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Im Tal der bösen israelischen Wölfe

Der türkische Kinofilm "Im Tal der Wölfe" hätte es fast nicht in die deutschen Kinos geschafft. Zu brutal und zu antisemitisch, sagten Kritiker. Vergangene Woche startete er dann doch deutschlandweit. Eines ist sicher: Der Film ist so antiisraelisch, wie ein Film nur sein kann. Aber ist er auch antisemitisch?

Die Handlung ist schnell erzählt: Ein türkischer Geheimagent namens Polat Alemdar wurde nach Israel entsandt, um die Verantwortlichen für das vermeintliche israelische Massaker auf dem angeblichen „Hilfsschiff für Gaza“, der „Mavi Marmara“, umzubringen. Sein Hauptziel ist der israelische Offizier Moshe Ben Eliezer, vom Typ her etwa wie der schwedische Schauspieler und Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen. Auf dem Weg zu seinem Ziel mäht das türkische Kommando alles nieder, was eine israelische Uniform trägt. Diese ermüdend endlosen Gewaltorgien des türkischen James Bond und seiner Kollegen sind leider das wichtigste Element des Films. Der Geheimagent wird selbst im heftigsten Kugelhagel von keiner einzigen feindlichen Kugel getroffen, sein blütenweißes Hemd wird kein bisschen schmutzig, er selbst jedoch bringt seine Gegner jedes Mal lässig mit dem allerersten Schuss zur Strecke. In „Tal der Wölfe – Palästina“ geht es stumpf um die Umsetzung einer Kleinjungen-Fantasie eines Superman, der in Israel mal ordentlich aufräumt.

Der Film lief am 27. Januar an, ausgerechnet an diesem Tag wird bundesweit offiziell den Opfern des Nationalsozialismus gedacht. Dieses sensible Datum sei der Produktionsfirma „Pera Film“ in Köln, die den Film vertreibt, nicht bewusst gewesen, teilte sie gegenüber Israelnetz mit. Nun ist er in 25 Ländern zu sehen. In Deutschland, wo 100 Kopien im Einsatz sind, rief er Proteste von jüdischen Gruppierungen und Bürgerrechtsgruppen hervor. Der Zehn-Millionen-Dollar-Film wurde unter anderem vom „Koordinierungsrat deutscher Nicht-Regierungsorganisationen gegen Antisemitismus“ wegen „volksverhetzenden Charakters“ attackiert.

Philipp Mißfelder, außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU im Bundestag, kritisierte vor allem, dass der Film ausgerechnet an diesem wichtigen Gedenktag in Deutschland starten sollte, als „Geschmacklosigkeit“. „Der Film ist ohnehin problematisch, weil er gewaltverherrlichend ist und antiisraelische sowie antisemitische Emotionen schürt“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese. „Wenn dieser Film eine eindeutige antiisraelische Tendenz hat, wovon man ausgehen muss, ist es eine Instinktlosigkeit ersten Ranges“, sagt auch Jerzy Montag, Grünen-Abgeordneter und Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag.

Ist „Tal der Wölfe“ antisemitisch?

Bereits ein gleichnamiger Vorgängerfilm („Tal der Wölfe – Irak“) hatte vor vier Jahren für heftige Reaktionen gesorgt. Er nahm die Folterungen im Irak durch amerikanische Soldaten zum Aufhänger für eine ähnlich krude Actionstory. Vorlage für die beiden Kinofilme ist die Fernsehserie „Tal der Wölfe“. Die Serie und der erste Film haben bereits in den letzten Jahren diplomatische Spannungen zwischen Israel und der Türkei ausgelöst.

Ist „Tal der Wölfe – Palästina“ antisemitisch? Die Freiwillige Selbstkontrolle (FSK) entschied, dass er Zuschauern über 18 Jahren zuzumuten sei. Aber das auch erst in der zweiten Instanz. Zuerst urteilten die unabhängigen Gutachter nämlich, dass der Film gar keine Freigabekennzeichnung erhalten sollte. Dann hätte jeder Kinobetreiber auf eigene Gefahr über die Vorführung entscheiden können und sich damit im Falle einer Anzeige wegen Volksverhetzung auf dünnem Eis befunden. Wie die FSK-Geschäftsführerin Christiane von Wahlert gegenüber Israelnetz sagte, seien bei ihrer Organisation in den vergangenen Wochen hunderte empörte Anrufe und E-Mails eingegangen. Im Internet hatte sich die Meinung verbreitet, das Kontrollgremium habe den Film „verboten“ oder „zensiert“. Doch die FSK sei kein Gericht, das etwas verbieten könne, so von Wahlert. Sie spreche Empfehlungen aus, die vor allem im Falle einer Anklage vor Gericht Relevanz erhalte. Dennoch hätten zahlreiche Türken die FSK-Mitarbeiter als „Judensäue“ beschimpft, so von Wahlert.

Eine erste Entscheidung über den Film hatte die FSK bereits am 24. Januar getroffen. Doch der Antragsteller, der eine Freigabe ab 16 Jahren verlangt hatte, war mit der Entscheidung, dem Film gar keine Freigabe zu geben, nicht einverstanden und verlangte eine Entscheidung in zweiter Instanz. Daraufhin entschieden die Gutachter am 27. Januar auf eine FSK 18. Dass dieser Tag auf den Holocaustgedenktag fiel, sei ein unglücklicher Zufall, erklärte die FSK gegenüber Israelnetz.

Nicht so sehr die brutalen Angriffe auf israelische Soldaten bergen antisemitische Tendenzen, die wären allenfalls antiisraelisch zu nennen. Es sind eher die Ideologien, die in den ruhigeren Szenen des Filmes durchscheinen, wenn sich die jüdischen Protagonisten unterhalten. Der Oberbefehlshaber der israelischen Soldaten etwa spricht davon, wie man Palästinensern begegnen müsse: „Tiere lernen nur durch Schmerzen“, so als handele es sich um Ratten in einem Experiment. Und er fügt hinzu: „Jüdisches Blut ist ein heiliger Saft. Nur Palästinenser können es vergießen, nicht Juden.“ Ein uraltes Klischee wird hier aufgegriffen, dass Juden Araber töten können, ohne dass es als Mord gilt, andersherum jedoch „heiliges Blut“ vergossen werde. Immerhin: Eine alte palästinensische Frau sagt der amerikanischen Jüdin: „Wir sind nicht gegen Juden, sondern gegen Tyrannen.“

Der integrationspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Serkan Tören, fand angesichts des Filmes deutliche Worte: er sei rassistisch, antiwestlich und er bediene „antisemitisches Gedankengut“. Der türkisch-deutsche Rechtsanwalt rief Kinobetreiber dazu auf, den Film nicht zu zeigen. „Der Film wirkt auf jugendliche Migranten extrem sozial desorientierend. Hier geht es schlichtweg um Provokation und die Vertiefung von Gräben.“ Den Filmstart am 27. Januar nannte er „eine unglaubliche Frechheit“.

Gute Terroristen, böse Israelis

Die Rollen in „Tal der Wölfe“ sind klar verteilt: Die Israelis kommen lediglich in Form von Soldaten vor, die nichts anderes im Sinn haben, als die Palästinenser zu unterdrücken, zu töten und zu demütigen. Die beiden Militärchefs sprechen am liebsten über ihren Plan von einem „Groß-Israel vom Euphrat bis zum Nil“ und rassistische Theorien von „reinem jüdischen Blut“. Die Israelis testen im Film zudem eine neue Munition, die das Opfer „innerlich chemisch verbrennt“. Natürlich an einem Palästinenser.

Mit Sicherheit ist der Film so antiisraelisch, dass man sich wundert, dass er es überhaupt legal in deutsche Kinos geschafft hat. Von israelischen Zivilisten ist nichts zu sehen. Ein israelischer Alltag mit normalen Bürgern, die einfach nur in Ruhe und Frieden leben wollen, kommt nicht vor. Israelis werden hier reduziert auf brutale, gesichtslose Killermaschinen in grünen Tarnanzügen, die es niederzumetzeln gilt. Das ist das Verlockende an „Tal der Wölfe – Palästina“: Seine Weltsicht ist einfach, es gibt die guten Palästinenser und die bösen Israelis. Kein weiterer Aspekt des komplizierten Nahostkonfliktes findet Erwähnung. Dass die israelische Armee in der Realität eventuell dazu da ist, die restliche israelische Bevölkerung zu schützen und gegen Terroristen vorzugehen, wird ausgeblendet. Der Hass geht in diesem Film ausschließlich von Israelis aus. Die Palästinenser hingegen sind lammfromm, leidend, sympathisch und friedliebend. In der Realität jedoch gibt es einen realen Feind der Israelis: Der weit verbreitete Hass, der von Islamisten unter den Palästinensern gepredigt wird und sich etwa in Hass-Propaganda in Schulbüchern oder in den Bomben von Selbstmordattentätern zeigt, die möglichst viele jüdische Zivilisten treffen sollen.

Dieses Zerrbild, das da am Donnerstag in den Kinos angelaufen ist, ist nicht nur durch und durch brutal. Es kann den einen oder anderen Zuschauer in seinem Weltbild bestätigen, dass es nur ein Mittel gibt, den Konflikt zu lösen: durch viele Waffen. Die Filmemacher haben sorgsam darauf geachtet, an möglichst vielen Stellen einen Davidstern unterzubringen, der für das Judentum steht, auf israelischen Autos, auf Häuserwänden, auf der Kleidung oder riesig groß in den Büros der israelischen Armee, und nicht etwa nur in Form der israelischen Flagge, die das Hexagramm ebenfalls enthält. Unmissverständlich soll damit offenbar klar gemacht werden, wer der wahre Feind ist.

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