LONDON / DAMASKUS (inn) – Das so genannte „Nahost-Quartett“ – bestehend aus USA, EU, UNO und Russland – hat am Montag gefordert, dass die radikal-islamische Hamas von Gewalt Abstand nehmen und Israel anerkennen müsse, wenn sie akzeptiert werden wolle. Die Hamas lehnte die Forderungen ab – damit droht die Haupt-Geldquelle für die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), ausländische Spenden in Höhe von fast einer Milliarde US-Dollar jährlich, zu versiegen.
UNO-Generalsekretär Kofi Annan erklärte bei einem Treffen des „Quartetts“ am Montag in London, eine Hamas-geführte palästinensische Regierung müsse sich von Gewalt distanzieren und Israel anerkennen. Auch US-Präsident George W. Bush betonte nach einer Sitzung seines Kabinetts, er werde eine palästinensische Regierung unter der Hamas nicht anerkennen.
US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte in London, eine neue palästinensische Regierung habe die Verpflichtung, sich für ein „besseres und friedliches Leben des palästinensischen Volkes“ einzusetzen. Dies könne nur durch eine Zwei-Staaten-Lösung und der Anerkennung Israels erreicht werden.
Russlands Präsident Vladimir Putin rief am Dienstag die Hamas dazu auf, Israel anzuerkennen und den friedlichen Dialog aufzunehmen. „Russland hat die Hamas nie zu einer Terror-Organisation erklärt, aber das heißt nicht, dass wir alles dulden, was die Hamas tut und sagt“, so Putin.
PA hauptsächlich aus dem Ausland finanziert
Das Budget der PA besteht zum größten Teil aus Finanzhilfen aus dem Ausland. Damit werden Investitionen in Infrastruktur und humanitäre Hilfe bezahlt. Zudem müssen die Gehälter von 135.000 Angestellten des PA-Verwaltungsapparates bezahlt werden. Wie die „Financial Times Deutschland“ (FTD) berichtet, haben die Europäer die Palästinenser im vergangenen Jahr mit insgesamt rund 500 Millionen Euro unterstützt. 280 Millionen Euro kamen direkt aus dem Haushalt der EU-Kommission.
Den Rest brachten die 25 EU-Staaten aus ihren nationalen Haushalten auf. Die USA haben im Staatshaushalt für das Jahr 2006 Finanzhilfen an die palästinensischen Gebiete in Höhe von 244 Millionen Dollar vorgesehen. Ein weiterer Teil des Palästinenser-Budgets kommt aus Steuer- und Zolleinnahmen, die von Israel eingenommen und an die Palästinensische Autonomiebehörde überwiesen werden. Diese Einnahmen will Israel den Palästinensern jetzt auch sperren. Ein Sprecher der israelischen Regierung erklärte am Montag, dass rund 35,7 Millionen Euro, die für den Monat Januar vorgesehen waren, nicht an die PA gezahlt werden. „Wir haben nicht vor, Gelder zu überweisen, die für Terrorismus ausgegeben werden“, sagte der amtierende Ministerpräsident Ehud Olmert.
Die EU-Kommission zahlte nach dem israelischen Rückzug aus dem Gazastreifen im September 60 Millionen Euro für die Versorgung mit Wasser, Strom und Verkehrsmitteln sowie den Aufbau von Institutionen für die Selbstverwaltung. Die Arbeit der UN-Organisation für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) unterstützt die EU mit 64 Millionen Euro.
Die Hamas lehnte die Forderungen des Nahost-Quartetts ab. „Das Quartett hätte besser ein Ende der (israelischen Besatzung) und Aggression fordern sollen und nicht, dass die Opfer die Besatzung anerkennen sollen“, sagte Sami Abu Suhri, ein Sprecher der Hamas. Die Hamas wolle gute Beziehungen zu westlichen Staaten haben, fügte Suhri hinzu.
„Wenn die Zahlungen eingestellt werden, ist das eine Bestrafung des palästinensischen Volkes, nicht der Hamas“, sagte Mohammed Nassal, Mitglied des politischen Büros der Hamas in Syriens Hauptstadt Damaskus. „Wenn die Länder der Europäischen Union und die US-Regierung glauben, dies führe zu einem Wandel der strategischen Haltung der Hamas, dann träumen sie und liegen falsch. Die Hamas wird das nie akzeptieren“, so Nassal in einem Interview mit dem Fernsehsender „Al-Arabija“.