „Hadeel“ entwickelte und vom „Central Internet Bureau“ der Hisbolla in Beirut hergestellte Spiel kostet gerade mal 8,50 Dollar und ist in arabischer und englischer Sprache erhältlich. Der „Heise“-Verlag teilt mit, „Special Force“ sei bisher rund 15.000 mal verkauft worden, hauptsächlich in arabische Länder wie Syrien, Iran, Dubai, Kuwait oder in die Vereinigten Arabischen Emirate. Nach Europa und Australien sind insgesamt rund 1.000 Stück geliefert worden, davon 200 nach Großbritannien.

„Bislang haben unsere Jugendlichen amerikanische Spiele spielen müssen; mit amerikanischen Helden und arabischen Terroristen. Jetzt können sie unseren eigenen Kampf nachspielen“, lobt die Internet-Seite des Spiels. Diese Argumentation vertritt auch Bilal Zein vom Internetbüro der Hisbolla: das Spiel setze der Dominanz von westlich orientierten Spielen etwas entgegen. Es sei eine Demütigung für viele arabische Menschen, daß in den westlichen Spielen die Gejagten häufig Araber, die Helden dagegen Amerikaner seien.

Tatsache ist, daß in so manchem amerikanischen Baller-Spiel die Bösewichter leicht arabisch aussehen. In Spielen wie „Desert Storm“ oder „Delta Force“ ist es schon seit langem Aufgabe spielender Kids überall auf der Welt, Turban tragende Terroristen zu bekämpfen. Manche Computerfachleute sind daher der Meinung, viele arabische Spieler seien es leid, in Ballerspielen immer auf Personen schießen zu müssen, die aus dem gleichen Kulturkreis kommen wie sie selbst. Daher „schlagen“ arabische Spielehersteller nun zurück. Die Frage stellt sich allerdings, ob westliche Spiele mit einem vergleichbaren ideologischen Pathos gefüttert sind wie etwa „Special Force“. Beim amerikanischen Spiel geht es um die Jagd nach Terroristen, die keinesfalls immer ausdrücklich als Moslems mit genuin muslimischem Habitus dargestellt werden, sondern die allenfalls gelegentlich schwarzes, gelocktes Haar tragen. Im libanesischen Pendant dagegen geht es konkret um das Land Israel und um die „Zionisten“, die vernichtet werden müssen.

Die Idee, Computerspiele pädagogisch für ein bestimmtes Ziel einzusetzen, ist nicht neu. Das amerikanische Militär hoffte, Tausende amerikanischer Jugendlicher mit dem Spiel „America’s Army“ für ihre Arbeit zu begeistern. Der frei im Internet erhältliche 3D-Shooter beinhaltet ein grundlegendes Waffentraining sowie ein Scharfschützentraining – wenngleich nicht auf Politiker geschossen wird. Hat der Spieler diese Grundausbildung durchlaufen, gilt es, Amerika im Kampf gegen den Terror zu verteidigen. Laut „Heise“ haben sich knapp 1,5 Millionen Menschen für dieses Spiel registriert. Von den 35.000 Menschen, die es täglich spielen sollen, würden laut US-Verteidigungsministerium zwischen 20 und 30 Prozent auch die Rekrutierungswebsite der Armee anklicken

Und auch in Israel gibt es ein Spiel wie „Israeli Airforce“, bei dem der Spieler zu einem Piloten eines Kampflugzeuges wird. Wahlweise im Krieg von 1967 oder im Libanonkrieg bombardiert er in einer realistischen virtuellen Welt arabische Städte und Dörfer.

Für den Internet-Spezialisten der Hisbolla, Hassan Salem, steht die politische Bedeutung von „Special Force“ angeblich an zweiter Stelle. „Wie bei allen anderen Computerspielen geht es auch bei Special Force in erster Linie um Unterhaltung. Dann erst kommt die politische Botschaft.“ Doch die ist eindeutig: das Spiel soll offen Werbung für den bewaffneten Kampf gegen Israel machen. Das Verlagshaus „Dar El-Fikr“, für das Salem arbeitet, hat im vergangenen Jahr das Spiel „Underash“ herausgebracht. Hier schlüpft der Spieler in die Rolle von „Ahmed“, der während der ersten „Intifada“ in den späten 80er Jahren Jerusalem von den Israelis befreien soll. Das Spiel kostet ebenfalls acht Dollar und stellt den Konflikt in Israel dar, als sei es legitim, mit aller Waffengewalt gegen eine Besatzungsmacht zu kämpfen. Wie bei „Special Force“ legt man jedoch Wert darauf, daß keine Zivilisten dabei umkommen dürfen. Passiere es trotzdem, sei das Spiel zuende. Legitime Ziele seien lediglich „Soldaten und Siedler“. Salem schwört auf den historischen Wert seines Spiels: „Wir erzählen einfach die Geschichte eines entwurzelten Volkes, dessen Kinder getötet werden.“

Möglichst viele unschuldige Zivilisten umzubringen, ist das ausdrückliche Ziel des sehr schlicht gehaltenen Spieles „Kaboom!“. Hier muß der Spieler sich selbst zum richtigen Zeitpunkt auf einer belebten Straße in die Luft sprengen. Je mehr Frauen und Kinder dabei umkommen oder verletzt werden, desto mehr Punkte gibt es. Daß es sich dabei auch wirklich um Israel handelt, macht noch einmal ein Bild des Palästinenserpräsidenten Jasser Arafat zu Beginn des Spiels klar. Doch der Erfinder des Spiels ist kein islamistischer Fanatiker, sondern ein 21jähriger Amerikaner, der nach eigenen Angaben weder arabisch noch jüdisch ist und der erst recht keinen blassen Schimmer hat, was im Nahen Osten vor sich geht. Durch die enorme Beliebtheit ist er in der Internetspiel-Gemeinde inzwischen kein Unbekannter mehr. Dem Ansturm auf den Webserver nach zu urteilen, auf der sein Spiel kostenlos angeboten wurde, setzen sich weltweit unzählige Leute vor ihren Computer, um Selbstmordattentäter zu spielen.

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