„In letzter Minute“: Mehr Macht für Abbas

RAMALLAH (inn) – Das palästinensische Parlament hat „in letzter Minute“ Gesetze verabschiedet, die dem Vorsitzenden der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, mehr Rechte einräumen. Die Hamas, die in wenigen Tagen ein neues Parlament stellen wird, hat stark gegen die Maßnahmen protestiert.

Der Palästinensische Legislativrat (PLC) beschloss am Montag, dass der Präsident das Parlament jederzeit auflösen kann. Zudem kann er Gesetze rückgängig machen und hat die Verantwortung über die palästinensischen Medien.

Der PA-Vorsitzende hat nun das Recht, die neun Parlamentsrichter selbst zu bestimmen. Er braucht dafür nicht die Genehmigung durch das Parlament. Wenn in Zukunft also die Hamas-Mehrheit des PLC ein Gesetz einbringen will, und Abbas dies nicht akzeptiert, wird die Sache vor die Richter gebracht, die darüber entscheiden. Wenn die Richter mehrheitlich der Fatah angehören, könnten diese zugunsten von Abbas entscheiden.

Macht über die Medien geht an Abbas

Auch über Fernseh- und Radiosender kann von nun an Abbas direkt entscheiden. Bislang war die palästinensische Rundfunkbehörde eine Institution des palästinensischen Informationsministeriums. Die Behörde war kurz nach der Rückkehr der PLO ins Westjordanland und in den Gazastreifen nach den Oslo-Abkommen gegründet worden. Die Neuerung betrifft auch die offizielle palästinensische Nachrichtenagentur Wafa.

„Die Hamas steht kurz davor, ein neues Kabinett zu gründen, und wir wollen nicht, dass sie die Kontrolle über die Radio- und Fernsehstationen bekommt“, sagte ein ranghoher PA-Vertreter laut einem Bericht der „Jerusalem Post“. Palästinensische Journalisten hatten sich an Abbas gewandt und deutlich gemacht, dass sie nicht bereit seien, unter einer Hamas-Regierung zu arbeiten. Ähnlich äußerten sich auch die Sicherheitsbediensteten nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse im Januar.

Hamas nennt das Vorgehen „unmoralisch“

„Wir nennen das einen weißen Staatsstreich“, protestierte Mahmud Ramahi, neugewähltes Mitglied des PLC von der Hamas aus Ramallah. „In Algerien sprach man von einem schwarzen Staatsstreich, als man das Militär dazu benutzte, die Wahlergebnisse umzustürzen“, sagte Ramahi gegenüber der „Jerusalem Post“.

Den Vorgang vom Montag nannte er „unmoralisch“. „Die Mehrheit der Leute, die das heute entschieden haben, besteht aus Leuten, die bei den Wahlen verloren haben. Am 25. Januar hat das Volk Personen gewählt, die die anderen ersetzen sollen. Wie können sie dann am 13. Februar Dinge für die Menschen entscheiden?“

Die Hamas hatte bei den PLC-Wahlen 74 der 132 Sitze gewonnen.

Viele säkulare Moslems sowie nicht-moslemische Palästinenser befürchten, dass die Hamas die Scharia im Land durchbringen will. Die Hamas hat angekündigt, die Gesetze „im Geiste des Islam“ verändern zu wollen. Es solle jedoch niemand gezwungen werden, religiös zu werden.

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