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HINTERGRUND: PA-Präsidentschaftswahl

Rund 1,8 Millionen Palästinenser haben am 9. Januar 2005 das Recht, einen neuen Vorsitzenden für die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) zu wählen. 33 Prozent sind Erstwähler, waren also 1996 bei den ersten palästinensischen Wahlen nicht beteiligt. 47,9 Prozent der Palästinenser sind unter 17 Jahre alt und somit nicht wahlberechtigt.

Ein automatischer Telefonservice, der in den Haushalten anruft, ermutigt speziell die Frauen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen, ebenso eine Plakataktion des Gouverneurs von Ramallah. 49 Prozent der Wahlberechtigten in der Palästinensischen Autonomie sind Frauen.

Aussichtsreichster von den sieben zur Wahl stehenden Kandidaten ist PLO-Chef Mahmud Abbas alias „Abu Masen“. Weit hinter ihm an zweiter Stelle rangiert der Bürgerrechtler Mustafa Barghuti. Sein Vetter Marwan Barghuti, der in israelischer Haft eine mehrfache lebenslange Haftstrafe verbüßt, ist auf der palästinensischen Straße sehr beliebt. Zur großen Erleichterung des PLO-Etablissements hat er aber seine Kandidatur zurückgezogen.

Mehrere Kandidaten, darunter ein Professor von der An-Nadscha-Universität in Nablus, Abdul Satar Kassam, haben ihre Kandidatur zurückgezogen, weil sie den arabischen Medien vorwerfen, den alten Arafat-Weggefährten Abu Masen ungebührlich zu bevorzugen.

Rund 21.000 Wahlbeobachter

Insgesamt 21.000 (richtig, ich habe mich nicht verschrieben, und Sie haben sich nicht verlesen: Einundzwanzigtausend!) Wahlbeobachter sollen in 2.800 Wahllokalen autonomieweit einen rechtmäßigen Ablauf der palästinensischen Präsidentschaftswahlen sicherstellen. Von diesen Wahlbeobachtern sind 7.000 kommunale Beobachter, 12.000 werden von den verschiedenen politischen Parteien gestellt, und 2.000 vertreten die sieben Präsidentschaftskandidaten, die sich zur Wahl gestellt haben.

Außerdem werden ca. 800 Wahlbeobachter aus aller Welt erwartet, wovon sich knapp 400 bislang bei der Zentralen Wahlkommission akkreditiert haben. 14 ägyptische Diplomaten halten sich wegen der Wahlen bereits seit Ende Dezember in der Palästinensischen Autonomie auf.

Grundsätzlich werden in den 16 Wahldistrikten zwei Kategorien von Wählern unterschieden, die registrierten und die nicht registrierten. 70 Prozent der palästinensischen Bürger haben sich bereits registriert und wissen somit, wo sie zur Wahl gehen müssen.

Durch Zeitungsanzeigen, mehr als eine Million Flugblätter, ein Call-Center und Werbung in Radio und Fernsehen ermutigt die Zentrale Wahlkommission die Wahlberechtigten dazu, sich registrieren zu lassen und zu wählen. Trotzdem wird die Kommission 70 Wahllokale ausschließlich für nicht registrierte Wähler bereitstellen.

Mit spezieller Tinte gegen Mehrfachabstimmungen

Um Mehrfachabstimmungen vorzubeugen, werden alle Wähler, die nicht registriert sind, mit einer speziellen Tinte nach der Wahl an der Hand gekennzeichnet. Diese Tinte kann 48 Stunden nicht von der Hand entfernt werden. Das wurde im Vorfeld der Wahl getestet. Eine Abstempelung oder Registrierung der Personalausweise ist keine Alternative, da nach Erkenntnissen der Zentralen Wahlkommission zu viele gut gefälschte Ausweise im Umlauf sind, als dass auf diese Weise ein geordneter Wahlablauf garantiert werden könnte.

Am nächsten Sonntag werden die Wahllokale in der Palästinensischen Autonomie und in Ostjerusalem von 7 bis 19 Uhr geöffnet sein. Die Zentrale Wahlkommission ermutigt die Wahlberechtigten, frühzeitig zur Wahl zu gehen, damit es gegen Ende der Öffnungszeit nicht zu Staus kommt.

Widerstand der arabischen Bewohner Ostjerusalems

Da Ostjerusalem seit 1980 offiziell zum Staat Israel gehört, ergeben sich hier besondere Reibungspunkte. Auf politischer Ebene haben sich Palästinenser und Israelis geeinigt, als rechtliche Grundlage das Abkommen von Oslo aus dem Jahre 1996 zu nehmen. Das bedeutet, dass wie damals in israelischen Postämtern fünf Wahllokale mit 11 Wahlurnen eröffnet werden.

Nach palästinensischen Schätzungen sind im Ostteil der israelischen Hauptstadt 120.000 arabische Bürger in der Palästinensischen Autonomie wahlberechtigt, von denen sich bislang 5.376 offiziell registriert haben. Die Zentrale Wahlkommission der Palästinenser unterscheidet bei dieser Angabe zwischen Palästinensern, die einen israelischen Personalausweis haben, d.h. ihren offiziellen Wohnsitz im israelisch annektierten Ostjerusalem haben, und solchen, die keinen israelischen Personalausweis haben, aber doch im weiteren Großraum Jerusalems wohnen.

Auf den Straßen von Ostjerusalem wird immer wieder die Befürchtung laut, dass die Israelis die Wahlbeteiligung der Ost-Jerusalemer Palästinenser registrieren und zu einem späteren Zeitpunkt gegen sie verwenden werden könnten. Baha al-Bakri, der die Öffentlichkeitsarbeit der Wahlkommission leitet, weist diese Befürchtungen als unbegründet zurück. Keinem Wähler sei nach der Präsidentschaftswahl von 1996 etwas passiert.

Allerdings hatten die Kandidaten Schwierigkeiten, ihren Wahlkampf in den von Israel annektierten Gebieten zu führen. So wurde Mustafa Barghuti am 27. Dezember kurz von den Israelis in Jerusalem verhaftet, weil er zwar eine Aufenthaltserlaubnis für Ostjerusalem, aber keine Genehmigung hatte, auf israelischem Territorium Wahlkampf zu führen.

Grundsätzlich haben die israelischen Behörden PLO-Chef Abbas zugestanden, zu Wahlveranstaltungen nach Jerusalem zu kommen. Die Israelis machen sich allerdings Sorgen darüber, wie man zu reagieren habe, sollte Abu Masen den Tempelberg besuchen wollen – was bislang von palästinensischer Seite nicht beantragt wurde.

Die Israelis haben sich verpflichtet, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Wahlen zu garantieren. 48 Stunden vor dem Urnengang will sich die israelische Armee aus allen palästinensischen Bevölkerungszentren im Westjordanland und dem Gazastreifen zurückziehen, um die Reibungspunkte zwischen Israelis und Palästinensern so klein wie möglich zu halten.

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