GAZA (inn) – Die Hamas will einen islamischen Staat im Gazastreifen gründen, sobald dies möglich ist. Das kündigte einer der Gründer der Terrorgruppe, Mahmud a-Sahar, im Gespräch mit „Spiegel Online“ an.
„Es gäbe da gar keinen Unterschied zu heute, weil unsere Lebensweise und Tradition in Gaza ohnehin islamisch ist“, sagte A-Sahar, der bis zur Bildung der Einheitsregierung mit der Fatah palästinensischer Außenminister war. „Der Handel, die Hochzeiten, die Scheidungen, alles ist islamisch. Wenn wir erst einmal einen Staat haben werden, wird es Freiheit für alle geben. Christen werden Christen bleiben, Parteien könnten säkular oder auch kommunistisch sein.“ Der Islam sei „gegen die Korruption, die Verweichlichung und den Materialismus, der die Gesellschaft in Europa und Amerika zerstört hat. Dort sind die Familien kaputt, es gibt Aids und Drogen. Solche Dinge gibt es hier nicht“.
Zum Verhältnis der Hamas zu Israel meinte er: „Wir sind bereit, mit allen und über alles zu reden. De facto reden wir mit den Israelis, zum Beispiel über Handel. Und über Grenzangelegenheiten, beispielsweise über die Ausreise von Schwerkranken, den Schutz vor der Vogelgrippe und wie man in der Zukunft Umweltkatastrophen vermeiden kann. Von Politik reden wir nicht, weil die Israelis keine politische Agenda mit uns haben. Und wir keine mit ihnen. Die politische Agenda von Condoleezza Rice und Ehud Olmert mit Präsident Mahmud Abbas besteht nur darin, sich alle zwei Woche Küsschen zu geben, aber mit leeren Händen. Wir reden nur, wenn es um den Kern der Sache geht.“
„Angriffe haben Israelis aus Sderot vertrieben“
A-Sahar fügte hinzu: „Wir müssen derzeit mit zwei Feinden gleichzeitig fertig werden. Außerdem haben auch die Israelis ihre Aggressionen eingestellt. Das ist das direkte Ergebnis unserer Angriffe auf Sderot, die Israelis haben zu sehr gelitten. Tausende Einwohner mussten aus der Stadt fliehen, der israelische Staat muss für ihre Hotels bezahlen. Auch Fabriken und Büros in Sderot mussten schließen.“
„De Gaulle war auch kein Terrorist“
Zu den Befürchtungen, Gaza könne „zum Tummelplatz ausländischer Terroristen“ werden, sagte der Hamas-Führer: „Die Menschen können nicht zwischen Widerstand und Terrorismus unterscheiden. Wir kämpfen für die Befreiung unseres Landes von der Besatzung. Als die Menschen in Europa gegen die Nazis kämpften, wurden sie später als Freiheitskämpfer verehrt. Niemand hätte Charles de Gaulles einen Terroristen genannt.“
Als große Verliererin der innerpalästinensischen Kämpfe bezeichnete A-Sahar die „echte, reine Fatah“ – denn ihre Partei werde nun im Westjordanland mit Israel kollaborieren. „In Gaza haben wir die Elemente besiegt, die mit Israel kollaboriert haben. Wir haben die besiegt, die ein Hindernis darstellten – die uns daran hindern wollten, uns selbst zu verteidigen.“
„US-Hilfsgelder für Waffen verwendet“
Auf die Frage, ob infolge der monatelangen Hochrüstung von Hamas und Fatah noch Waffen im Umlauf seien, entgegnete der Palästinenser: „Es gibt derzeit sicherlich sehr viele Waffen. Tatsächlich hat eine Kugel vor zwei Jahren in Gaza etwa 3,50 Euro gekostet. Heute kostet sie 35 Cent. Die US-Hilfsgelder sind in Waffen übersetzt worden. Danke, USA!“