Inhaftierter Barghuti kandidiert nun doch für PA-Wahl

RAMALLAH (inn) – Der ehemalige Anführer der Fatah-Bewegung im Westjordanland, Marwan Barghuti, will nun doch für den Vorsitz der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) kandidieren. Barghuti, der seit Juni eine fünffache lebenslange Gefängnisstrafe absitzt, tritt damit als starker Konkurrent gegen den Fatah-Kandidaten Mahmud Abbas an.

Barghutis Ehefrau Fadwa hatte ihn in der Nacht zum Donnerstag im israelischen Gefängnis besucht. Die Frist zur Anmeldung einer Kandidatur für die Wahl am 9. Januar sollte am Mittwoch ablaufen. Kurz nach Mitternacht teilte Fadwa Barghuti in Ramallah die Kandidatur ihres Mannes mit.

Barghutis Bruder Mukbal hat nach eigenen Angaben die Gebühr für die Anmeldung in Höhe von 3.000 US-Dollar bezahlt. Barghuti werde als unabhängiger Kandidat antreten, aber hinter ihm stehe eine große Wählerschaft aus der Fatah, sagte der enge Vertraute Barghtuis, Ahmed Ghanem.

Bisher hatte der 45-Jährige seine Kandidatur stets offengelassen. Israel hatte wiederholt betont, dass der Palästinenser nicht aus dem Gefängnis freigelassen werde. Das Gericht war im Sommer davon überzeugt, dass Barghuti für 37 Terroranschläge gegen Israel verantwortlich ist. Lediglich für vier konnten genug Indizien zusammentragen werden. Premierminister Ariel Scharon wiederholte am Donnerstag, Barghuti werde im Gefängnis bleiben, auch wenn er nun für die Wahl kandidiere.

Vor knapp zwei Wochen hatte die Fatah-Partei den PLO-Vorsitzenden Mahmud Abbas zum Kandidaten für die PA-Wahl aufgestellt. Abbas galt bislang als Favorit, doch Umfragen zeigen, dass Barghuti in der Bevölkerung hohes Ansehen genießt. Ende Oktober wünschten sich 51 Prozent der befragten Palästinenser Barghuti als neuen PA-Präsidenten. Bei einer Umfrage Mitte November wollten lediglich 24,2 Prozent Abbas wählen.

Die Palästinenserführung zeigte sich überrascht von der Ankündigung Barghutis. „Das wird die Fatah in einer schwierige Position bringen“, sagte der palästinensische Chef-Unterhändler Saeb Erekat gegenüber der „Jerusalem Post“.

Aus dem Büro von Abbas hieß es am Donnerstagmorgen, man stehe in Verhandlungen mit Barghutis Vertrauten, um die Krise zu beenden. Es bestehe die Möglichkeit, dass Abbas an die Seite gedrängt werde und linksgerichtete Organisationen sowie die Hamas sich hinter Barghuti stellten.

Barghuti wolle „die Intifada schützen“, sagte Ghanem. In einem Brief an seinen Vertrauten beschuldigte er die Fatah-Führung, den verstorbenen Palästinenserführer Jasser Arafat zu diskreditieren. Sie mache ihn für das Leiden des palästinensischen Volkes verantwortlich. Nach Arafats Tod über die Möglichkeit eines Friedens zu reden, sei gleichbedeutend mit der Schändung seiner Anstrengungen, schrieb Barghuti.

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