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Hillary Clinton und Israels Siedlungspolitik

Die Erklärung von US-Außenministerin Hillary Clinton zur israelischen Siedlungspolitik, wonach es keinerlei schriftliche Absprachen zwischen Präsident George W. Bush und Ariel Scharon gäbe, wird brüchig. In ihrem ersten "Sonntags-Interview" beim TV-Sender ABC kehrte sie nicht mehr zu ihrem kategorischen "Nein" zu jeglicher Bautätigkeit in den israelischen Siedlungen im besetzten Westjordanland zurück.

Clintons Behauptung hatte in Jerusalem Unruhe ausgelöst. Premierminister Benjamin Netanjahu berief den ehemaligen Scharon-Berater Dubi Weissglass zu sich, um zu erfahren, ob es noch unbekannte Papiere in irgendwelchen Schubladen gebe.

Der israelische Regierungssprecher Mark Regev erinnert sich noch gut an die Bush-Briefe. „Die stehen doch alle auf der Homepage des Außenministeriums“, sagte er auf Anfrage. „Wir sind bemüht, da eine Lösung zu finden. In ihrem Interview bei ABC klang Clinton schon ganz anders.“ Regev ließ durchblicken, dass Clintons Sinneswandel auf diplomatische Avancen Seiten Israels zurückgehe.

Nicht nur Clintons, sondern auch Netanjahus historisches Gedächtnis ist ziemlich kurz. Ein ausführlicher Brief von Präsident Bush vom 14. April 2004 ist auf mehreren israelischen und jüdischen Internetseiten in voller Länge zu finden, nicht aber in den elektronischen Archiven des State Departement oder des Weißen Hauses. Ohne Bautätigkeit zu erwähnen, gesteht Bush den Israelis zu, die grenznahen Siedlungsblöcke zu behalten. Ein Rückzug Israels hinter die „Waffenstillstandslinie von 1949“ sei angesichts der geschaffenen „Realitäten“ unzumutbar. Bush gesteht Israel „sichere Grenzen“ zu. Das wurde in Israel als amerikanisches Einverständnis zu Grenzkorrekturen und zum Ausbau der Siedlungsblöcke interpretiert.

Israel stand damals vor einem historischen Wandel seiner Politik. Der damalige Regierungschef Scharon hatte im Dezember 2004 seinen Beschluss angekündigt, den Gazastreifen räumen zu wollen. In der Likudpartei drohte ein Aufstand. Scharon wusste, dass 76 Prozent der Bevölkerung hinter ihm standen. Seiner Partei bot er ein Referendum an. Es endete damit, dass der Vorsitzende Scharon seine Partei vor die Tür setzte und mit rechten wie linken Abgeordneten die Kadima-Partei gründete.

Scharon rechtfertigte Sicherheitszaun und Gaza-Rückzug

Keine zehn Tage nach Erhalt des Bush-Briefes wandte sich Scharon an die Knesset. Er rechtfertigte darin sowohl den Bau des Sperrwalls wie auch den Rückzug aus dem Gazastreifen und aus vier Siedlungen im Norden des Westjordanlandes. Als Grund nannte er, dass sich die USA zu sicheren Grenzen „verpflichtet“ hätten, wie zum Verbleib der Siedlungsblöcke bei Israel. Scharon stellte damals klar, dass der Abbau von Siedlungen im Gazastreifen an entsprechende schriftliche Zugeständnisse aus den USA gebunden war.

Einen Verbleib der „Siedlungsblöcke“ bei Israel hatte zuvor schon Präsident Bill Clinton ausformuliert. Am 23. Dezember 2000 legte er einen knappen einseitigen „Friedensplan“ vor. Clinton empfahl einen Rückzug Israels aus über 90 Prozent des Territoriums des Westjordanlandes, wobei die Siedlungsblöcke bei Israel bleiben sollten. Israel akzeptierte den Plan. Arafat lehnte ihn ab.

Während die Israelis einen Baustopp in jenen Siedlungen ablehnen, die sogar nach amerikanischer Vorstellung an Israel gehen sollen, gibt es seit 30 Jahren Versuche aus den USA, ein „Einfrieren“ der Siedlungen zu erzwingen. 1992, als Israel mit Einwanderern aus Russland überschwemmt worden war und es von den Amerikanern eine 10 Milliarden Dollar Bürgschaft erwartete, stellte Washington den damaligen Premierminister Itzhak Schamir vor die Alternative „Siedlungsbau oder Geld“. Schamir blieb stur und verlor prompt die Wahlen an Itzhak Rabin. Die Mehrheit der Israelis war nicht bereit, wegen der umstrittenen Siedlungen die Zukunft und Wohlfahrt des ganzen Staates aufs Spiel zu setzen. Rabin machte den Amerikanern halbherzige mündliche Versprechen und erhielt die Bürgschaft, während die Bautätigkeit in den Siedlungen niemals völlig unterbrochen wurde.

Die israelische Siedlungspolitik liefert seit Jahrzehnten Stoff für Missverständnisse. Gleichzeitig wird sie im politischen Tauschgeschäft für gegenseitige Zugeständnisse benutzt. Weder in Israel noch in den USA ist beim Thema Siedlungen eine klare Linie auszumachen. Zu oft wechselten die Positionen. Im Augenblick üben die USA Druck auf Israel aus, die „Siedlungen zu stoppen“, wie Obama in Kairo sagte, um den arabischen Staaten eine Anerkennung Israels abzuringen und den Friedensprozess mit den Palästinensern wieder in Gang zu bringen. Die Wirkung dieses amerikanischen Drucks ist umso größer, weil Netanjahu sich (noch) verweigert und nicht einmal das Zauberwort „Zweistaatenlösung“ in den Mund nimmt.

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