Immer mehr „fromme Buslinien“ in Israel

Israels größte Busgesellschaft „Egged“ richtet immer mehr Buslinien ein, die besonders für orthodoxe Juden gedacht sind – darin sitzen Männer und Frauen getrennt. Über einen Trend, bei dem fromme Juden gegen „sündige Einflüsse“ auf die Gesellschaft angehen, berichtet die Tageszeitung „Ha´aretz“.

Die frommen Buslinien werden „Mehadrin“-Buslinien genannt. „Mehadrin“ ist ein hebräisches Wort für Strenggläubige. „Egged“ selbst bezeichnet diese Praxis als „für Juden vorgesehen“. „Egged“ zählt mit rund einer Million Fahrgästen pro Tag und 4.000 Fahrzeugen zu den größten öffentlichen Busgesellschaften der Welt.

Nach den Regeln der Strenggläubigen dürfen sich Männer und Frauen nicht berühren oder sich ansehen, wenn sie nicht miteinander verheiratet oder verwandt sind. Frauen besteigen den Bus über die hintere Tür und sitzen hinten im Bus, Männer sitzen vorne. Die Busfahrer kontrollieren die Sitzordnung jedoch nicht, und die „Mehadrin“-Busse sind nicht als solche gekennzeichnet. Ein Sprecher von „Egged“ erklärte, da ein Bus öfter sowohl für „Mehadrin“-Routen als auch für normale eingesetzt werde, sei es nicht machbar, sie jedes Mal neu zu kennzeichnen. Normalerweise wissen die regelmäßigen Nutzer, welche Busse für Strenggläubige gedacht sind, und welche nicht, und sie halten sich an die Sitzregel.

Bereits vor 14 Jahren baten die Orthodoxen „Egged“ um „koschere“ Busse. Doch die Busgesellschaft lehnte die Anfrage damals ab, weil sie meinte, dies würde sich wirtschaftlich nicht auszahlen, berichtet Schmuel Popenheim, ein Sprecher der frommen, anti-zionistischen Gruppe „Edah Haredit“ und Bewohner in Beit Schemesch.

Seit etwa fünf Jahren bietet Egged „Mehadrin“-Busse an. Die erste Linie war die zwischen Jerusalem und Bnei Brak. Mittlerweile gibt es 24 dieser „frommen Buslinien“. Allein in den vergangenen sechs Monaten sind elf Linien hinzu gekommen. Die letzte war vor wenigen Tagen zwischen Jerusalem und Arad ins Leben gerufen worden, teilte „Gal BSD“ mit, eine Werbeagentur, die sich auf den Markt der orthodoxen Juden spezialisiert hat.

Egged führt immer mehr orthodoxe Linien ein, weil eine Umfrage ergeben hatte, dass die meisten orthodoxen Fahrgäste für eine Geschlechtertrennung sind, egal, ob die Befragten Männer oder Frauen waren. Weniger als 20 Prozent der religiösen Familien besitzen ein Auto, deswegen sind viele auf die öffentlichen Busse angewiesen.

Die Geschlechtertrennung in Bussen ist ein Ausdruck des Versuchs von Strenggläubigen, mehr Einfluss auf das Verhalten in er Öffentlichkeit auszuüben, so „Ha´aretz“. Ein anderer Fall, den Orthodoxe zu verhindern suchen, ist „unzüchtige“ Damenmode. Außerdem setzt sich eine Initiative dafür ein, dass in El Al-Flugzeugen „koschere“ Filme gezeigt werden, etwa vom Produzenten und Regisseur Mosche Levi, der selbst chassidischer Jude ist. Orthodoxe Juden glauben, dass weltliche, sündige Einflüsse Unheil über die Gesellschaft bringen wie etwa Krankheit, Armut und Gottlosigkeit.

Im Juli hatte die jüdische Reformbewegung die geschlechtertrennenden Busse als „illegal“ kritisiert. Das „Israel Religious Action Center“ (IRAC) forderte, dass Busse mit Geschlechtertrennung nur in Orten fahren, in denen es auch eine Buslinie für beide Geschlechter gibt. „Die momentane Regelung schadet den Grundrechten auf Menschenwürde und Freiheit“, so das IRAC.

Schlomo Hirsch, ein Geschäftsmann und religiöser Führer, hat ein eigenes religiöses Transportunternehmen gegründet, das er „Darka Acharina“ („Der andere Weg“) genannt hat. Der Name bezieht sich auf einen Text im Talmud, in dem der Mann gepriesen wird, der „den anderen Weg“ beschreitet und Frauen nicht ansieht.

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